Horst D. Deckert

«Der Narzissmus ist die wahre Pandemie»

Das Gespräch handelt von der Emotion des Hasses, über die Destruktivität des Täter-Opfer-Diskurses und die Anerkennung der Differenz – das einzig Verbindende zwischen den Menschen, wie Jeannette Fischer sagt. Darüber hinaus geht es um die Psyche eines Bill Gates sowie die allgegenwärtige Sehnsucht nach Anerkennung, der Ursprung unserer vielen Übel.

Sowohl Geimpfte als auch Ungeimpfte sehen sich als Opfer und im jeweils anderen den Täter. Dies ermögliche Zusammenschlüsse von Gleichgesinnten und die Konstruktion eines Feindes, meint Fischer. Dies könne nur überwunden werden, indem man akzeptiere, dass «jeder anders ist als ich und dass jeder nicht Ich ist.» Man könne sich ganz leicht als leidendes Opfer darstellen, dann sei immer der andere schuldig und der Täter (Min. 05:30). Fischer:

«Das ist Hass.»

Im Hinblick der Pandemie fragt Fischer (Min. 13:30): Wie ist es möglich, dass so viele Menschen von diesem Narrativ abgeholt werden? Es sei ein grössenwahnsinniges Konzept: Es gibt einen Feind (das Virus), wir sind alle Opfer. Und es gibt eine Lösung, dies sei die Impfung.

Es habe nicht nur mit Angst, sondern auch mit Narzissmus zu tun. Wenn man brav mitmache, könne man an diesem Grössenwahn beteiligt sein. Wir gehörten dann zu einer grossen Gemeinschaft. Protagonisten dieses Narrativs wie Bill Gates seien «Bilderbuchexemplare für Narzissmus» (Min. 15:00):

«Wenn er sagen kann, wir werden sieben Milliarden Menschen impfen, und dann als Philanthrop angesehen wird, dann gehe ich davon aus, dass er das wirklich meint.»

Diese Überheblichkeit, dass er wisse, was für sieben Milliarden Menschen gut sei, zeuge von einem wahnsinnigen Narzissmus, dem das Gespür von sich selbst und für andere abgehe. Ohne diesen Narzissmus wäre die Pandemie nicht möglich, glaubt Fischer (Min. 23:30).

Fischer plädiert für eine Unterscheidung zwischen Angst und Furcht. Bei Furcht könne man eine bedrohliche Situation real benennen und bleibe handlungsfähig, wohingegen Angst zu Ohnmacht und Machtlosigkeit führe (Min. 42:00). Angst könne man beruhigen, wenn man die Gewalt bzw. den Herrschaftsdiskurs entlarve.

*****

Zur Person:

Jeannette Fischer ist Psychoanalytikerin und Autorin aus Zürich. Sie beschäftigt sich mit den Fragen von Gewalt, Macht und Ohnmacht, den Auswirkungen fürsorgerischer Zwangs­massnahmen, kuratierte zu diesen Themen Ausstellungen und drehte zwei Dokumentarfilme. Ihr Buch «Angst – vor ihr haben wir uns zu fürchten» erschien 2018.

Ähnliche Nachrichten