Horst D. Deckert

Dr. Norbert van Handel – Zum Ukraine Problem

Das so genannte Minsker Abkommen wurde am 5. September 2014 von der Ukraine, Russland und der OSZE unterzeichnet. Schwerpunkt war der Punkt 3 des Protokolls, wo die Dezentralisierung der Macht in der Ukraine verwirklicht werden sollte. Unter anderem durch die Verabschiedung eines ukrainischen Gesetzes „über die vorübergehende Ordnung der lokalen Selbstverwaltung in bestimmten Regionen der Gebiete Donezk und Luhansk (Gesetz über den Sonderstatus)“.
Am 12. Februar 2015 wurde von Teilnehmern der so genannten trilateralen Kontaktgruppe: Angela Merkel für Deutschland, François Hollande für Frankreich, Präsident Poroschenko für die Ukraine, sowie Präsident Wladimir Putin und die Milizenführer der selbst proklamierten und international bisher nicht anerkannten „Volksrepubliken“ Luhansk bzw. Donezk, der Maßnahmenkomplex zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen unterzeichnet. Das Abkommen konkretisierte das Minsker Protokoll vom 5. September 2014, vor allem nach der so genannten zweiten Schlacht um den Flughafen Donezk.
Historiker führten aus, dass in den Abkommen Russland zu nichts verpflichtet wird. Sämtliche Verpflichtungen würden von den Separatisten, nicht aber von Russland, übernommen werden. Es scheint somit mehr als fraglich, inwieweit Russland tatsächlich jetzt völkerrechtswidrig vorgegangen wäre. In jedem Fall war es ein einseitiger Schritt, der ein schon bestehendes politisches Vakuum beendete.
Letztendlich war es für Russland eine Frage der Sicherung seiner Einflusssphäre an seiner westlichen Grenze. Immer wieder kommt einem dabei der vor kurzem getätigte Ausspruch des Nato-Generalsekretärs Stoltenberg unter, der schlechthin Russland absprach, eine „Einflusssphäre“ zu haben. Stellt man diese seltsame Ansicht einmal in Vergleich zu den stetigen imperialen Maßnahmen der USA, so kann man nur den Kopf schütteln.

Die USA hat in etwa 23 Kriegen seit 1945, von denen viele mit Sicherheit völkerrechtlich nicht begründet waren, versucht ihre Interessensphäre über die ganze Welt zu verteilen. In einer 2018 vom renommierten Forsa Institut publizierten Studie geht für 79 Prozent der Deutschen die größte Gefährdung des Weltfriedens von den USA aus. Nur 13 Prozent fanden, dass Putin eine Gefahr für die Welt wäre. Das internationale Recht, dessen völkerrechtliche Verpflichtungen selten eingehalten werden, entwickelt sich oder war es immer, nach wie vor zu einer normativen Kraft des Faktischen. Ob man das will oder nicht, es ist Tatsache. Politisch wird es darauf ankommen, ob der russische Präsident, nach Anerkennung von Luhansk und Donezk zu eigenen Volksrepubliken, diesen Status wahrt, ohne dass weitere Maßnahmen zum Anschluss der Ukraine an Russland getätigt werden.

Viele meinen, dass der gesamte Konflikt mehr oder minder in der Einflusssphäre der russischen Föderation liegt und demnach im Wesentlichen deren Problem ist. Auf jeden Fall ist es kein „Krieg“! Jedenfalls sind Sanktionen das ungeeignetste Mittel, um Russland zu einer Änderung seiner Politik zu zwingen. Sanktionen schaden allen Beteiligten und in diesem Fall besonders, wenn sie etwa dazu führen würden, dass North Stream 2 endgültig gestorben ist. Es wäre jetzt mehr denn je Aufgabe der neutralen Staaten und insbesondere Österreichs, eine starke Vermittlungsposition einzunehmen, um weitere Eskalationen zu vermeiden. Österreich hat derzeit keine Luftraumverteidigung, was jeder Neutralität nach „Schweizer Muster“ (wie es in den Staatsvertrag Verhandlungen vorgesehen war) widerspricht. Allenfalls wäre dringendst ein Zusammengehen mit der Schweiz, wie auch immer, anzudenken.Leider scheint die österreichische Außenpolitik derzeit dazu weder Willens noch in der Lage. Dazu müsste es einen Außenminister geben, der sein Geschäft versteht, was nicht der Fall zu sein scheint. Als politischer Beobachter darf man mit Interesse die weitere Politik beobachten. Erfreulich war sie nicht, ist sie nicht und wird sie, so fürchten wir, auch in Zukunft nicht sein.

Dr. Norbert van Handel                                            22.02.2022, Steinerkirchen a.d. Traun

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