Horst D. Deckert

Die Treffen des IWF und der Weltbank in dieser Woche sollen ein «Bretton Woods»-Moment für die Weltwirtschaft werden

Janet Yellen, die ehemalige Vorsitzende der Federal Reserve, habe eine Abneigung gegen alarmistische Rhetorik, schreibt Nicole Goodkind in Fortune. Dies verleihe den weitreichenden Plänen, die Yellen am Montag in ihrer ersten grossen Ansprache als Finanzministerin der Regierung Biden übermittelte, erhebliches Gewicht.

Die Ökonomin verglich die bevorstehenden Treffen in Argentinien mit der Bretton Woods-Konferenz von 1944, einem Treffen, das das internationale Währungssystem nach dem Zweiten Weltkrieg neu definierte und eine neue Weltordnung schuf.

Yellen sagte:

«Obwohl es eine andere Zeit war, kann ich mich in das enorme Gewicht einfühlen, mit dem sie (1944) konfrontiert waren. Der Druck, nach einer globalen Katastrophe beim Aufbau eines dauerhaften und miteinander verbundenen Systems zur Förderung von Frieden und Wohlstand auf der ganzen Welt zusammenzukommen.»

«Unser aktueller Zeitpunkt ist nicht weniger bedeutsam – was wir in den kommenden Monaten und Jahren tun, wird tiefgreifende Auswirkungen auf die Entwicklung unseres Landes und auf die globale Wirtschaftsordnung haben.»

Ein Unterschied zwischen den beiden Treffen werde die grössere Vielfalt sein. Die neue Welt nach Covid, sagte sie, würde nun die Stimmen von Frauen sowie verschiedener Vertreter aus allen Teilen der Welt umfassen.
In ihrer Rede betonte Yellen, dass eine neue Weltwirtschaft auf Vielfalt und Inklusion beruhen müsse.

Die Bretton Woods-Konferenz habe eine Wirtschaft geschaffen, in der «wir den Handel als Wachstumsmotor angesehen haben, aber diejenigen vernachlässigt haben, die nicht davon profitiert haben».

Yellen forderte insbesondere einen globalen Mindeststeuersatz für Unternehmen. Welche Länder mitmachen würden, ist allerdings noch unklar. Diese Absicht fällt natürlich mit den den Plänen von Präsident Biden zusammen, den US-Unternehmenssatz von 21% auf 28% anzuheben, um seinen Infrastrukturplan in Höhe von 2 Billionen US-Dollar zu finanzieren.

Eine globale Vereinbarung über einen Mindestsatz würde die Anreize für US-Unternehmen verringern, offshore zu verlagern, um Steuern zu sparen. Es gehe darum sicherzustellen, dass die Regierungen über stabile Steuersysteme verfügen, die ausreichende Einnahmen erzielen, um in wesentliche öffentliche Güter zu investieren. Ausserdem gehe es darum, auf Krisen zu reagieren und dass alle Bürger die Last der Finanzierung der Regierung gerecht teilen.

Yellen stand kürzlich in der Kritik, weil sie nach ihrem Ausscheiden bei der US-Notenbank als hoch bezahlte Rednerin aufgetreten war. So habe sie auf diese Art Hunderttausende Dollar von Credit Suisse und UBS kassiert. Die Beziehungen zwischen der Finanzindustrie und der Regierung in Washington seien traditionell eng, war im Bund vom Januar dieses Jahres zu lesen. Janet Yellen bilde hier keine Ausnahme. Nun müsse sie beweisen, dass sie unabhängig von den Wallstreet-Banken sei. Yellen kehrt als Finanzminsterin in die Politik zurück und muss nun exakt jene Banken beaufsichtigen, von denen sie sich in den vergangenen Jahren als gut bezahlte Rednerin engagieren liess.

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