
„Das Coronavirus verliert deutlich an Schrecken”, zitiert das Versicherungs-Journal eine aktuelle Umfrage der DAK. Forsa fand heraus: „Trotz vierter Welle und Rekordwerten bei den Corona-Fallzahlen geht die Angst, sich mit Sars-Cov-2 zu infizieren, bei den Bürgern zurück. 2020 hatten noch 37 Prozent der Deutschen Angst vor einer Corona-Erkrankung – aktuell sind es nur noch 20 Prozent. Damit halbiert sich der Wert fast im Vergleich zum Vorjahr.”
Bei mir ist es umgekehrt. Meine Furcht wächst eher – doch aus einem anderen Grund: ich bekomme es zunehmend mit der Angst zu tun, weil die Coronamacher in Politik und Medien anscheinend auch nach einem Jahr absolut nichts dazugelernt haben. Allein der Umstand, dass wir jetzt trotz wohl über 80 Prozent „verimpften” Erwachsenen doppelt so viele PCR-Test-Positive haben wie zur selben Zeit letztes Jahr, als es noch keinen Impfstoff gab, sollte uns eigentlich zu denken geben. Trotzdem sehen die herrlichen und dämlichen Pandemie-Strategen das Heil in der dritten Impfung – und dem Wegsperren der Ungeimpften. „GG+“ (2Gplus) wird jetzt proklamiert, und für die „U” (Ungeimpften) gilt, wie für Hunde: „Wir müssen leider draußen bleiben.” Obwohl viele „U’s“ wegen ihrer diversen (in meinem Fall: wöchentlicher) Tests „sauberer” sind als diejenigen, die einen Stich haben und sich in Sicherheit wähnen.
„Wir sind schlimmer dran als vor einem Jahr”, bekennt sogar Christian Drosten in der aktuellen Folge seines NDR-Podcasts „Coronavirus-Update” ganz offen. Die Delta-Variante habe die Karten neu gemischt. Denn mit ihr würden Geimpfte schnell wieder zu Überträgern. „Geimpfte bewegen sich ja schon sehr frei in der Gesellschaft”, erläutert der Leiter des Instituts für Virologie an der Charité Berlin die Ausgangslage der aktuell problematischen Situation (und findet dies offenbar generell kritikwürdig). Selbst würden Geimpfte zwar oftmals allenfalls nur leichte Symptome bekommen, doch „das Virus kommt so zu den Ungeimpften und die fallen auf als schwere Fälle.” Jetzt wird also endlich einmal offen eingeräumt, dass die Geimpften Virenträger sind! Während die Ungeimpften bereits jetzt nicht mehr viel tun dürfen, was ebenfalls zum Leben gehört, Essen gehen, Kultur genießen, uneingeschränkt Reisen usw., dürfen sich die Geimpften in engen Etablissements die Nächte um die Ohren schlagen, ohne dass von diesen ein Test verlangt wurde. Ohne dass diese es bemerkten, übertrugen sie das grassierende Virus auf andere Geimpfte, und draußen im normalen Leben auf Kinder und Ungeimpfte.
Geimpfte als häufigste „Spreader“
Aufgrund dieses Faktums hier eine Wahrscheinlichkeitsrechnung zum Beweis der Tatsache, dass die meisten Covid-Patienten in den Krankenhäusern durch Geimpfte angesteckt wurden: Gehen wir einmal davon aus, dass die anzunehmenden 80 Prozent Vollgeimpften nur halb so wahrscheinlich Virenträger wären wie die Ungeimpften, und unterstellen wir dasselbe für die Genesenen. Dann beträgt das Verhältnis 2:1 (40 Prozent Geimpfte zu 20 Prozent Ungeimpften). Die Geimpften und Genesenen erlauben sich aber mehr „Trubel” als die Ungeimpften und pflegen weitaus mehr Kontakte, weil dies ihnen ja auch ausdrücklich erlaubt wurde. Gönnen sich die GG-Gruppen nur um zu 50 Prozent mehr Sozialkontakte als die U-Gruppe, übertragen sie auch entsprechend mehr Viren. Die Hälfte mehr „Umtriebigkeit” der G- gegenüber der U-Gruppe lässt somit das Verhältnis auf 3:1 steigen. Dies bedeutet folglich: 75 Prozent der aktuell Covid-Positiven und -Patienten haben die Geimpften auf dem Gewissen, nur 25 Prozent gehen auf das Konto der noch Ungeimpften.
Ausgerechnet dieser weniger gefährlichen Gruppe soll nun die Teilhabe am Leben erschwert, eingeschränkt oder ganz verwehrt werden? Fast scheint es, als befalle dieses Coronavirus bevorzugt ganz bestimmte Hirne in Berlin, Stuttgart und anderswo. Ein hochkarätiges Beispiel liefert Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der sich selbst gerade am 12. November das dritte Mal spritzen ließ und nur drei Tage danach, wem auch immer, die Frage stellte: „Was muss eigentlich noch geschehen?”. Dieselbe Frage gebe ich gerne zurück: Soll es noch mehr Geimpfte mit Freifahrtschein geben, obwohl sie das Virus genauso weiterverbreiten können und die bisherige Strategie somit das Gegenteil des Gewünschten bewirkt? Ich frage nicht nur, sondern ich appelliere: Die Devise heißt testen, testen, testen – und zwar bei allen, die arbeiten, und in Restaurants und Lokale oder auf Veranstaltungen gehen. Dies wäre jetzt der einzig richtige Weg – und zwar unabhängig vom Status, ob GG oder U: Der Impfstatus darf, weil die Impfung vor Übertragung gerade nicht schützt, nicht länger entscheidend sein.
Wer positiv getestet wird, soll ein paar Tage daheimbleiben, wie das üblicherweise auch bei jeder Grippe der Fall sein sollte. Ob die Menschen geimpft sind oder nicht, hat dabei bis auf Weiteres in den Hintergrund zu treten – da die Impfung sowieso nur den Erkrankten selbst nützt (wenn überhaupt). Sollte auch nur noch ein Viertel der jetzigen Coronabetten belegt sein, weil auch die bislang unwissenden Geimpften keinen negativ Getesteten mehr anstecken können, dann gibt es in den Krankenhäusern auch keine Überlastung mehr. Die Entbindung von überzogenen Dokumentationspflichten brächte zudem eine weitere Entlastung.
Testen als Königsweg
Schnelltests sind – trotz der nicht 100-prozentigen Zuverlässigkeit – den PCR-Test dabei vorzuziehen. Dafür sehe ich drei Gründe: Erstens liegt das Ergebnis sofort vor und nicht erst zum Teil drei Tage später, in denen man schon viele Kontakte angesteckt haben kann. Zweitens sind sie günstiger und treiben die Testkosten für die Allgemeinheit nicht ins Uferlose. Und drittens nützen PCR-Tests kaum etwas, sobald der ct-Wert (Vermehrkungszyklenzahl) zu hoch ist und man diesen, zuweilen trotz erheblicher Anstrengungen, als Getesteter nicht einmal in Erfahrung bringen kann. Letzteres ist übrigens ein Unding: Wenn ich tanke, erfahre ich die Oktanzahlen der verschiedenen Kraftstoffe; die Testlabore hingegen machen ein Geheimnis aus der „Oktanzahl” ihrer Proben, und den Gesundheitsämtern ist der für die Aussagekraft bzgl. der realen Virenlast einzig aussagekräftige ct-Wert egal). Diese Geheimniskrämerei lässt an der Seriosität der PCR-Teste und ihrer Befürworter zweifeln.
Es sind nicht nur Zweifel angebracht, sondern fast schon Gewissheit: Die PCR-Test-Ergebnisse müssen weitgehend sogar zwingend falsch sein, wenn man sich die RKI-Statistik im kompletten Verlauf anschaut: Von derzeit über 30.000 Positiv-Meldungen täglich – doppelt so viele wie in den damals noch gänzlich ohne Impfstoffe durchlaufenen Wellen 2 und 3 – führen rund 12.000 zu Symptomen täglich – also mehr als in den Wellen zuvor. Nur in den ersten drei Novembertagen lag der Anteil höher. Was sich immer noch gravierend anhört, relativiert sich angesichts der tatsächlichen epidemischen Tragweite: Dies sind gerade einmal 0,15 Promille der Bevölkerung. Und das, obwohl die D-Variante gefährlicher sein soll oder meinetwegen auch ist? Die im Verhältnis zu den Erkrankungen unerklärlich hohen Positiv-Zahlen sind nur mit zu hohen ct-Werten zu erklären. Eine bewusste Irreführung möchte ich allerdings (noch immer) nicht unterstellen.
„GG plus“ ist besser, während „nur“ GG (2G) die derzeit noch Ungeimpften bestraft, die am allerwenigsten zum Infektionsgeschehen beitragen. Sie alleine macht man für das Versagen der Coronapolitik verantwortlich. Vielleicht bringt ja endlich das Verfassungsgericht den Hintern hoch und erteilt dieser einseitigen Politik eine überfällige Rüge – vor dem Hintergrund der nicht mehr allzu neuen Erkenntnis, dass es vor allem die Unbeschwertheit, um nicht zu sagen: die Leichtfertigkeit der Geimpften war, die die vierte Coronawelle verursacht hat. Alles andere ist eine Verfälschung der Fakten. Sollte die Ampel diese Coronapolitik fortführen, erwiese sich die SPD endgültig als weder sozial noch demokratisch. Die FDP wäre spätestens dann keine freiheitliche Partei mehr. Und die Grünen behaupteten sich dort, wo sie bereits stehen: Jenseits von Gut und Böse.
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