
Vor einem einem Jahr war es Angela Merkel, die – sogar im Bundestag – mit perversen und unverantwortlichen verbalen Fehlgriffen eine durch nichts und wieder nichts begründete Verunsicherung der Bevölkerung und vor allem Einschüchterung der Kinder betrieb, indem sie etwaige Besuche letzterer bei ihren Großeltern über die Festtage als faktische Tötungshandlung insinuierte und den Menschen ihr Bedürfnis nach weihnachtlicher Nähe als bösartigen und rücksichtslosen Egoismus auslegte. Die Rolle des Sensenmannes übernimmt in diesem Jahr RKI-Wieler.
Deutschland laufe „auf eine ernste Notlage” zu, warnte Wieler als Chef der Bundesbehörde gestern, und unkte: „Die Prognosen sind superdüster. Wir werden wirklich ein sehr schlimmes Weihnachtsfest haben, wenn wir jetzt nicht gegensteuern.” Wohlgemerkt reden wir hier nicht von Weihnachten 2020, sondern von 2021 – wo doch die Pandemie eigentlich längst Geschichte sein sollte. „Gegensteuern” heißt bei der Planlos-Fraktion des deutschen Gesundheitskatastrophenschutzes natürlich: Impfen. Also erklärt Wieler weiter: „Jeder Mann und Maus, der impfen kann, soll jetzt gefälligst impfen. Sonst kriegen wir diese Krise nicht in den Griff.” Welch eine Wortwahl.
Vielleicht wäre der erste Schritt zur Verbesserung der Lage der, endlich zu realisieren, dass diese Gestalten, die hierzulande den öffentlichen „Gesundheitsschutz” besorgen, erweislich gar nichts in den Griff bekommen – und zwar ungeachtet aller Masken, aller Schnelltests, aller Spritzkanülen. Außer die Menschen immer hoffnungsloser und verrückter zu machen, bekommt dieser diensthabende RKI-Cheftierarzt nämlich definitiv gar nichts auf die Kette. Mit scheinbar sachlicher Attitüde referiert er im einen Moment seine fragmentarischen (und später oft als unvollständig oder irreführend überführten) Datencharts herunter, um im nächsten Augenblick schon wieder den moribunden Mahner und wimmernden Warner zu mimen.
Stirn in Trauerfalten
Der Wechsel ins Panik-Register geht bei Wieler dabei ebenso flott, wie er seine Stirn in Trauerfalten legen kann. Niemand vermag die neue deutsche Weinerlichkeit, die institutionalisierte Angst vor Viren und dem zwingend tödlich endenden Leben so auf Knopfdruck anzuschalten wie Wieler während seinen Presseerklärungen. Ob er zu seinem satten B-Tarif noch einen Bonus bekommt, wenn er besonders tief in die Tasten langt? Mit seinen gestrigen Äußerungen hätte er ihn sich jedenfalls redlich verdient.
Die verräterischste Bemerkung von allen entglitt ihm dabei fast unbemerkt: „Wir dürfen denen, die sich nicht impfen lassen, wirklich nicht die Chance geben, die Impfung zu umgehen, zum Beispiel, indem sie sich freitesten lassen.” Eine ungeheuerliche Aussage – die, ob gewollt oder ungewollt, entlarvt, worum es hier eigentlich geht: Nicht um Gesundheit, nicht um Schutz, nicht darum, dass andere von Infektionen geschützt werden (denn das können Tests immer besser gewährleisten als diese Impfung) – sondern nur darum, dass wirklich jeder an die Spritze gebracht wird. Es sind Sätze, die wortgleich so auch in der Strategiebesprechung des Marketingvorstands von Biontech und Pfizer fallen könnten, um den Absatz der zunehmend ihn Verruf geraten Impfung um jeden Preis sicherzustellen. Ein oberster Gesundheitsschützer, der diese Rhetorik bemüht, ist keinen tag länger mehr tragbar und sofort rücktrittsreif.
Doch auch noch weitere Ausführungen aus Wielers gestriger „Brandrede” sorgen für Kopfschütteln. Das von ihm gezeichnete dramatische Bild der Corona-Lage zeige nur einen Bruchteil der eigentlichen Situation, so Wieler, denn: „Die Untererfassung der wahren Zahlen verstärkt sich.“ Hinter den mehr als 50.000 Infektionen, die derzeit pro Tag registriert würden, „verbergen sich mindestens noch einmal doppelt oder dreimal so viele”. Aha: Hier ist die Untererfassung also willkommen? Bei der von Wieler selbst Anfang Oktober eingeräumten Untererfassung der tatsächlich verabreichten Impfungen hält das RKI hingegen lieber den Ball flach. Kein Wunder: Womöglich käme sonst heraus, dass die Zahl der „ungeimpften Volksfeinde“ inzwischen bereits viel zu klein ist, um ihnen die Schuld am Debakel, am Versagen einer nutz- und schutzlosen Impfung in die Schuhe zu schieben.
Delta kann nicht so schlimm sein
Was Wieler mit seiner Annahme in Wahrheit dreimal so hoher Zahlen (was demnach binnen weniger als einer Woche eine Million Neuinfektionen bedeuten würde) übersehen hat: Träfe dies zu, dann konterkariert er damit zugleich seine bislang als Ausrede für die vielen Impfdurchbrüche bemühte Behauptung, die „gefährliche” Delta-Variante habe Deutschland fest im Griff und sorge für den aktuellen Krisenzustand. Wenn aber in Wahrheit sogar dreimal so viele unbemerkt infiziert sind, ohne dass sich die Krankheitslast entsprechend verdreifacht, kann Delta wohl kaum so schlimm sein – was sich wiederum die Frage nach dem Sinn von Maßnahmen wie Maske, Kontaktbeschränkung oder 1G/2G aufwirft.
Wie immer die Inzidenzen aussehen (die doch eigentlich als Pandemie-Index eine nur noch untergeordnete oder gar keine Rolle mehr spielen sollten): Hat sich in diesem Land eigentlich je jemand WIRKLICH die Mühe gemacht, all die Inzidenzen und Positivtests zusammenzuzählen, die bisher registriert und gemeldet wurden? Man bekommt allmählich den Eindruck, eigentlich müsste doch die ganze gesamte Bevölkerung schon mehrfach infiziert gewesen sein. Zählt man diese Fälle einer erfolgten „Auseinandersetzung mit dem Erreger” zur Impfquote hinzu, dürfte inzwischen kaum mehr eine nennenswerte „Immunisierungslücke” bestehen. Relativiert wird der Aussagegehalt der „Genesenen“-Anzahl wiederum dadurch, dass nicht selten ein und dieselbe Infektion durch Testwiederholungen mehrfach gezählt wird, sowie auch durch die Tatsache, dass Genesene und Geimpfte aus heiterem Himmel nach einigen Wochen oder Monaten immer wieder aufs neue testpositiv sein können.
Eine Industrie mit Langzeitperspektive
Doch darum geht es überhaupt nicht – denn der Corona-Politik dient der tägliche Zahlensalat längst nur noch als operatives Instrument zur Unterfütterung einer Scheinkatastrophe. Wieler und Konsorten brächten wohl auch fertig, uns sechs Wochen in Folge täglich zwei Millionen Neuinfektionen melden – und niemand würde stutzig werden, dass somit dann jeder Deutsche akut infiziert gewesen sein muss. Selbst die Medien würden unverdrossen weiter warnen. Sowenig wie der Zustand „geimpft” noch irgendeine längerfristige Bedeutung hat, hat es auch der Genesenenstatus. Es geht immer weiter: Nach einigen Monaten ist jeder wieder empfänglich gemacht für die nächste Virusmutante ebenso wie für die nächste Dosis. Es ist Industrie mit echter Langzeitperspektive, die hier etabliert worden ist.
Was ist die Folge? Die Impfung sollte eigentlich der Weg aus den Lockdown sein, tatsächlich sind sie der Weg in neue Lockdowns. Sie haben ALLE Hoffnungen sabotiert. Immunität gibt es nicht, Impfschutz gibt es nicht. Was bleibt, sind die Maßnahmen. Für alle Zeiten. Dies ist auch zugleich ist das stärkste Indiz, dass hier wahrlich ein ganz anderer Film abläuft, dass etwas Tieferes beabsichtigt bzw. etwas zutiefst Amoralisches, im globalen Maßstab, im Busch ist: Dass sie damit aufgehört haben, die Pandemie als eine unnatürliche temporäre Phase zu bezeichnen, die irgendwann vorbei ist.
In Deutschland drückt sich dieser Bedeutungswandel dadurch aus, dass ab sofort gar kein Ausnahmezustand mehr notwendig ist, um Freiheitsbeschränkungen zu verfügen – indem die „epidemische Lage“ abgeschafft wird und die Maßnahmen von 2G bis Maske einfach bleiben. Es soll gar keinen EXIT mehr geben. Sie haben uns die alten Freiheiten genommen, abtrainiert und uns kollektiv verrückt gemacht. Die Sehnsucht, die viele noch zu Beginn der Pandemie, im ersten Lockdown hatten, als gelegentlich von einer Explosion Lebensfreude nach Überwindung der Pandemie die Rede war, ist enttäuscht – denn ein Ende ist gar nicht mehr vorgesehen.