Horst D. Deckert

Die Baaders – zwei Karrieren in Deutschland

Deutsches Andenken: Andreas Baader (l.), linke Ikone; Roland Baader (r.), vergessener Liberaler (Fotos:XP/ScreenshotYoutube,Twitter)

Andreas Baader

Geboren 1943 in München. Die ersten fünf Jahre aufgewachsen bei der Großmutter, ab 1949 dann in einem drei Frauen-Haushalt mit Mutter, Großmutter, Tante. Der Vater war aus dem Krieg nicht zurückgekehrt. Als wichtige Bezugsperson bis ins Erwachsenenalter hinein galt der Tänzer Michael Kroecher. Obwohl als begabt geltend, flog Baader wegen undisziplinierten und gewalttätigen Verhaltens von mehreren Schulen. Er erlernt keinen Beruf, hat eine Vorliebe für schnelle Autos, die er vorzugsweise stiehlt und ohne Führerschein fährt. Baader wird „polizeibekannt”. Er pflegt eine bisexuelle Aura, schminkt sich, besucht Schwulenclubs und knüpft Kontakte zur Studentenbewegung und der sogenannten Kommune 1.

1967 beginnt er ein Verhältnis mit der Marxistin Gudrun Ensslin und übernimmt als bis dato weltanschaulich Ungeschulter deren Weltbild. Nachdem im Mai 1967 bei einem Brand im Brüsseler Kaufhaus À l’innovation 323 Menschen ums Leben kommen, feiert die Kommune 1 in mehreren Flugblättern diese Katastrophe als antiimperialistisches Fanal und fragt: „Wann brennen in Berlin die Kaufhäuser?” Baader und Ensslin entschließen sich auch in der Bundesrepublik „Zeichen zu setzen”. Beide legen Brandsätze in Frankfurter Kaufhäusern und landen für drei Jahre im Zuchthaus. Wir schreiben 1968.

1970 wird Andreas Baader auf einem beantragten Ausgang in einer spektakulären Befreiungsaktion mit Waffengewalt befreit. Beteiligt ist Ulrike Meinhof. Beide gründen mit Gleichgesinnten die Rote Armee Fraktion. Es folgen eine Ausbildung in einem Lager der Palästinenserorganisation Al-Fatah in Jorndanien und kurz darauf Sprengstoffanschläge, Einbrüche, Banküberfälle und Fahrzeugdiebstähle in verschiedenen deutschen Städten. Baader wird nach einem Schusswechsel verhaftet und nach zweijähriger Verhandlung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Nachdem 1977 der Versuch der RAF im sogenannten „Deutschen Herbst“ gescheitert war, Baader und Komplizen mittels einer beispiellosen Terrorserie aus Geiselnahmen, Morden und Flugzeugentführungen aus der Justizvollzugsanstalt Stammheim freizupressen, setzen Baader und Ensslin ihrem Leben mittels einer vom Anwalt eingeschmuggelten Pistole ein Ende. Andreas Baader gilt vielen Deutschen heute als eine „fest im kulturellen Gedächtnis verankerte Ikone”.

Roland Baader

1940 in Nordbaden als Sohn eines Schneidermeisters als Ältester von drei Brüdern geboren, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, besucht er die Volksschule, das Gymnasium, erlangt das Abitur. Es folgen Bankpraktikum, Studium der Nationalökonomie, Gaststudium in München, Abschluss als Diplomvolkswirt. Wir schreiben 1968.

Es folgt, gemeinsam mit Vater und Brüdern, der Aufbau eines Familienunternehmens zu einem gemischten Produktions- und Handelsbetrieb mit über 2.000 Mitarbeitern, deren Geschäftsführung Roland Baader nach dem Tod des Vaters übernimmt.

1969 heiratet Roland Baader die studierte Philologin und Künstlerin Uta Hufschmid. Beide bekommen drei Kinder. Im Jahr 1986/87 folgen die Teilauflösung und Verkauf des Unternehmens wegen starker Marktveränderungen. Weitgehender Verlust des Privatvermögens – überwiegend durch eine Abfindung an die Belegschaft sowie Tilgung der Verbindlichkeiten.

Ab 1988 Aufnahme der Tätigkeit als freier Autor. Das Werk von Roland Baader umfasst 11 Bücher, 3 Broschüren, 15 Buchbeiträge und über 200 Beiträge und Artikel in Zeitschriften und Zeitungen, darunter Beiträge zur Entwicklung eines nicht staatsmonopolistischen Geldsystems. Ab 1996 ist Baader Mitglied der Mont Pèlerin Society. Er gilt unter ökonomisch und gesellschaftstheoretisch Interessierten als bedeutender wortgewaltiger Vertreter des klassischen Liberalismus, als der Lehre von der friedlichen Entwicklung der Menschen in einer freien Gesellschaft: „Freiheit ist kein Geschenk, sondern eine Aufgabe!

Roland Baader verstarb am 08. Januar 2012. Im kollektiven Gedächtnis Deutschlands spielt Roland Baader heute eine untergeordnete Rolle.

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