Horst D. Deckert

Delta-Panikmache darf rot-weiß-rotes Fußballfest nicht verhindern!

Als Fußballfan, der unserem Nationalteam durch dick und dünn die Treue hält, ist es wohl nicht nur für mich wie Balsam auf die geplagte Seele, zu wissen: Endlich hat Österreich wieder einmal die Gruppenphase überstanden. Als Lohn sollte nun ein Fußballfest folgen. In Wembley, dem Tempel des runden Leders schlechthin, soll man den großen Favoriten Italien fordern. Tausende rot-weiß-rote Schlachtenbummler würden dem Team gerne auf die Insel folgen. Aber nicht zuletzt wegen der Panikmache mit der Delta-Variante droht dies jetzt ins Wasser zu fallen. Nun braucht es ein Ersatz-Fußballfest – und zwar ohne schikanöse 3G-Regeln. 

Kommentar von Alfons Kluibenschädl

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Dass das Wembley-Stadion in London – mit 90.000 Plätzen eines der größten Stadien der Welt – nicht vollends zum Hexenkessel wird, steht schon länger fest. Denn unter „Corona-Bedingungen“ traut sich alleine Ungarn, die Arena in Budapest bis zum letzten Sitz zu füllen. Alle anderen Veranstalter der europaweiten Titelkämpfe entscheiden sich zu einer nur teilweisen Auslastung, in London sind das 22.500 oder ein Viertel der Kapazität. Und darunter stehen dem ÖFB eigentlich mindestens 1.800 Karten zu. Einzig: Aufgrund der absurden Einreisebestimmungen – und nein, die haben absolut nichts mit dem Brexit, sondern nur mit dem Corona-Angstregime zu tun – fällt das für viele heimische Sportbegeisterte flach. 

Italiener dürfen ins Stadion, Österreicher nicht

Denn obwohl Großbritannien derzeit das aktivste Infektionsgeschehen hat und Flieger von der Insel problemlos in Wien landen können, hält das Vereinigte Königreich ganz Europa weiterhin auf seiner „gelben Liste“. Das heißt: Nicht nur, dass man für eine Einreise sogar nach einer Impfung einen PCR-Test nachweisen muss – man muss auch noch in eine 10-tägige Heimquarantäne, aus der man sich frühestens nach fünf Tagen „freitesten“ kann. Für Touristen ist eine Hotel-Quarantäne Pflicht, die Kosten von 1.750 Pfund (2.044,70 Euro) müssen sie selbst tragen.

Beim Spiel Österreich gegen Italien hat dies nun einen folgenschweren Effekt. Italien stand bereits am 20. Juni, also sechs Tage nach dem Spiel als Gruppensieger fest – aber Österreich fixierte den Aufstieg erst einen Tag später. Somit könnten sogar jene Fans, die direkt am nächsten Tag nach London geflogen wären, frühestens am Tag nach dem Spiel ihre Unterkunft wieder verlassen. Daher rät nun bereits das Außenministerium davon ab, das Team auf die Insel zu begleiten.

Unser Team begeistert – die Quarantäneregeln nicht

Auf gut deutsch: Findet das Spiel tatsächlich in London statt, könnten maximal Auslands-Österreicher und jene, die sich bereits seit mindestens 10 Tagen im Land befinden, im Stadion unser Team anfeuern. Nicht zuletzt aus diesem Grund fordert mittlerweile auch Teamchef Franco Foda eine Verlegung an einen anderen Spielort. Weil Großbritannien aufgrund der Delta-Panikmache als Seuchengebiet zählt, gilt eine Quarantänepflicht in der anderen Richtung übrigens noch einmal.

Im Falle eines Aufstiegs gegen Italien fände das Viertelfinale übrigens in München statt, ehe Halbfinale und Finale erneut in London wären. Das heißt: Bei einem Sensationslauf ähnlich dem der Dänen oder Griechen einst (Europameister „aus dem Nichts“ 1992 bzw. 2004) würde sich das Problem zu eine späteren Datum wiederholen. Alles, weil das angebliche „Seuchenland“ sich davor fürchtet, dass Personen aus der Alpenrepublik (7-Tages-Inzidenz bei 11,2 Fällen je 100.000 Einwohner) etwas einschleppen könnten.

UEFA wird sich kaum einem kleinen Land beugen

Selbst wenn Österreich plötzlich von der Liste verschwindet, hätten wiederum Fans, die schon in Bukarest dabei waren, ein solches Problem: Rumänien ist auch auf der gelben Liste. Aber die UEFA sperrt sich gegen jede Verlegung, zu wichtig ist ihr das Projekt, erstmals eine Europameisterschaft nicht in einem oder zwei Ländern abzuhalten sondern in 10 Städten quer über den Kontinent. Es ist eine Prestige-Frage.

Und dass ein kleines Land, das gerade zu ersten Mal überhaupt bei einer Kontinentalmeisterschaft die Gruppenphase übersteht und zum ersten Mal seit der WM 1954 (dritter Platz) wieder ein K.O.-Duell spielt, den mächtigen Verband noch umstimmen kann, ist unwahrscheinlich. Unser Team wird höchstwahrscheinlich ohne Unterstützung von der Tribüne gegen Italien das Unmögliche möglich machen müssen. Ohne zwölften Mann, aber gegen den Amtsschimmel.

Fußballfest in Wien ohne „Grünen Pass“ ermöglichen

Der richtige Impuls wäre in diesem Fall, allen Fans unseres Teams wenigstens eine gute Alternative zu bieten. Etwa, indem man ein großes „Public Viewing“ in Wien ermöglicht, an einem zentralen Ort. Und nein, keinen Verschnitt, wo man an Bierbänken nur geimpft, getestet oder genesen Platz nehmen darf und sich eigentlich beim Torjubel gar nicht umarmen dürfte. Dem „grünen Pass“ sollte man die Rote Karte zeigen. Man könnte vor allem damit ein für alle mal zeigen, dass dieses schikanöse Instrument auf den Müllhaufen der Geschichte gehört. 

Nun würden sicher einige Angstmacher mit dem Infektionsschutz argumentieren. Und ja, ich weiß, Versammlungs- und Veranstaltungsrecht sind zwei paar Schuhe. Aber, wenn es offenbar kein Problem war, dass Tausende ohne Abstand mit Regenbogenfahnen zur „Pride“-Parade durch die Wiener Innenstadt marschieren, dann muss das auch mit rot-weiß-roten Flaggen für Jedermann möglich sein. Die Infektionsgefahr ist derzeit generell gering, unter freiem Himmel schon zweimal. Und die Zielgruppe rekrutiert sich sowieso eher nicht aus der Risikogruppe und hätte sogar zu Hoch-Inzidenz-Zeiten wohl maximal milde Verläufe riskiert.

Zwei-Klassen-Gesellschaft bei „Brot und Spielen“?

Denn wir wissen nicht, ob es nicht wieder Jahre dauert, bis wir bei einer EM oder WM im Achtelfinale stehen. Zu wünschen wäre es freilich, aber Fußball ist kein Wunschkonzert und es gibt keine „schlechten“ Teams mehr, die sich für Großereignisse qualifizieren. Man sollte wenigstens dieses eine Mal eine Ausnahme machen können, und die Menschen ohne jeglichen Zwang mit unserem Nationalteam mitfiebern lassen. Einen Sieg feiern und eine Niederlage beklagen: Als ein Land, das geschlossen hinter unseren EURO-Helden steht – und nicht als Zweiklassengesellschaft.

DAS wäre ein echtes Zeichen der Normalität und ein Symbol für die Freiheit. Und nicht irgendwelche absurden, nicht evidenzbasierten Regeln, die noch bei Brot und Spielen zwischen den Folgsamen und den Widerspenstigen unterscheidet. Gebt den Menschen ihr rot-weiß-rotes Fußballfest unter freiem Himmel. Lasst ihnen die Gelegenheit, am Samstag die Nacht zum Tag zu machen. Unser Volk hat es bitter nötig – und das Recht, sich zu vergnügen hat es von Grund auf – und nicht erst auf Wohlgefallen abgehobener Politiker. 

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