Wenn Sie als Staat oder Land in die Riege der Klimatugendlichen aufsteigen wollen, ist der wichtigste Maßstab Ihre Verpflichtung, bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt den größten Teil oder die gesamte Energie aus „erneuerbaren Energien“ (hauptsächlich Wind und Sonne) zu gewinnen. Alle tun es, und Sie sind ein Niemand, wenn Sie nicht mitbieten. Erst vor ein paar Wochen (14. Juli) hat die Europäische Kommission laut Reuters ein Angebot abgegeben, wonach bis 2030 40 % des Endenergieverbrauchs aus „erneuerbaren Energien“ stammen sollen. Hier in den USA ist das jüngste Vorhaben der Biden-Regierung (vom 28. April) ein Ziel von 80 % des Stromverbrauchs bis 2030, was an sich schon ehrgeizig ist, auch wenn Strom nur eine Minderheit des Endenergieverbrauchs darstellt. Der Kongress muss sich noch mit dem Angebot der Regierung Biden befassen.
Sowohl in der EU als auch in den USA gibt es nationale und bundesstaatliche Champions, die allen anderen weit voraus sind. In der EU ist das Deutschland. Deutschland beschloss die Energiewende bereits 2010, um seinen Energiesektor auf Wind- und Solarenergie umzustellen. Seitdem hat Deutschland seine Ziele für erneuerbare Energien immer weiter erhöht. Zuletzt hat sich Deutschland im Dezember 2020 per Gesetz das verbindliche Ziel gesetzt, bis 2030 65 % des Stroms aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Hier in den USA ist Kalifornien unser Vorreiter. Das maßgebliche Gesetz in Kalifornien ist das berühmte SB 100, das 2018 erlassen wurde und verbindliche Ziele für den Stromsektor von 60 % aus „erneuerbaren Energien“ bis 2030 und 100 % bis 2045 festlegt.
Wie die Leser hier wissen, hat der Manhattan Contrarian von Zeit zu Zeit ein hohes Maß an Skepsis darüber geäußert, ob diese verbindlichen Ziele in der realen Welt erreicht werden können. In der Tat habe ich oft darauf hingewiesen, dass es bei einem Anteil von etwa 40-50 % der Elektrizität aus „erneuerbaren Energien“ praktisch unmöglich ist, den Anteil der Elektrizität aus erneuerbaren Energien zu erhöhen, indem man einfach mehr erneuerbare Kapazitäten hinzufügt. Soweit mir bekannt ist, hat bisher noch kein großes Land seinen Anteil an der Stromerzeugung aus „erneuerbaren Energien“ über einen längeren Zeitraum auf über 50 % gesteigert. (Wenn mir ein Leser ein Beispiel nennen kann, wäre ich sehr interessiert.)
Aber vielleicht bin ich auch nur ein Spinner. Diese Genies in Deutschland und Kalifornien müssen doch wissen, was sie tun. Schauen wir uns also die neuesten Nachrichten an.
Deutschland
Die Website No Tricks Zone hat am 27. Juli einen Bericht über die Stromproduktion in Deutschland für das erste Halbjahr 2021 veröffentlicht. Der Beitrag von No Tricks Zone basiert auf Daten, die auf der deutschen Website Die kalte Sonne zusammengestellt wurden.
Und die Antwort lautet, dass Deutschland in der ersten Hälfte des Jahres 2020 die Marke von 50 % seines Stroms aus „erneuerbaren Energien“ erreicht hatte. Im Jahr 2021 sank dieser Anteil jedoch wieder auf 43 %:
„Der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch ist im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr von 50 % auf 43 % gesunken“, berichtet „Die kalte Sonne“.
Was war geschehen? Der Wind weht einfach nicht mehr so stark:
„Die Produktion von Windenergie an Land und auf See ging um 20 % zurück.“ . . . Der Grund für den starken Rückgang ist den Ergebnissen zufolge auf ungünstige Wetterbedingungen zurückzuführen. „In diesem Jahr war es vor allem im ersten Quartal besonders windstill. …“
Hat also die Solarenergie den Rückstand aufgeholt? Leider nein:
„Die Sonnenleistung war gering. . . . Die Solarenergieleistung stieg um bescheidene 2 %.“
Wie hat Deutschland also die Differenz aufgeholt? Die Antwort ist nicht überraschend:
„Die Kohleenergie erlebte eine Renaissance. Braunkohlekraftwerke produzierten 45,8 Terawattstunden des Nettostroms – das ist der Strommix, der aus der Steckdose kommt. Das ist ein starker Anstieg um 37,6 % gegenüber 2020, als nur 33,6 Terawattstunden erzeugt wurden. Auch die Nettoproduktion der Steinkohlekraftwerke ist gestiegen, und zwar um 38,9% auf 20,4 Terawattstunden nach 14,4 Terawattstunden im Jahr 2020.“
Im Grunde ist Deutschland an die Grenze dessen gestoßen, was durch den Zubau von Wind- und Solarkraftwerken erreicht werden kann. Um den angestrebten höheren Marktanteil der „erneuerbaren“ Energien zu erreichen, müssen große und schnell wachsende Mengen an netzgekoppelten Speicherkapazitäten installiert werden. Bislang haben sie mit diesem Prozess kaum begonnen.
Kalifornien
Vielleicht erinnern Sie sich an die enthusiastische Schlagzeile der LA Times vom 29. April: „California just hit 95% renewable energy“. Der 29. April war genau der Tag, an dem Präsident Biden sein Ziel verkündet hatte, bis 2030 80 % des US-Stroms aus „erneuerbaren Energien“ zu gewinnen. Jetzt zeigte Kalifornien der Welt bereits, dass es weit voraus war und im Grunde den ganzen Weg bis zum Ziel zurückgelegt hatte:
Am Wochenende geschah etwas Bemerkenswertes: Kalifornien hat fast 95 % erneuerbare Energien erreicht. Ich sage es noch einmal: 95 % erneuerbare Energien. So viel Zeit wir auch damit verbringen, darüber zu sprechen, wie wir 100 % saubere Energie erreichen können, so scheint dies doch manchmal noch in weiter Ferne zu liegen, ganz gleich, ob es sich um das kalifornische Ziel für 2045 oder das aggressivere Ziel von Präsident Biden für 2035 handelt. Doch am Samstag, kurz vor 14.30 Uhr, kam eine der größten Volkswirtschaften der Welt diesem Ziel einen Steinwurf näher.
(Hervorhebung im Original {= der LA Times})
Aber vielleicht sollten wir uns jetzt noch nicht zu sehr freuen. Erstens: Obwohl der Autor (Sammy Roth) von „95 % erneuerbaren Energien“ spricht, stellt sich beim weiteren Lesen heraus, dass er nur von Strom spricht, der nur etwa 30 % des Energieverbrauchs ausmacht. Und wie lange haben die erneuerbaren Energien die 95 % des Stromverbrauchs gedeckt?
Die Zahl von 94,5 % am Samstag – ein Rekord, wie mir der California Independent System Operator bestätigte – war nur von kurzer Dauer, nämlich nur vier Sekunden lang.
Wie sieht es also im Laufe mehrerer Monate oder eines Jahres wirklich aus? Dazu müssen Sie die Jubelreporter der MSM ignorieren und versuchen, einige allgemeine Statistiken zu finden. Hier sind die Zahlen der California Energy Commission für das gesamte Jahr 2020. Der Gesamtbeitrag der „erneuerbaren Energien“ zur Stromversorgung soll 33,09 % betragen. Darin enthalten sind jedoch 2,45 % aus „Biomasse“, 4,89 % aus „Erdwärme“ und 1,39 % aus „kleinen Wasserkraftwerken“. Zieht man diese ab, verbleiben 24,36 % aus Wind- und Sonnenenergie. Und da Elektrizität nur etwa 30 % des Endenergieverbrauchs ausmacht, bedeutet dies, dass Wind und Sonne nur etwa 8 % des gesamten Energieverbrauchs in Kalifornien ausmachen.
Auf der Website des California’s Independent System Operator (CAISO) findet sich ein Diagramm für die tägliche Stromerzeugung, das das Problem drastisch veranschaulicht. Der Spitzenbedarf an Strom in Kalifornien liegt bei etwa 40 GW und tritt in der Regel zwischen 18 und 20 Uhr auf. Die überwiegende Mehrheit der „erneuerbaren“ Produktion stammt aus der Solarenergie. Die derzeitige Solarkapazität liefert an einem sonnigen Hochsommertag wie heute etwa 12 GW von etwa 9 Uhr morgens bis 17 Uhr abends – und in der übrigen Zeit, auch während des Spitzenverbrauchs, nichts. Im Winter liegt die Leistung eher bei 8 GW von 10 Uhr morgens bis 16 Uhr nachmittags und in der restlichen Zeit bei Null. Bislang gibt es so gut wie keine netzweite Energiespeicherung. Abends werden die Erdgaskraftwerke hochgefahren, und es wird Strom aus Arizona und Nevada importiert – hauptsächlich Erdgas, Kernkraft und Kohle. Fast 30 % des kalifornischen Stroms stammen aus Importen aus den Nachbarstaaten.
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Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE