Die gestiegenen Zinsen haben den Erwerb einer eigenen Immobilie vor allem für Familien mit geringerem oder mittlerem Einkommen zu einer Mission Impossible gemacht. Um gezielt diesen Familien unter die Arme zu greifen, hat die Bundesregierung nun zum 1. Juni ein neues Förderprogramm aufgelegt. Die Bedingungen für die neue Bauförderung sind jedoch vor allem aufgrund der klimapolitischen Nebenbedingungen derart absurd, dass wohl nur sehr wenige Familien diese Förderung in Anspruch nehmen können. Die Zweiklassen-Gesellschaft auf dem Immobilienmarkt wird dadurch zementiert. Am Ende ist die Bauförderung für Familien mit geringerem oder mittlerem Einkommen kaum mehr als Feigenblatt, um der Ampel ein soziales Image zu verschaffen, das mit der Realität nicht zu tun hat. Von Jens Berger.
Die eigene Immobilie gehörte schon immer zu den großen Träumen vieler Menschen. Auch ökonomisch stellt die selbst bewohnte Wohnung oder das selbst bewohnte Haus den wohl wichtigsten Punkt des Vermögensaufbaus dar – anstatt monatlich eine Miete an einen Dritten abzuführen, zahlt man monatlich seinen Immobilienkredit ab und am Ende der Laufzeit gehört einem das Objekt. Gerade in Zeiten steigender Mieten ist das attraktiv. Doch mit der Zinswende und steigenden Baukosten ist dieser Traum für breite Bevölkerungsschichten im Grunde ausgeträumt. Daran etwas zu ändern, wäre eigentlich eine der wichtigsten Förderungsmaßnahmen der Politik und es gäbe durchaus sinnvolle Arten, dies auch in die Tat umzusetzen.
Bei den meisten Gering- und Normalverdienern scheitert der Traum von den eigenen vier Wänden an drei Punkten:
- den hohen Baukosten
- den hohen Kosten für Bauland
- dem fehlenden Eigenkapital.
Die ersten beiden Punkte treiben den Finanzierungsbedarf in die Höhe, der letzte Punkt sorgt dafür, dass die Banken sich weigern, die Finanzierung überhaupt erst vorzunehmen. Eine sinnvolle Bauförderung müsste also sowohl die Möglichkeit bieten, die Kosten niedrig zu halten als auch den Eigenkapitalanteil, wenn möglich zu mindern oder gar zu ersetzen. Genau das leistet die seit Juni aufgelegte Förderung jedoch nicht.
Die Förderung besteht in einem zinsverbilligten Darlehen, das über die KfW finanziert, aber von der kreditgebenden Bank bewilligt werden muss. Die erste Schwachstelle ist dabei die maximale Kredithöhe, die sich nach der Zahl der Kinder richtet. Wer ein oder zwei Kinder hat, kann in der Baustufe „klimafreundliches Wohngebäude“ maximal 140.00 Euro abrufen. Erst ab fünf Kindern erhöht sich der abrufbare Kreditbetrag auf die Maximalsumme von 190.000 Euro. Diese Summen reichen zwar aus, um sich ein älteres Haus auf dem Land zu kaufen. Aber leider fördert der Bund den Erwerb von Bestandsimmobilien nicht, sondern fördert nur den Neubau. Zudem koppelt man die Förderung noch an die klimapolitische Vorgabe Effizienzstandard EH40 – das heißt, das Haus darf weder mit Öl, Gas oder Biomasse beheizt werden, muss über eine Photovoltaik-Anlage mit Batterien verfügen und dabei auch noch strengere Anforderungen an die Dämmung und Lüftung erfüllen. Das kostet natürlich. Solche Häuser zählen eigentlich nicht zu den Objekten, die sich Familien mit geringerem oder mittlerem Einkommen bauen. Und das hat seinen Grund.
Ein Neubau der Effizienzklasse kostet im Schnitt rund 1.800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Für ein 150qm großes Haus sind dies 270.000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für das Bauland. In mittlerer Lage kann man hier bei einem Preis von 120 Euro pro qm noch einmal 72.000 Euro hinzuzählen und wenn nun die üblichen 15% Baunebenkosten (Steuern, Planung, Erschließung usw.) hinzuzählt, kommt man auf glatte 400.000 Euro und dieser Wert ist noch niedrig bemessen – in Ballungsräumen und attraktiven Lagen reicht dies hinten und vorne nicht.
Wer als Geringverdiener ohne nennenswertes Eigenkapital 400.000 Euro fremdfinanzieren will, schaut in der Regel in die Röhre. Und das aus gutem Grund. Bei den derzeitigen Zinsen von 4,0% wäre der normale Abtrag bei einer Laufzeit von 30 Jahren mit 1.893 Euro so hoch, dass er kaum finanziell zu stemmen ist. Hier soll die Bauförderung für Familien mit geringem oder mittlerem Einkommen ansetzen. Doch genau das tut sie nicht.
Denn selbst bei maximaler Förderung würden bei einer Familie mit einem Kind lediglich 140.000 Euro aus der Finanzierung herausfallen. Neben dem geförderten KfW-Kredit zum vergünstigten Zinssatz muss der Rest der Kreditsumme zum normalen Zins von der kreditgebenden Bank finanziert werden. Statt 400.000 müssen nun dank des Förderprogramms also „nur noch“ 260.000 Euro über einen Bankkredit finanzieren werden. Überträgt man das Rechenbeispiel von oben (30 Jahre Laufzeit, 4,0% Zinsen) auf dieses Finanzierungsmodell kommt man auf 1.231 Euro für den Bankkredit plus 463 Euro für den KfW-Förderkredit – macht zusammen 1.694 Euro pro Monat. Für einen Haushalt mit gutem Einkommen ist dies freilich machbar – aber um diese Haushalte geht es beim Förderungsprogramm ja nicht.
Um gemäß der Gesetzeslage die Baufinanzierung für Familien mit geringerem oder mittlerem Einkommen in Anspruch zu nehmen, darf eine Familie mit einem Kind nicht mehr als 60.000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen haben. Das entspricht rund 40.000 Euro nach Steuern, also rund 3.333 Euro netto pro Monat. Mehr als die Hälfte des Netto-Haushaltseinkommen würde bei diesem Finanzierungsmodell als für den Abtrag der beiden Immobilienkredite draufgehen. Zählt man 500 Euro Hausnebenkosten (Energie, Steuern, Abgaben, Versicherung) pro Monat hinzu, sinkt das verfügbare Einkommen der Familie bereits auf 1.139 Euro. Und dies ist eine Schönwetterrechnung. Die Kredite haben nämlich nur eine Zinsbindung von 10 Jahren und danach kann der Abtrag bei einem höheren Zinsumfeld auch steigen. Vor allem: Bei dieser Rechnung fehlen Rücklagen für Reparaturen und Instandsetzung und gerade bei energieeffizienten Häusern mit Wärmepumpen und Photovoltaik sollte man bei einer Finanzierungsdauer von 30 Jahren schon mindestens 250 Euro pro Monat für derartige Rücklagen einkalkulieren.
Das Rechenbeispiel zeigt: Selbst wenn die Musterfamilie von der Bank die Finanzierung bekommen würde, die für die Inanspruchnahme der Förderung ja nötig ist, werden die direkten und indirekten Kosten für das Projekt „eigene vier Wände“ so hoch sein, dass sie realistisch nicht zu stemmen sind. Dieses Förderungsprogramm mag für Haushalte mit einem Jahreseinkommen von 80.000 Euro aufwärts durchaus attraktiv sein – aber für Haushalte mit einem Einkommen, das den Förderbedingungen entspricht, ist es nicht geeignet.
Warum stellt die Ampel derart realitätsferne Förderbedingungen? Warum fördert man z.B. Familien mit niedrigerem Einkommen nicht bei dem Erwerb einer Bestandsimmobilie? Abseits der Ballungsräume gibt es durchaus passende Objekte im Preisrahmen von 150.000 bis 200.000 Euro, die mit einem staatlich garantierten Vorzugszins auch ohne hohe Eigenbeteiligung von diesen Familien finanziert werden könnten. Ein Rechenbeispiel dazu: Der Abtrag für einen 200.000 Euro Kredit würde bei 1,25% Zinsen und 30 Jahren Laufzeit gerade einmal 670 Euro kosten und wäre damit für Gering- und Normalverdiener durchaus finanzierbar. Selbst eine Zweckbindung an eine energetische Sanierung wäre im Rahmen einen solchen Förderung ja denkbar. Dann hätte man sogar was für die Klimabilanz getan – mehr als mit einem Neubau.
Realistisch betrachtet kommen für die neue Förderung eigentlich nur Familien in Frage, die zugleich arm und reich sind – die also ein vergleichsweise niedriges Einkommen haben, aber über ein hohes Eigenkapital verfügen; also z.B. ein Erbe oder ein Geschenk von den Eltern oder Großeltern. Warum man ein Förderprogramm auf eine derart spezielle und überschaubare Gruppe maßschneidern sollte, bleibt jedoch ein Rätsel.
Wahrscheinlich dient das Förderprogramm lediglich PR-Zwecken. Man will zeigen, dass man die Gering- und Normalverdiener bei seiner eigenwilligen Mischung aus Klima- und Baupolitik nicht vergessen hat … und vergisst sie dabei. Der Traum von den eigenen vier Wänden wird künftig mehr denn je vom Geldbeutel und von der Herkunft abhängen.
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