Horst D. Deckert

Digitale Ausweise: Der nächste Schritt in Richtung Totalüberwachung

Am 7. März stimmen die Schweizer Stimmbürger über das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste (E-ID) ab. Das Gesetz sieht vor, dass Personen künftig im Internet mit der E-ID eindeutig identifiziert werden können, damit sie Waren und staatliche oder private Dienstleistungen sicher online bestellen können.

Mit der E-ID soll festgestellt werden, dass jemand auch wirklich die Person ist, als die sie sich online ausgibt. Dies ist sodann auch eines der Argumente der Befürworter: Sicherheit. Für die E-ID würden strenge Regeln des Datenschutzes gelten. Zudem blieben die Daten in der Schweiz, heisst es.

Von Seiten der Gegner zielt die Kritik bisher weitgehend darauf ab, dass neben staatlichen Stellen künftig private Firmen einen amtlichen Ausweis herausgeben sollen und dieser damit kommerzialisiert wird – eine Praxis, die bereits heute existiert, zu den bekanntesten Playern im Markt zählt in der Schweiz die Swiss Sign Group.

Mit dem neuen Gesetz würden Unternehmen wie Banken und Versicherungen an die Stelle von Passbüros treten. Diese Firmen könnten damit in Zukunft sensible Daten der Bürgerinnen und Bürger verwalten, was ihnen die Möglichkeit gibt, private Daten für ihre Geschäfte auszunutzen, lautet eine häufige Argumentationslinie.

Enormen Druck aufgebaut

Was bisher jedoch weitgehend unberücksichtigt blieb: Neben dieser berechtigten Kritik geht noch eine weitere Gefahr vergessen. Mit der Vorlage werden gleichzeitig die Voraussetzungen für einen späteren Zwang geschaffen – ähnlich wie bei den Impfungen.

Künftig könnte es schwierig werden, auf eine E-ID zu verzichten. Zwar steht im E-ID-Gesetz, dass der Ausweis freiwillig sei. Doch hierbei könnte es sich um ein Feigenblatt handeln. Dazu schreibt der deutsche Wirtschaftsjournalist Norbert Häring, der sich seit Längerem intensiv mit digitalen Identitäten auseinandersetzt:

„Wenn einmal die meisten ‘freiwillig’ die Nummer beantragt haben, wird es nicht lange dauern, bis auch der Staat sie verwendet und damit zur Pflicht macht. Welche Mehrheit soll dann noch dagegen stimmen? Die scheinbare Freiwilligkeit der Datenweitergabe ist das Prinzip, das Accenture und das Weltwirtschaftsforum zusammen mit der US-Homeland-Security im Rahmen des Projekts Knwon Traveller Digital Identity entwickelt haben, um Datenschutzhindernisse auf dem Weg zur Totalüberwachung zu umgehen.“

Als problematisch erachtet Häring, dass sich durch die E-ID-Nummer sehr leicht Informationen über die jeweilige Person zusammenführen lassen. „Dadurch werden die Menschen völlig gläsern und sehr leicht überwachbar, egal ob von Bern, Berlin, Brüssel, Mountain View oder Fort Meade aus.“ Härings Abstimmungsempfehlung ist deshalb eindeutig:

„Das ist der Hauptgrund, warum die Schweizerinnen und Schweizer ihr wertvolles direktdemokratisches Recht nutzen sollten, nein zu den Regierungsplänen zu sagen und den Totalüberwachungstechnokraten mit ihrer ID2020-Initiative einen dicken Knüppel zwischen die Beine zu werfen.“

Rockefeller Foundation als Sponsor

Zu berücksichtigen gilt es zudem: An digitalen Ausweisen wird bereits seit Längerem gearbeitet. Ein besonders prominentes Beispiel ist die Organisation ID2020 aus New York. Sie arbeitet an einer transnationalen digitalen Identität, bei der alle Informationen über jeden Einzelnen zusammenfliessen sollen: Ausbildungs- und Impfnachweise, Finanzstatus bis hin zu den vom Smartphone produzierten Daten.

Zu den Unterstützern von ID2020 zählen Microsoft, die GAVI-Impfstoff-Allianz, die Rockefeller Foundation sowie das International Rescue Committee (IRC). Zu den Kooperationspartnern gehören die US-Regierung, die EU-Kommission und das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Besonders aktiv an digitalen Ausweisen arbeitet die Rockefeller Foundation. Sie hat schon 2019 die erste Anschubfinanzierung von 300’000 Dollar für The Commons Project bereitgestellt. Beim The Commons Project handelt es sich um eine Stiftung, die nach eigenen Angaben “die Entwicklung und Strukturierung eines neuen Organisationsmodells zur Entwicklung, Finanzierung und Umsetzung von digitalen öffentlichen Infrastrukturprojekten” vorantreibt.

Wirtschaftseliten stehen hinter E-ID

Letztes Jahr bekam The Commons Project dann weitere 500’000 Dollar von der Rockefeller Stiftung. Dies, um Instrumente zu entwickeln, mit denen Gesundheits- und andere persönliche Daten verwaltet werden sollen. Vor diesem Hintergrund schreibt Häring über das anvisierte E-ID-Gesetz: „Die Schweizer Lösung mit den privaten Anbietern von Identifikationsdiensten ist zufällig ideal für die Umsetzung dessen, was The Commons Project plant, der zufällig im schweizerischen Genf ansässige Ableger der Rockefeller-Stiftung.“

Bereits letzten Herbst berichtete Häring über The Commons Project. Die Stiftung entwickelte sich im vergangenen Jahr zu einer weltweit bestens vernetzten Organisation mit Zugang zu den obersten Etagen der Politik. So wurde unter anderem ein Aufsichtsrat (Board of Trustees) einberufen, mit 62 hochrangigen Vertretern von Unternehmen und Organisationen aus 24 Ländern und allen Weltgegenden.

Hauptsitz der Stiftung ist Genf. Dazu Häring: “Man ist nah am Weltwirtschaftsforum und an verschiedenen UN- und sonstigen internationalen Organisationen, unter anderem der Luftfahrt. Vertreten sind natürlich die Rockefeller-Foundation mit ihrem Präsidenten, Blackrock, JP Morgan, verschiedene UN-Organisationen und viele Unternehmen und Verbände der Gesundheitsbranche.”

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