Horst D. Deckert

Ahrtal-Flut-Opfer warten weiter auf Hilfe – für Berater gab es Geld

Der Skandal um die Flutkatastrophe im Ahrtal vom Juli 2021 und der Betrug an den Opfern wollen einfach kein Ende nehmen: Nun wurde ein neuer Abgrund an Politikversagen und -verfilzung bekannt: Zur angeblichen „Beratung” der Flutopfer schlossen die rheinland-pfälzischen Behörden einen hochdotierten Vertrag auf Steuerzahlerkosten mit einer Frankfurter Dienstleistungsagentur. Medienberichten zufolge soll sie dafür jedoch kaum Leistungen erbracht haben.

Fakt ist, dass die Frankfurter „Event-Managerin” „Missy Motown“, eigentlich Nicole Schober, seit anderthalb Jahren horrende Steuergeldsummen dafür kassiert, Flutopfer im Ahrtal zu „beraten”. Dafür schloss sie im September 2021 einen lukrativen Vertrag mit der rheinland-pfälzischen Aufsichtsbehörde ADD ab. Dafür wurden dann sogenannte „Infopoints” errichtet, wo Informationen zur Katastrophenhilfe erhältlich waren. Anwohner schimpften, dass diese weder jemand brauche noch ihnen die „Leistung“ dieser Agentur irgendetwas bringe

Unseriöses Gebaren

Die Freien Wähler haben das unseriöse Gebaren im Zusammenhang mit dem Vertrag durch eine Anfrage im Landtag öffentlich gemacht und kritisiert. Es steht der Vorwurf im Raum, Schober habe nach dem Zuschlag erst einmal 15 Mitarbeiter eingestellt, die 2.651 Euro Gehalt plus 15 Prozent Zuschlag bekommen. Laut Berechnungen von Freie-Wähler-Chef Stephan Wefelscheid fließen mindestens 45 000 Euro pro Monat auf das Konto von Schobers Künstler-Agentur, die mutmaßlich einen Teil des Geldes an die eigens gegründete „Helferstab gGmbH“ weiterleitet.

Während die Flutopfer – teils bis heute – auf die Auszahlung von Spenden- und Hilfsgeldern warten und vor den Trümmern ihrer Existenz standen, rollte bei „Missy Motown“ der Rubel: Wefelscheid spricht von 731.792 Euro, inklusive 95.451 Euro Verwaltungspauschale, die an Schober allein bis Ende 2022 geflossen seien. Die Krönung: Obwohl bereits Kritik an den Machenschaften der Agentur laut geworden war, wurde dieser Vertrag bis Ende 2023 verlängert.

Agentur-Chefin der Lüge bezichtigt

Und das, obwohl Schober wohl keinerlei Sachkenntnis für die ihr zugeteilte Aufgabe hat. Ein Feuerwehrmann, der auch Einsätze der Helfer koordinierte, bezichtigt Schober sogar offen der Lüge: „Vieles, was Missy erzählt, ist gelogen. Sie hatte nie ein Netzwerk von 200 Hilfsorganisationen, sie hat nur Mail-Adressen kopiert. Und sie hat definitiv keine Ahnung von Katastrophenschutz“, wirft er ihr vor. Eines der Flutopfer berichtet: „Ich bin krebskrank. Zwei Mal kamen Berater des Helfer-Stabs zu mir. Sie tranken Kaffee, ließen ihre Prospekte da. Danach habe ich nie mehr etwas gehört.“

Derweil bestätigt ein neues Gutachten abermals das politische Versagen in der Flutnacht vom 14./15. Juli 2021 selbst. Demzufolge hätte die Evakuierung der Menschen schon am Nachmittag des ersten Fluttages in den Vordergrund gestellt werden müssen. Zu diesem Zeitpunkt sei bereits klar gewesen, dass ein schlimmeres Hochwasser erreicht würde als im Durchschnitt alle 100 Jahre, erklärte Christoph Mudersbach, Professor vom Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwesen an der Hochschule Bochum, am Freitag im Untersuchungsausschuss des Landtages.

Innere Verrottung

Diese Gefahrenlage sei auf den entsprechenden Karten auch klar erkennbar gewesen. Allerdings könnten diese von einem Landrat oder Feuerwehrmann nicht genutzt werden, weil dazu zusätzliche wasserwirtschaftliche Fachinformationen notwendig seien, etwa über den Ablauf des Wassers. Auch Christian Brauner, Fachmann für Risk-Management und ehemaliger Feuerwehrmann, kritisierte, die gedruckten Karten seien „nur bedingt tauglich, um Evakuierungen zu planen“. Dafür hätten wesentliche Informationen gefehlt. Das Kartenmaterial ist, nicht nur in Rheinland-Pfalz, unzureichend für die Verantwortlichen vor Ort. 

An alledem zeigt sich wieder einmal die innere Verrottung der deutschen Politik: Einerseits kommen verzweifelt benötigte Hilfsgelder nicht an, andererseits stellen völlig überforderte Politiker aus reinem Aktionismus dubiose externe Helfer ein, die sich dann die Taschen füllen.

Vom Staat im Stich gelassen

Dies ist sinnbildlich für die Verfilzung und Verfettung des Parteienstaates, an dessen Busen sich ein Wust an skrupellosen Profiteuren nährt. Es ist ein gigantischer staatsnaher Dienstleistungssektor entstanden, wo jeder versucht, sich Subventionen oder am besten direkt Staatsaufträge zu sichern.

Dies gilt für die Massenmigration ebenso wie für den Klimawahn oder den ewigen Kampf „gegen Rechts“. Hier geht es aber einmal nicht um Ideologie, sondern um die Kaschierung eines verbrecherischen und mörderischen Staatsversagens. Die Folgen müssen jedoch immer wieder die Menschen zahlen, die von diesem Staat im Stich gelassen werden, der sich zwar in jeden Lebensbereich seiner Bürger hineindrängt, aber immer weniger fähig ist, auch nur seine elementarsten Aufgaben zu erfüllen.

Zum Autor: Daniel Matissek ist Journalist mit pfälzischen Wurzeln, arbeitet neben für AUF1 auch für diverse deutschsprachige freie Medien (unter anderem „Journalistenwatch.com“). Gründungsherausgeber des Blogs „Ansage.org“. Schwerpunktthemen: Migrationspolitik, politischer Extremismus, Demokratie und Medienlandschaft. Freund differenzierter Zwischentöne, aber gerne auch leidenschaftlicher Polemiker. Devise: „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos; es könnte aber auch umgekehrt sein.“

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