Horst D. Deckert

Corona-Krise wird zur sozialen Krise

(Auszugsweise)

Die Corona-Krise verschärft die Ungleichheit. Viele Beschäftigte waren und sind von Kurzarbeit betroffen oder wurden arbeitslos und erlitten erhebliche Einbussen beim Einkommen.

Die Pandemie verschärft die bestehenden Ungleichheiten

Im ersten Quartal 2020 ist die Kurzarbeit in einem noch nie da gewesenen Umfang angestiegen. Ende April waren 1.3 Millionen Arbeitnehmende auf Kurzarbeit gesetzt, was fast einem Drittel aller Arbeitnehmenden entspricht. Mit der Erholung der Wirtschaft ist diese Zahl zwar deutlich zurückgegangen, sie betrug im Oktober aber immer noch fast 220’000 und im November haben sich als Folge der zweiten Welle 645’000 Arbeitnehmende für Kurzarbeit vorangemeldet (SECO 2021).

Auch die Arbeitslosigkeit ist im Dezember 2020 gegenüber dem Vorjahresmonat um 46’000 angestiegen… Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und Erwerbsausfälle treiben viele Familien und Alleinstehende in die Armut und in die Abhängigkeit von Sozialleistungen. Hart betroffen sind vor allem Kulturschaffende, kleinere Gastronomiebetriebe und deren Angestellte, die Reisebranche, Personen mit befristeten und prekären Arbeitsverhältnissen und ganz besonders Frauen, die im Care-Bereich, im Detailhandel und in persönlichen Dienstleistungen beschäftigt sind.

Ein Grossteil davon war bereits vor der Krise mit tiefen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen konfrontiert. Ihre Lage hat sich durch die Corona-Krise weiter verschärft… In der Schweiz waren die Lohneinbussen zwischen dem ersten und zweiten Quartal 2020 aufgrund der Arbeitslosigkeit und einer Reduktion der Arbeitsstunden mit durchschnittlichen 3.7 Prozent im europäischen Vergleich bisher relativ gering (EU Durchschnitt -6.5 Prozent).

Der grösste Teil davon war die Folge einer verringerten Zahl von Arbeitsstunden (ILO 2020: Wage Report). Es ist aber davon auszugehen, dass Erwerbstätige mit hohem Einkommen sowie ein grosser Teil der Kernbelegschaft mit einer gesicherten Beschäftigung und die Rentner*innen kaum von krisenbedingten Einkommenseinbussen betroffen waren, während auch in der Schweiz hauptsächlich Niedriglohnbezüger*innen und Menschen mit unsicheren Arbeitsverhältnissen höhere Einbussen hinnehmen mussten.

Die Krisen-Gewinner

Es gibt auch deutliche Gewinner der Corona-Krise. Dabei handelt es sich meist um Gutbetuchte, die bereits vor der Krise ihren Reichtum erheblich ausbauen konnten. Unternehmen der IT-Plattformwirtschaft, Onlineshops, die Pharmaindustrie und verwandte Bereiche konnten ihre Umsätze und Gewinne massiv steigern.

In den USA konnten allein sieben der reichsten Milliardäre (Besitzer von IT- und Plattformfirmen) während der Pandemie 219 Milliarden Dollar zulegen, während gleichzeitig Millionen von Beschäftigten arbeitslos wurden. Gemäss der Erhebung der «Bilanz» hat das Vermögen der 300 reichsten Schweizer im Coronajahr um weitere 5 Milliarden zugenommen…Folge der Krise haben sich die bestehenden Ungleichheiten somit deutlich verschärft…

Durch die Corona-Krise werden sich hier noch grössere Verschiebungen ergeben, weil insbesondere viele Personen im unteren Teil der Einkommenspyramide von Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und Lohnkürzungen bedroht sind…

Die Autoren Hans Baumann und Robert Fluder beschäftigen sich innerhalb des sozialkritischen Think-Tank «Denknetz» vor allem mit Fragen der Einkommens- und Vermögensverteilung. Das Denknetz veröffentlicht dazu jährlich einen Verteilungsbericht und einen «Gleichheitsmonitor».

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