Erneut schießt der freiheitliche Langzeitmandatar Andreas Mölzer mit einem Interview im Kurier und einem Gastbeitrag in der Presse gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl. Aus Mölzers Sicht sei Kickl schuld daran, dass die Regierung nun eine Impfpflicht einführen müsse. Dieser würde eine Politik der verbrannten Erde betreiben.
Ein Kommentar von Michael Scharfmüller und Michael Mayrhofer
Der Artikel „Die Impfpflicht kommt – dank Kickl!“ vom 18. Jänner macht in patriotischen Kreisen die Runde – doch tatsächlich haben nur wenige realisiert, dass es sich um einen Angriff aus dem eigenen Lager handelt. Aus Mölzers Sicht hätten die aktuellen Entwicklungen
„längst dazu geführt, dass die Bundesregierung die Impfpflicht-Gesetzgebung fallen gelassen hätte, wenn da nicht Herbert Kickl wäre, der dies im Zuge seiner Politik der Fundamentalopposition als triumphalen Sieg zelebrieren würde.“
Um Kickl keinen Sieg zu gönnen, „müssen die Regierenden ihr mehr als holpriges Gesetzesvorhaben zur Impfpflicht durchpeitschen“, da sie sonst „ihr Gesicht (…) verlieren“ würden.
Im Umkehrschluss würden Mölzers Gedanken bedeuten, dass die Regierung die Impfpflicht längst für tot erklärt hätte, wenn da nicht dieser schrecklich böse Herbert Kickl wäre. Dieser Gedankengang folgt der wirren Logik, dass die angebliche Pandemie längst beendet wäre, wenn stets alle artig die Maßnahmen der Regierung befolgt hätten. In Wirklichkeit stimmt natürlich genau das Gegenteil. Wenn nicht die FPÖ unter Führung von Herbert Kickl gemeinsam mit den alternativen Medien und der patriotischen Zivilgesellschaft seit Monaten für unsere Freiheit kämpfen würden, hätten wir vermutlich schon längst eine Impfpflicht am Arbeitsplatz. Als langjähriger EU-Abgeordneter sollte Mölzer eigentlich wissen, welch fragwürdiges Demokratie-Verständnis unsere Eliten haben. So meinte EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker einst:
„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“
Absurde Logik und Täter-Opfer-Umkehr
Mölzers Logik weitergeführt, würde bedeuten, dass Jörg Haider für die Überfremdung in Österreich verantwortlich sei, weil er immer gegen Zuwanderung aufgetreten ist und ihm das Establishment keinen Erfolg gönnen wollte und deshalb weiter alle Grenzen offenhielt.
Was Mölzer der Presse als Gastbeitrag abgeliefert hat, ist eine klassische Täter-Opfer-Umkehr: Die arme Regierung, die ihre Fehler nicht eingestehen kann, weil sich der böse Herbert Kickl sonst freut. Ganz nach dem Motto: Wenn Kickl nicht wäre, wäre unsere Regierung viel vernünftiger. Wahr ist natürlich das Gegenteil: Wenn die Regierung nachvollziehbare Maßnahmen setzen würde, könnte sie Kickl gar nicht so erfolgreich kritisieren.
Mölzer-Linie würde FPÖ überflüssig machen
Da die Umsetzung der Impfpflicht auch aus Mölzers Sicht „schlicht nicht zu bewältigen sein dürfte“, werde sich die Regierung blamieren und der blaue Oppositionsführer einen Sieg feiern können. Dieser Erfolg könne sich aber als Pyrrhussieg erweisen, weil „mit einer Politik der verbrannten Erde (…) potentielle Bündnispartner, die für allfällige Koalitionen zur Verfügung stünden, geradezu systematisch ausgeschlossen“ werden. Zusammengefasst heißt das, dass die Freiheitlichen ihre Grundwerte opfern sollen und unsere Freiheit im Vertrauen auf die Regierung auf das Spiel setzen sollten, um in den Augen der ÖVP bald wieder als regierungsfähig zu erscheinen. Das kann man durchaus machen (und es wird von Manfred Haimbuchner in Oberösterreich auch gemacht), mit diesem Politzugang erklärt man sich jedoch selbst als überflüssig. Man kann sich aber auch daran erinnern, wie hart Jörg Haider und HC Strache mit den anderen Parteien ins Gericht gingen – und dennoch wurden sie von der ÖVP für eine Koalitionsregierung umworben. Es ist stets die Position der Stärke, die einen attraktiv macht, während man als treuherzig blickender Dackel bestenfalls ein paar Not-Knochen vorgeworfen bekommt.
Angriffe gegen Kickl-Linie nie in Mölzers eigener Zeitung
Interessant an Mölzers Angriffen auf die klare Corona-Linie von Herbert Kickl ist auch, dass er diese nur über etablierte Medien spielt. In dem von ihm herausgegebenen Magazin „Zur Zeit“ hütet er sich davor, den FPÖ-Chef offen anzugreifen. Nach seiner letzten Attacke auf den Parteichef soll es zu zahlreichen Abo-Kündigungen gekommen sein. Um den Zorn unter den „Zur Zeit“-Abonnenten noch halbwegs unter Kontrolle zu bringen, erklärte Mölzer damals „in eigener Sache“, dass seine Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen worden wären …
Schlampig recherchiert
Erwähnenswert an Mölzers Presse-Gastbeitrag ist auch, dass nicht nur die politischen Einschätzungen nicht nachvollziehbar sind, sondern dass auch einfache Fakten nicht stimmen. So verpasste er in seinem Kommentar Martin Rutter einen falschen Vornamen und erklärte einen Südtiroler Schützenhauptmann mit Andreas-Hofer-Bart zum „Schamanen“, der „das Verhalten von Wölfen beschwört“. Damit setzt sich Mölzer mit seiner Anti-Kickl-Argumentation in ein gemeinsames Boot mit dem Antifa-Fotografen und „Rechtsextremismus-Experten“ Bonvalot. Dieser behauptet auch allen ernstes, dass Maßnahmen-Kritiker daran Schuld wären, dass die Regierung eine Impfpflicht einführen muss.
Kein „Jack-in-the-Box-Clown“ der eigenen Eitelkeit werden
In der aktuellen Ausgabe von „Zur Zeit“ schreibt Mölzer in Anspielung auf Bundespräsidenten Van der Bellen: „Die Eitelkeit ist ein Schwein, und die Macht das Surrogat für andere Triebbefriedigung“. Vielleicht sollte Mölzer – der zweifelsohne in früheren Jahren auch viel für das dritte Lager geleistet hat – seine eigenen Zeilen ernst nehmen und sich überlegen, weshalb ihn etablierte Medien immer dann vor den Vorhang holen, wenn er gegen seine eigene, wieder erstarkende Partei schießt. Ansonsten läuft er nämlich Gefahr als „Jack-in-the-Box-Clown“ in Erinnerung zu bleiben, der immer dann aus seiner Schachtel hüpft, wenn die etablierten Medien mit den Fingern schnipsen.
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