Die #Delta-Variante bringt uns offensichtlich doch noch alle um: Das #Robert-Koch-Institut (RKI) hat am frühen Dienstagmorgen vorläufig doch noch 440 mutmaßliche #Corona-Neuinfektionen gemeldet. Das waren 8,9 Prozent oder 36 „Fälle“ mehr als am Dienstagmorgen vor einer Woche. Die #Inzidenz sank trotzdem laut RKI-Angaben von gestern 5,0 auf heute 4,9 neue Fälle je 100.000 Einwohner innerhalb der letzten sieben Tage.
Dass die Zahl der neuen „Fälle“ gegenüber der Vorwoche steigt, der Inzidenzwert aber gleichzeitig sinkt, ist nur möglich, weil das RKI aktuell zahlreiche Nachmeldungen aus früheren Zeiträumen hat, die in die Inzidenzwertberechnung nicht mehr eingehen. Insgesamt geht das Institut laut der vorläufigen Zahlen derzeit von rund 10.000 positiv Getesteten aus, das sind etwa 3.900 weniger als vor einer Woche.
Da schrillen selbstverständlich sämtliche Alarmglocken. Hier mal wieder die größte und schrillste von allen:
SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach schlägt vor, dass künftig nicht nur in Arztpraxen und Impfzentren, sondern auch in „Ausgehmeilen“ geimpft wird. „Es muss Freitag- und Samstagabends mobile Impfstationen an belebten Plätzen geben, wo sich viele Leute treffen, auch vor Bars und Clubs“, sagte Lauterbach dem Portal „Business Insider“. Der Gedanke dahinter: Man solle „mit den Impfungen dorthin gehen, wo die Menschen sind“.
Die Hürden zur Impfung müssten so weit wie möglich abgesenkt werden. In Israel und den USA habe man mit ähnlichen Angeboten großen Erfolg gehabt. In Deutschland fallen inzwischen immer mehr Impftermine in Impfzentren aus.
Und auch in Arztpraxen scheint sich die Impfgeschwindigkeit zu reduzieren. Als Erklärung geben Mediziner die Urlaubszeit an. Zum Vorschlag von Kassenärzte-Präsident Andreas Gassen, dass alle Corona-Maßnahmen für vollständig Geimpfte im September wegfallen sollen, äußerte sich Lauterbach kritisch.
„Das ist noch Monate hin, bis dahin wissen wir nicht, wie die Situation hinsichtlich Virus-Mutationen, Fallzahlen, Impfquoten und der Situation an den Schulen sein wird – jetzt schon so ein Versprechen zu machen, ist nicht hilfreich. Das schafft Erwartungen, die man am Ende womöglich nicht halten kann.“ Lauterbach schlägt im Gegensatz dazu vor, auf Sicht zu fahren und kurzfristig zu entscheiden.
Mit Blick auf die Situation im Vereinigten Königreich sagte Lauterbach, die Lage bereite ihm Sorgen. „Es ist riskant, jetzt wo die Fallzahlen steigen, das Ende der Maskenpflicht am 19. Juli zu versprechen.“ Besonders der Plan, auch Theater und Clubs zu öffnen, werde zu mehr Ansteckungen führen. Lauterbach sagte: „Das Kalkül ist anscheinend, dass man trotz hoher Fallzahlen auf nur wenige Tote hofft – ein riskanter Weg. Zudem nimmt man in Kauf, dass viele Menschen an Long-Covid erkranken.“
Hier weitere aktuelle Meldungen aus der Corona-Hölle:
Montgomery: Herdenimmunität „kurzfristig nicht erreichbar“
Eine Herdenimmunität gegen das Coronavirus ist nach Ansicht von Weltärzte-Präsident Frank Ulrich Montgomery „kurzfristig nicht erreichbar“. „Menschen, die skeptisch sind, müssen wir überzeugen. Die zehn Prozent, die sich ums Verrecken nicht impfen lassen wollen, werden ihre Immunität erreichen, indem sie eine Erkrankung durchmachen“, sagte Montgomery den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben).
Das werde dann auch geschehen, „wenn wir alle Vorsichtsmaßnahmen fallen lassen“. Der Anteil der Geimpften und Genesen müsste bei rund 85 Prozent liegen, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Der Schlüssel zum Erfolg sei eine möglichst hohe Durchimpfung der Bevölkerung, so Montgomery.
Man müsse Anreize setzen, damit sich mehr Menschen impfen lassen. Viele Impfverweigerer der zweiten Runde seien auch solche, die Astrazeneca nicht haben wollen. „Die Vakzine kann man verschenken.“
Die Weltgesundheitsorganisation WHO habe in einem Symposium vor dem Vatikan berichtet, dass zehn Staaten auf der Welt 80 Prozent der Impfstoffe verimpft hätten. Die Chance eine Impfung zu bekommen, sei in Afrika 62 Mal mal geringer als in den USA. Bisher sei nur ein Prozent der Afrikaner geimpft.
„Es ist in unserem Interesse, dass all die Länder um uns herum dieselbe Immunitätslage haben wie wir“, so Montgomery. „Es gibt Kontinente, da wären die Leute froh, wenn sie bekämen, was wir inzwischen aus einer gewissen Laxheit heraus als nicht gut genug betrachten“, fügte er hinzu.
Scholz lehnt Bußgeld für Impftermin-Schwänzer ab
Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt ein Bußgeld für Menschen, die ihrem Impftermin fernbleiben, ab und fordert den erneuten Einsatz von Impfmobilen in sozialen Brennpunkten. „Ein Bußgeld für Menschen, die ihren Impftermin ausfallen lassen, halte ich für nicht sinnvoll“, sagte Scholz dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagausgaben). „Ich sage auch ganz klar: Das wird so nicht kommen.“
Der SPD-Kanzlerkandidat und Finanzminister erklärte: „Wir wollen die Menschen überzeugen, sich impfen zu lassen.“ Er appelliere an die Bürger, diese Möglichkeit auch wirklich zu nutzen. Denn das Impfen schütze vor einer schweren Erkrankung.
„Jetzt ist es entscheidend, dass wir alles versuchen, die Menschen zu erreichen, die wir bisher noch nicht für Impfungen gewinnen konnten“, sagte der SPD-Politiker. „Dafür sollten wir auch noch einmal auf Impfmobile in sozialen Brennpunkten setzen. Ob jemand geimpft ist oder nicht, darf keine soziale Frage sein.“
Auch Werbekampagnen könnten noch mal eine Möglichkeit sein. Eine große Chance liege auch in den Impfungen in den Betrieben, so Scholz. „Hier sehen die Menschen: Meine Kollegin und mein Kollege lassen sich impfen. Jeder, der seinem Nachbarn davon erzählt, dass er sich impfen lassen hat, überzeugt vielleicht auch noch jemanden“, sagte Scholz.
Einreisen aus Großbritannien, Portugal und Russland bald leichter
Portugal, Russland und Großbritannien werden von Virusvariantengebieten zu Hochinzidenzgebieten herabgestuft. Das teilte das Robert-Koch-Institut (RKI) am Montagabend mit. Aus Virusvariantengebieten gilt ein Beförderungsverbot, das nun für diese Länder wegfällt.
Die gleiche Herabstufung gilt auch für Indien und Nepal. Änderungen bei den Risikogebieten, der dritthöchsten Stufe, gibt es nicht. Reisende aus einem Hochinzidenz- oder Virusvariantengebiet müssen sich schon vor der Abreise testen lassen und müssen ein negatives Testergebnis dem Beförderer, beispielsweise der Fluggesellschaft, vorlegen oder über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen.
Nach Voraufenthalt in Hochinzidenzgebieten kann eine Freitestung frühestens fünf Tage nach Einreise vorgenommen werden. Nach Aufenthalt in Virusvariantengebieten dauert die Quarantäne 14 Tage und eine vorzeitige Beendigung der Quarantäne ist nicht möglich.
Kretschmann mit Impf-Appell an Bevölkerung
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) appelliert an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen. „Es ist die Stunde der Wahrheit: Wer sich nicht impfen lässt, der wird angesteckt werden, das muss man so hart sagen. Ich kann nur an die Bevölkerung appellieren, sich jetzt, wo wir mehr Impfdosen haben, impfen zu lassen“, sagte der Grünen-Politiker dem „Mannheimer Morgen“ (Dienstagausgabe).
Nebenwirkungen von Corona seien mit Sicherheit gravierender als Nebenwirkungen von Impfstoffen. „Aber das muss jeder selbst abwägen“, sagte er weiter. Über eine Impfpflicht werde nicht nachgedacht, so Kretschmann.
„Das sind tiefe Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte, da sind die Hürden hoch.“
Union unterstützt Vorstoß zur Aufhebung der Maßnahmen für Geimpfte
Die Forderung des Chefs der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Andreas Gassen nach Aufhebung sämtlicher Corona-Beschränkungen stößt unter Staatsrechtlern, Politikern und Epidemiologen überwiegend auf Zustimmung, es kommen aber auch Kritik und Einschränkungen. „Die Aufhebung von Schutzmaßnahmen ist verfassungsrechtlich zwingend“, sagte Jan-Marco Luczak, rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der „Welt“. „Die Maßnahmen waren richtig und notwendig, um das Pandemiegeschehen in den Griff zu bekommen. Wenn aber Selbst- und Fremdgefährdungen wissenschaftlich nahezu ausgeschlossen sind, gibt es für Beschränkungen keinen Raum mehr.“ Eingriffe in die Grundrechte von Menschen bedürften einer Legitimation, so Luczak, wenn keine Ansteckungsgefahr mehr bestehe, fehle die Rechtfertigung dafür. Auch Stefan Huster, Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, dem Corona-Beratungsgremium der Bundesregierung, plädiert für eine Aufhebung der Maßnahmen für Durchgeimpfte.
Schließlich wäre das auch ein Anreiz zur Steigerung der Impfbereitschaft. Der Staatsrechtler sieht die Beschränkungen als unbegründet und auch „rechtlich problematisch, sobald von den Personen keine nennenswerte Gefahr mehr für Dritte ausgeht“. Für Staatsrechtlerin Anna Leisner-Egensperger geht die Forderung Gassens momentan noch zu weit: „Um neue Lockdowns zu verhindern, muss der Staat Maßnahmen geringerer Eingriffsintensität vorübergehend aufrechterhalten“, sagte sie, „dazu zählt die Maskenpflicht in öffentlichen Räumen, vor allem in den öffentlichen Verkehrsmitteln“.
In Schulen habe jeweils eine Abwägung mit pädagogischen Anliegen zu erfolgen, empfiehlt sie. Anders im privaten Bereich: Dort solle es für Geimpfte keine staatlich angeordneten Einschränkungen mehr geben, fordert die Rechtswissenschaftlerin. Auch Staatsrechtler FDP-Vize Wolfgang Kubicki geht sogar über die Forderung Gassens hinaus: „Spätestens sobald alle Impfwilligen eine Impfung erhalten haben, müssen die Maßnahmen aufgehoben werden“, erklärt der Bundestagsvizepräsident.
„Die Bundesregierung steht im Wort, dass dies bis Ende des Sommers der Fall sein wird. Alles andere würde bedeuten, die Grundrechtseinschränkungen auf unbestimmte Dauer fortzuschreiben.“ Ähnlich wie Kubicki äußert sich Virologe Klaus Stöhr: Mit dem Zeitpunkt, an dem jeder Impfwillige geimpft ist, endet „die Sorgfaltspflicht des Staates und damit alle einschränkenden Maßnahmen“. Gegen eine generelle Befreiung von den Maßnahmen für vollständig Geimpfte spricht sich dagegen die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche aus. Die Aufrechterhaltung der Einschränkungen müsse sich an der aktuellen Corona-Situation orientieren, und in diesem Zusammenhang sei die Delta-Variante „besorgniserregend“.
Johnson will Corona-Regeln ab 19. Juli aufheben
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson hat die Aufhebung der Corona-Maßnahmen in England ab dem 19. Juli angekündigt. „Diese Pandemie ist noch lange nicht vorbei“, sagte Johnson auf einer Pressekonferenz am Montag. Die Zahl der Neuinfektionen steige rasant an, er rechne schon bald mit 50.000 Fällen pro Tag.
Trotzdem müssten die Risiken ausbalanciert werden. „Wenn wir die Gesellschaft in den nächsten Wochen nicht öffnen können, wann werden wir dann zu einem normalen Leben zurückkehren können?“, sagte Johnson weiter. Ab dem 19. Juli soll die Verpflichtung, Mund-Nasen-Bedeckungen zu tragen, enden, Bars und Klubs dürfen wieder öffnen und bei privaten Treffen soll es keine Personen-Begrenzungen mehr geben.
Bis zu diesem Tag werde jeder Erwachsene ein Impfangebot erhalten haben, so Johnson.