Horst D. Deckert

Anordnung erlassen: Demnächst Kopfschüsse für Spaziergänger und Regierungskritiker?

Die Anzahl der Corona-Demonstranten nimmt weiter zu. Die Demonstranten werden jünger – und linker. Der Staat reagiert hilflos und versucht, die Proteste zu delegitimieren. Auch vor roher Gewalt schreckt man nicht mehr zurück. Nun wurde der Schusswaffengebrauch gegen Spaziergänger verfügt.

von Theo-Paul Löwengrub

Das wiederkehrende Grundmuster der Politik seit zwei Jahren zeichnet sich durch eine wiederkehrende Eskalation hin zum anfangs Unvorstellbaren aus: Zuerst werden Befürchtungen und Sorgen vor dystopischen, autoritären Staatsmaßnahmen dementiert und werden jene zu bösartigen Verschwörungstheoretikern erklärt, die sie für realistisch erachten. Dann setzt eine mehr oder weniger kurze, stets mit angeblich neuen, unvorhersehbaren Entwicklungen als unvermeidlich begründete „Debatte“ über deren eventuelles doch-erforderlich-Werden ein. Dann werden erste, noch bedingte Vorstöße unternommen. Und am Ende steht dann die Verwirklichung exakt dessen, wovor die Kritiker anfangs gewarnt und wofür sie als Spinner geschmäht worden waren. So war es mit Geschäftsschließungen, Lockdowns und Reiseverboten. So war es mit der Maskenpflicht. So war es mit Ausgangssperren. So war es mit der Diskriminierung Ungeimpfter. So war es mit der Impfpflicht. So wird es auch bei dem Einsperren von Impfverweigerern, möglicherweise sogar in Internierungslager kommen. Und aktuell erleben wir gerade, wie es mit staatlicher Niederschlagung von Demonstranten ablaufen wird: Bis hin zum Schießbefehl. Wem das abwegig erscheint, der soll einfach abwarten.

Die nächsten roten Linien auf dem Weg dahin sind nun jedenfalls schon überschritten: Versammlungsverbote durch kommunale Verordnungen, über einen inzwischen generalmissbrauchten „Infektionsschutz“ gerechtfertigte Aushebelungen von Artikel 8 GG (Demonstrationsfreiheit) und Einschüchterungsversuche durch massive Polizeiaufgebote und staatlich unterstützte „Gegendemonstranten“ gedungener Schergen der „Zivilgesellschaft“ und Impflobby reichen der Staatsmacht nicht mehr; um jegliche Aktionen der wachsenden Zahl von über die wahren Absichten des Corona-Impfstaats desillusionierter Bürger und insbesondere Gegnern einer Impfpflicht wirksam bekämpfen zu können, macht sie nun richtig mobil.

Spaltung von höchster Stelle

Der oberste Spalter der Republik, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, sorgte mit seinem unterirdischen Salbadern gegen die Demonstranten schon eifrig dafür, dass ein härteres Durchgreifen gegen die groteskerweise zu Extremisten und Staatsfeinden gestempelten Protestbürger in den gesellschaftlichen Eliten als notwendige, scheinbar „robuste” Antwort der „wehrhaften Demokratie” verstanden wird. Seine unsägliche Äußerung, „der Spaziergang hat seine Unschuld verloren”, zeugt nicht nur von kaltschnäuzigem Zynismus – schließlich war es die Politik, die durch Demonstrationsverbote die Menschen zum Ausweichen auf eine (noch) erlaubte Fortbewegungsform im öffentlichen Raum zwang. Sie macht zudem alle Teilnehmer der Spaziergänge zu „Schuldigen“ – eine tendenziöse Wertung und Geringschätzung für einen Teil der Bevölkerung, die eines Staatsoberhauptes, das versöhnen und einen sollte, gänzlich unwürdig ist. Spätestens mit dieser Entgleisung steht Steinmeier als totale Fehlbesetzung für das höchste Amt außer Frage.

Doch nicht nur verbal, auch an der Front wird aufgerüstet: Sowohl bei der Bundespolizei als auch in den Ländern werden derzeit nervös Großaufträge für gepanzerte Einsatzfahrzeuge geordert. Plötzlich spielt Geld keine Rolle mehr, um die jahrelang vernachlässigten und unterbesetzten Ordnungshüter materiell aufzurüsten – weil es diesmal ja nicht um den Schutz der Bürger, sondern um den Schutz vor den Bürgern geht. Seit Beginn der Querdenker-Demos wurden hier die Prioritäten deutlich neu gesetzt. Vermutlich zeigt sich hier bereits die neue Handschrift im Bundeskanzleramt, wo Olaf Scholz‘ Krisenstab unter Bundeswehr-General Carsten Breuer anscheinend eine „offensive“ Militarisierung der staatlichen Durchsetzungsmethoden seiner Coronapolitik anstrebt.

Ertüchtigung zur Gewalt

Mit diesem Rückenwind und fortschreitender Eskalation wird die Polizei nun auch von behördlicher Seite ganz offen ein härteres Vorgehen gegen die Spaziergänger ertüchtigt, die nicht nur an Zahlen immer mehr werden, sondern nicht daran denken, sich von Verboten, Restriktionen und Dauerverunglimpfungen durch mediale Zerrbilder sowie eine offiziell geförderte Legendenbildung, sie seien allesamt Spinner, Nazis und Unbelehrbare, von der Teilnahme an den Zusammenkünften abhalten zu lassen. In etlichen Städten geht die Polizei nun schon dazu über, einfach großflächig die ganzen Innenstädte für Passanten abzuriegeln; so geschehen etwa diese Woche in Bad Kreuznach, wo selbst Anwohner, die einfach nur in ihre Häuser wollten, durch martialisch bewaffnete Polizisten bewusst provokant und rotzfrech angeblafft wurden und erst nach demütigender Personenkontrolle passieren durften.

In Brandenburg hat die Polizei nun die Cottbuser Corona-Spaziergänge für 14 Tage generell verboten und damit eine rechtliche Basis für ein härteres Durchgreifen gegen die Teilnehmer geschaffen: Wie „Radio Berlin-Brandenburg“ (RBB) berichtet, wurde dort in einer Verfügung die unmittelbare Anwendung von „Zwangsmitteln” laut Polizeigesetz angedroht. Ein Novum – und eine ausdrückliche Ermutigung für Polizisten, nicht zimperlich zu sein. In der ursprünglichen RBB-Wiedergabe der Androhung hatte es geheißen:

„Um sicherzustellen, dass das Versammlungsverbot eingehalten wird, wird die Anwendung unmittelbaren Zwangs, also die Einwirkung auf Personen durch einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch angedroht. Dies ist nach Abwägung der gegenüberstehenden Interessen verhältnismäßig.” Wohl wegen der großen darauffolgenden Irritation beeilte sich der Berliner Staatssender sogleich zurückzurudern und schrieb: „In einer früheren Version dieses Beitrags hatten wir beispielhaft Zwangsmittel aus dem Polizeigesetz zitiert und dabei unter anderem auch die Androhung von Schusswaffengebrauch genannt. Wir haben diese Passage später angepasst, damit nicht der Eindruck entsteht, es handele sich hierbei um wahrscheinliche Maßnahmen der Polizei. Wir bitten, etwaige Missverständnisse zu entschuldigen.“

Einschüchterung unbescholtener Bürger

Wieso „Missverständnisse”? Was hier ausformuliert wurde, ist natürlich genau das, was ganz bewusst ins Kalkül gezogen wird und womit der listigen Einschüchterung unbescholtener Bürger, die ihre Wut und Frustration auf die Straße tragen, Nachdruck verliehen werden soll. So handelt es sich hierbei auch um keinen Brandenburger Sonderfall, sondern um ein augenscheinlich überall in Deutschland angestrebtes neues Prozedere der Staatsgewalt: Auch etwa im baden-württembergischen Ostfildern gilt eine Allgemeinverfügung identischen Inhalts, in der die Passage einschließlich angedrohtem Waffengebrauch explizit enthalten ist. Auf solche obrigkeitliche Rückendeckung für Gewalteinsätze hat man beim Vorgehen gegen linksradikale Krawallmacher, migrantische Plünderer der „Party- und Eventszene“ oder im Vorgehen gegen kriminelle Großfamilien bislang vergebens gewartet. Indem auch, wie es heißt, „Ersatzveranstaltungen” pauschal untersagt werden, besteht die bewusst weit gefasste Handhabe auch im Vorgehen gegen „Spaziergänger“ – oder was immer dafür gehalten wird. Anscheinend will der Staat diesmal nicht dieselben Fehler machen, die der DDR-Volkspolizei bei den Montagsspaziergängen im Herbst 1989 unterliefen.

Die mit „Verstößen gegen die Corona-Regeln” begründete Unterstellung,  von den Spaziergängen gehe ein „Sicherheitsrisiko” aus, ist natürlich vorgeschoben – schließlich ist der Abstand zwischen den Teilnehmern geringer als zu jeder Stoßzeit im normalen Publikumsverkehr in Fußgängerzonen. Und ob dieses „Sicherheitsrisiko“ auch erkannt würde, wenn sich stattdessen Schüler mit Klimaparolen als „Fridays for Future” in ähnlicher Frequenz versammelten, darf getrost bezweifelt werden: Im Gegenteil. Da würden dieselben Kommunalpolitiker, die sich mit ihren Verbotsverfügungen zu heldenhaften Gesundheitsschützern und wohlfeilen „Verteidigern der Demokratie“ gegen Schwurbler, Telegram-Terroristen und Volksfeinde aufschwingen, vermutlich selbst mitmarschieren.


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