Horst D. Deckert

Deutschland 2022: Wehrlos, schutzlos, sturmreif

Museale Ernstfallvorbereitungen: Stillgelegter Luftschutzbunker in Berlin-Tempelhof (Symbolbild:Imago)

Deutschland steht dieser Tage in jeder nur erdenklichen Hinsicht blank da, was die Sicherheit seiner Bürger anbelangt: Diese können von ihrem Staat, dem sie rechnerisch mehr Geld in Form von Steuern, Abgaben und Gebühren übereignen müssen als je zuvor in der Geschichte, die elementare Aufgabe des Zivilschutzes nicht einmal mehr ansatzweise erwarten. Ohne den postpandemischen Folgeschock einer zwar irrationalen, aber perspektivisch auch nicht völlig abwegigen „Kriegsangst“ wäre dies zwar niemandem aufgefallen – doch wie wenig wir auf keinen Ernstfall vorbereitet sind, bestätigte dieser Tage nun die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion. In dieser gab das Bundesinnenministerium bekannt, dass es derzeit in Deutschland noch 599 Luftschutzbunker gibt, die im Kriegsfall ganzen 487.598 Menschen Platz böten –  etwas mehr als 0,5 (!) Prozent der Bevölkerung. Somit könnte also im Ernstfall eines luftgestützten Angriffs oder Raketenbeschusses weniger als einer von 160 Bürgern Bürger Unterschlupf finden.

Im gesamten Osten des Landes gibt es dabei, bis auf Berlin, gar keine Schutzräume. In Baden-Württemberg sind es 220, in Bayern 156. Das Ministerium ergänzt beschwichtigend in seiner Stellungnahme, allerdings zusätzlich gebe es ja auch noch viele U-Bahn-Stationen, Tiefgaragen und Kellerräume, die „aufgrund der in Deutschland im allgemeinen flächendeckend vorhandenen soliden Bausubstanz einen guten Grundschutz“ böten. Denn solle nun, „vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges”, gemeinsam mit den Ländern eine Bestandsaufnahme des Zustands der vorhandenen Räume und eine Überprüfung des aktuellen Rückbaukonzepts durchgeführt werden. Dieses war nach dem Ende des Kalten Krieges – aus der seitherigen naiven Überzeugung heraus, Kriege und militärische Konflikte gehörten für alle Zeiten der Vergangenheit an – beschlossen worden; im Zuge dessen waren auch die öffentlichen Schutzräume aus der sogenannten „Zivilschutzbindung” entlassen und ihren Besitzern zur vollen Eigennutzung überlassen worden.

Katastrophale Leichtsinnigkeit

Auch ohne die aktuelle Situation in der Ukraine kann diese voreilige Fahrlässigkeit nur als verantwortungslos bis verbrecherisch bezeichnet werden – wenn sie sich auch in eine ganze Reihe weiterer gezielte Maßnahmen einreiht, mit denen die politisch gewollte Auslieferung und Wehrlosigkeit der eigenen Bevölkerung gegen potentielle externe Gefahren auf die Spritze getrieben wurden – von der Abschaffung der Wehrpflicht, der systematischen Aussetzung des Außengrenzschutzes bis hin zur Beseitigung zivilschutzlicher Frühwarnmaßnahmen (wie etwa öffentlichen Sirenenwarnungen). Diese Entwicklung muss als gezielte Destabilisierung und Selbstamputation Deutschlands gesehen werden und fügt sich damit in das 16-jährige Volks- und Heimatzerstörungswerk der Merkel-Regierung ein, welches Deutschland in jeder Hinsicht sturmreif gemacht und so nackt wie ungeschützt zurückgelassen hat.

Der bayerische Bauminister Christian Bernreiter (CSU) bringt die Naivität der deutschen Politkaste, die diesen schleichenden Prozess – sei er nun Unfähigkeit oder tatsächlich einer Agenda geschuldet gewesen – nicht wahrhaben wollte, auf den Punkt: „Wir haben gedacht, wir leben in einer besseren Welt.” Und mit Blick auf den Ukraine-Konflikt fährt er fort: „So einen Krieg auf europäischem Boden hatte niemand erwartet.“ Die potentiell katastrophalen Folgen dieser Leichtsinnigkeit soll nun in aller Eile, so wie auch bei dem 100 Milliarden Euro umfassenden Aufstockungspaket für die Bundeswehr, zumindest rudimentär abgemildert werden – ein hektischer Aktionismus, der die jahrzehntelangen Versäumnisse strukturell nicht ungeschehen machen kann. Mit Blick auf den Ausbau einer subsidiären Zivilschutz-Infrastruktur fordert Bernreiter auch eine Wiedereinführung der Zuschüsse für wenigstens solche Tiefgaragen, die einst „als Sicherungsanlagen für kriegerische Auseinandersetzungen ausgebaut wurden.

Zur Farce verkommener Zivilschutz

Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Stephan Brandner, bezeichnete es als beschämend, dass im Ernstfall nicht einmal eine halbe Million Menschen in den 599 Schutzräumen unterkäme: „Sämtliche Regierenden haben das Thema naiv über sehr lange Zeit vernachlässigt. Nun muss, ähnlich wie in vielen anderen Bereichen viel Versäumtes aufgeholt werden, was viele Jahre dauern wird.” Ironie der Ereignisse: Ausgerechnet die AfD, jene Partei, die das bodenlose Staatsversagen und die Untätigkeit des Bundesinnenministeriums zu Recht geißelt, wird vom – eben diesem Bundesinnenministerium unterstellten – Verfassungsschutz als „rechtsextremer” Verdachtsfall beobachtet. DAS sind als die einzigen Sorgen und Prioritäten, die eine doktrinär betriebene Kaste völlig unfähiger und wirklichkeitsblinder Regierender in Deutschland hat.

Diese Farce der rückgebauten Zivilschutzvorkehrungen und einer aus dem Bewusstsein verdrängten Landesverteidigung malen abermals das Bild eines völlig maroden Landes, das seine elementarsten Sicherheitsbedürfnisse seit Jahrzehnten vernachlässigt, seine Infrastruktur kaputtgespart, sein Militär bis zur Einsatzunfähigkeit ruiniert hat, sich nicht gegen Naturkatstrophen wie Hochwasser schützen kann und seine Energieversorgung in einem leichtfertigen Akt ideologischen Wahnsinns aufs Spiel setzt. Hier rächt sich auch abermals die anhaltende Negativauslese des deutschen Parteiensystems, die inkompetente Zivilversager und egozentrische Funktionäre mit fast derselben Zuverlässigkeit an die Spitze befördert, wie dies einst im realexistierenden Sozialismus der Fall war: Anstelle verantwortungsbewusster Fachleute gelangen opportunistische Karrieristen in Positionen gespült, wo sie dann weder den Willen noch die Fähigkeit aufbringen, ihren Aufgaben gerecht zu werden. Stattdessen ist die Sorge um den Erhalt ihrer Posten ihre einzige Sorge – wie das jüngst aufgedeckte Verhalten der damaligen rheinland-pfälzischen Umweltministerin und heutigen Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) beim letztjährigen Ahrtalhochwasser in seiner ganzen Schäbigkeit zeigte.

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