Der Druck auf Ungeimpfte steigt weiter an. Derzeit beobachten die Spitäler eine «Epidemie der Ungeimpften», sagte Urs Karrer, Chefarzt für Infektiologie am Kantonsspital Winterthur und Mitglied der Swiss National Covid-19-Task-Force an der Pressekonferenz des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) am Dienstag. «90 Prozent der Covid-Belastung kommt momentan von Ungeimpften», sagte Karrer vor den Medien, ohne Daten vorzulegen.
Nun müsse alles darangesetzt werden, den «Impfturbo» noch einmal zu zünden. Denn: «Mittel- und Langfristig wird es uns nur mit der Impfung gelingen, das Gesundheitswesen bis im Frühling von einer langanhaltenden Belastung oder Überlastung zu schützen», sagte Karrer. Das Task-Force-Mitglied ist zudem der Meinung, dass nur mit viel «Innovation und Fantasie» diejenigen überzeugt werden können, die sich noch nicht haben impfen lassen.
Ähnliches sagte auch Patrick Mathys, Leiter der Sektion Krisenbewältigung, zuletzt immer wieder. An der Pressekonferenz des BAG vom 17. August behauptete er, dass gegenwärtig fast nur Ungeimpfte wegen Corona hospitalisiert würden. Daraufhin wollte ein Journalist von Mathys wissen, wie viele Geimpfte wegen Corona hospitalisiert werden. Worauf Mathys keine Auskunft liefern konnte. Er versprach dem Journalisten, die Daten nachzuliefern und verwies auf die Internetseite des BAGs, wo diese veröffentlicht seien.
Ein genauer Blick zeigt jedoch: Die Zahlen über den Impfstatus der derzeitigen Covid-Patienten sind mangelhaft. Denn der Impfstatus von allen Covid-Patienten liegt dem BAG längst nicht vor. Diesen erfasst das BAG seit dem 27. Januar 2021. Seitdem muss bei hospitalisierten Patienten, Todesfällen und Covid-«Fällen» in sozialmedizinischen Einrichtungen der Impfstatus aufgenommen werden.
Seit dem 27. Januar registrierte das BAG 8851 Covid-Patienten in Spitälern, wie die Situationsberichte zur epidemiologischen Lage in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein zeigen (siehe Berichte im Anhang). Der Impfstatus liegt dem BAG jedoch bloss von 6555 Patienten vor, wie der letzte Situationsbericht zur epidemiologischen Lage bestätigt. Das bedeutet, von rund einem Viertel der Hospitalisationen weiss das BAG nichts über den Impfstatus.
Dazu kommt: Das BAG verfügt überhaupt nicht über aktuelle Daten hinsichtlich des Impfstatus der Covid-Patienten in den Spitälern. «Aus der CH-SUR (Sentiel Spital-Überwachung) verfügen wir zurzeit über keine aktuelleren Daten zu den hospitalisierten Fällen und zum Verlauf ihrer Hospitalisationen», schreibt Daniel Dauwalder auf Anfrage von Corona-Transition. Dauwalder ist Mediensprecher des Eidgenössischen Departements des Innern, dem das BAG untersteht.
Weiter erklärt Dauwalder: «Diese Informationen liegen für die hospitalisierten Fälle erst vollständig vor, nachdem der Patient entweder genesen, verlegt oder gestorben ist – also wenn der Fall abgeschlossen ist. Entsprechend fliessen nur abgeschlossene Fälle in die Statistik der CH-SUR ein. Dadurch erhält das BAG diese Daten zeitverzögert.»
Corona-Transition wollte vom BAG sowie auch vom Koordinierten Sanitätsdienst (KSD) wissen, wie viele der zuletzt hospitalisierten Covid-Patienten geimpft oder ungeimpft waren. Doch dazu konnten weder das BAG noch der KSD konkrete Angaben machen. Yann Hulmann, ebenfalls Mediensprecher des EDI, schreibt lediglich: «Seit dem 27.01.2021 sind es 1110 vollständig geimpfte Fälle, wobei von diesen 153 einer Hospitalisation bedurften und 30 verstarben.» Dieselben Informationen stehen auch im Situationsbericht zur epidemiologischen Lage.
Aktuelle Daten über den Impfstatus der Covid-Patienten liegen den Behörden angeblich nicht vor. «Uns stehen aktuell nur die kumulativen Daten zur Verfügung», betont wiederum Daniel Dauwalder auf erneute Nachfrage von Corona-Transition. Vor diesem Hintergrund sind die Äusserungen Karrers, der behauptet, dass 90 Prozent der Patienten ungeimpft sind, noch fragwürdiger.
Corona-Transition wollte deshalb von der Task-Force in Erfahrung bringen , woher Urs Karrer seine Daten hat. Denn schliesslich bestätigt das BAG selbst, dass der Behörde die aktuellen Daten nicht vorliegen. Dazu schreibt die Medienstelle der Taskforce: «Es handelt sich um Daten vom BAG, gezogen aus den obligatorischen Arztmeldungen, welche bei der Hospitalisation eines Covid-Patienten gemacht werden müssen.»
Belege, welche die Aussagen von Karrer stützen, kann die Taskforce auf Anfrage von Corona-Transition jedoch nicht liefern. Mehrere Fragen dazu blieben seitens der Task-Force bis nach Redaktionsschluss unbeantwortet. Unklar bleibt zudem die Frage hinsichtlich der Tests. Die Frage, ob gegenwärtig alle Patienten in den Spitälern unabhängig von ihrem Impfstatus getestet werden, beantwortete das BAG nicht.
Corona-Transition wollte unter anderem wissen, welche Regeln diesbezüglich in den Spitälern derzeit gelten. Unklar ist auch, mit welchen CT-Werten geimpfte und ungeimpfte Covid-Patienten getestet werden. Vergessen darf man auch nicht, dass die angsteinflössende Aussagen von Karrer, Mathys und weiteren, die bereits wieder vor dem Kollaps des Gesundheitssystems warnen, ohne jegliche fundierten Belege getätigt werden. Denn während der «Pandemie» bauen die Spitäler fleissig Betten ab (Corona-Transition berichtete).