Melzer war bis März 2022 UN-Sonderberichterstatter für Folter. In dieser Funktion kritisierte er das gewaltsame Vorgehen der Polizei bei Corona-Demonstrationen in Deutschland. Ihm seien während der Pandemie Übergriffe von deutschen Polizisten gemeldet worden. Nach mehreren Fällen von Polizeigewalt im Sommer 2021 in Berlin intervenierte Melzer und forderte von der Bundesregierung eine Stellungnahme. So wurde die Polizei bei einer Demonstration am 1. August angewiesen, mit «niedriger Eingriffsschwelle» vorzugehen.
Melzer spricht in einem Die Welt–Interview, in dem er das Fazit aus den Gesprächen mit der Bundesregierung zieht, von «Systemversagen» in Deutschland beim Umgang mit Polizeigewalt und erklärte, er finde die Reaktion der Regierung bedenklich. So sei diese der Ansicht, es sei verhältnismässig gewesen, dass Polizisten beispielsweise einen nicht aggressiven Demonstranten vom Fahrrad stiessen und auf den Boden warfen, so RT in einem Artikel. Melzer:
«Die Wahrnehmung der Behörden, was verhältnismässig ist, ist verzerrt.»
Zahlreiche Szenen von Polizeieinsätzen würden dokumentieren, wie Beamte «eindeutig exzessive Gewalt» einsetzten, während die umstehenden Polizisten «einfach zuschauten oder sogar mithalfen», so Melzer. Er spricht bei diesem Hinnehmen und Mitmachen von einem deutlichen Hinweis auf eine etablierte «Kultur der Toleranz für Polizeigewalt».
Ausserdem habe Melzer die Bundesregierung um eine Statistik gebeten, wie viele Polizisten wegen unverhältnismässiger Gewalt belangt würden. Diese würden insgesamt den Eindruck von De-facto-Straflosigkeit erwecken. Melzer ist der Meinung: «Die Behörden sehen gar nicht, wie blind sie sind.» Die Kontrolle der Polizei in Deutschland funktioniere nicht. So würden Demonstranten häufig in Schnellverfahren abgeurteilt, während Verfahren gegen Polizisten eingestellt würden oder «verschleppt, bis niemand mehr hinschaut». Melzer bedauert:
«Die Polizei scheint der Irrmeinung zu sein, dass jede ihrer Massnahmen um jeden Preis durchgesetzt und sogar rein verbale Widerrede sofort mit Gewalt gebrochen werden muss.»
Melzer hat seine abschliessende Einschätzung am 28. März an die Bundesregierung übermittelt. Es dauert 60 Tage, bis das UN-Büro für Menschenrechte diese veröffentlicht. Mehr zu Melzer bei Corona-Transition hier.