Horst D. Deckert

Ein Donner-Tag für die direkte Demokratie

187‘000 Unterschriften in 25 Tagen – das Sammelergebnis gegen die letzten Änderungen des Covid-19-Gesetzes ist neuer Rekord in der Schweizer Demokratiegeschichte. Heute Donnerstag, 8. Juli 2021 wurden die Unterschriften in einem kleinen Volksfest von 300 Leuten der Bundeskanzlei übergeben.



Lanciert hatten das Referendum das Netzwerk Impfentscheid und die Junge SVP.
Aber Fahrt aufgenommen hat es erst, als sich die Verfassungsfreunde dahinter machten.

Ergänzungen zu bestehenden Gesetzen unterliegen genauso dem Referendum, wie das ursprüngliche Gesetz. Es wird allerdings selten ergriffen, weil es oft um Detailfragen geht und ein Abstimmungserfolg unwahrscheinlich ist.

Beim Covid-19-Gesetz ist dies anders. Im September 2020 erlassen, wurde es bereits zweimal geändert. Und die letzten Ergänzungen vom März 2021 haben es in sich:

Artikel 1a erlaubt dem Bundesrat faktisch die Fortführung der ausserordentlichen Lage in beliebigen Varianten:

«Der Bundesrat legt die Kriterien und Richtwerte für Einschränkungen und Erleichterungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens fest. Er berücksichtigt nebst der epidemiologischen Lage auch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen.»

Parlament und Souverän geben dabei die Kontrolle über das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben weitgehend ab.

In Art.3, Abs. 7 gibt sich der Bundesrat den Auftrag für den Aufbau eines umfassenden Überwachungsinstrumentes:

«Der Bund trifft die folgenden Massnahmen in enger Abstimmung mit den Kantonen: a. umfassendes, wirksames und digitales Contact- Tracing;»

Art. 3 und 6 führen mit dem Covid-Zertifikat und der Quarantäne-Befreiung für Geimpfte Instrumente der Rechtsungleichheit mit massivem Ausbau-Potenzial ein.

Es geht also bei den Änderungen des Covid-Gesetzes letztlich um die rechtlichen Instrumente, mit denen der Global Reset in der Schweiz umgesetzt werden kann.

Dass man gegen diese Änderungen schon im April das Referendum hätte ergreifen können – bzw. müssen –, ging unter im Abstimmungskampf gegen das Gesetz. Die Änderungen wären ja auch verfallen, wenn das Volks am 13. Juni das Gesetz als Ganzes abgelehnt hätte.

So blieb es dem Netzwerk Impfentscheid im Mai und kurze Zeit später der Jungen SVP vorbehalten, das Referendum anzukündigen. Die beiden Gruppierungen sind allerdings zu schwach, um schon wieder ein Referendum – und diesmal nur gegen die letzten Änderungen – durchzubringen.

Als aber die Freunde der Verfassung durch das für sie enttäuschende Abstimmungsresultat vom 13. Juni – 60 Prozent Zustimmung zum Covid-19-Gesetz – aufgerüttelt wurden und das Referendum in die Hand nahmen, ging es in einem Tempo und in einer Intensität los, wie es die Schweiz noch nie erlebt hat – wenngleich vollständig unter dem Radar der Medien.

Hunderte von Sammlerinnen und Sammlern strömten auf die Strassen und Plätze und holten die Unterschriften all der Menschen ab, die das unwürdige Spiel des Bundesrates und der selbst ernannten Elite der Schweiz erkannten. Denn das Pandemiemanagement ist nicht bloss auf medizinischer, sondern auch auf politischer Ebene eine Mogelpackung, die nur dank konsequentem Flankenschutz an der Informationsfront am Stimmvolk vorbeigeschmuggelt werden konnte.

Nicht nur wurde im offiziellen Abstimmungsbüchlein – rechtlich unanfechtbar, aber politisch betrügerisch – nur über die ursprüngliche Version des Gesetzes informiert und nicht über die seither ergangenen Änderungen, die ebenfalls zur Abstimmung standen. Das Gesetz verknüpfte auch den Geldsegen in Form der Unterstützungszahlungen mit den Massnahmen zur Pandemiebekämpfung.



Damit wurde die Einheit der Materie – hier die gesundheitspolitischen Massnahmen, dort die Bezahlung der Folgekosten – in grober Weise verletzt und das Stimmvolk recht eigentlich erpresst:
Wenn du nicht ja sagst zu unwirksamen Massnahmen und einer Einschränkung deiner Souveränität, werden wir dich im Elend, in das wir dich gestürzt haben, allein lassen. Die «Einheit» der Materie lieferte das Virus.

Die Lancierung des zweiten Referendums war ein Risiko, das nicht nur von mir kritisch gesehen wurde. Würde das Engagement des Fussvolks der Verfassungsfreunde für 50’000 Unterschriften in der extrem kurzen Frist von gut drei Wochen reichen? Und besteht überhaupt eine reelle Chance, sich bei einem zweiten Versuch gegen die Phalanx der vier Gewalten Legislative, Exekutive, Judikative und Medien – ausgestattet mit schier unermesslichen Mitteln – durchzusetzen?

Diese vier Gewalten beherrschen das Feld praktisch nach Belieben. Und mit neuen Mutanten steht ihnen ein Panik-Button zur Verfügung, mit dem jedes zweckdienliche Horror-Szenario hergestellt werden kann. Einen solchen Gegner auf seinem eigenen Feld zu besiegen, erfordert neben Geschick und Kraft auch Glück. Und das wird sich nur einstellen, wenn man den Gegner kennt und wenn man ihn ernst nimmt.

Am heutigen Donner-Tag hat sich diese Skepsis in Luft aufgelöst. 187’000 Unterschriften in 25 Tagen sind ein phänomenales Resultat, das grössten Respekt verdient. Die Unterschriften sind allerdings weniger das Ergebnis der gut geölten Sammel-Maschine als vielmehr des enormen Engagements von wirklich Vielen und eines echten Misstrauens im Volk. Die Leute an den Schalthebeln der Schweizerischen Eidgenossenschaft tun gut daran, den Donner nicht zu überhören. Das Gewitter könnte sich leicht zu einem Sturm entwickeln.

Die Verfassungsfreunde ihrerseits haben ihre Wetterfestigkeit bereits mehrfach bewiesen, heute sinnbildhaft mit 300 fröhlichen Menschen, die im strömenden Regen vor dem Bundeshaus die Übergabe feierten. Der 8. Juli 2021 wird in die Geschichtsbücher eingehen als Tag, an dem der Souverän gezeigt hat, dass er da ist, nicht einfach um ein weiteres Referendum einzureichen, sondern um zu bleiben.



Jetzt wird es darum gehen, die Abstimmungskampagne vorzubereiten.
Dieses Mal muss eine Mehrheit an der Urne das undiskutable Ziel sein. Die Chancen stehen nicht schlecht, denn die Vorlage enthält einerseits höchst problematische Elemente und andrerseits keine Geldgeschenke, die man sich mit einer Ablehnung der Änderungen verscherzen könnte.

Der Bundesrat gibt sich mit dem Gesetz den Auftrag, ein umfassendes und wirksames Contact-Tracing aufzubauen – Covid hin oder her. Was dies bedeutet, erklärte der IT-Unternehmer Josef Ender, Sprecher des sammelstarken «Aktionsbündnis Urkantone» an der Medienkonferenz der Verfassungsfreunde im Anschluss an die Übergabe.

Aufgrund des Gesetzes müssen die eidg. Behörden jeden Kontakt verfolgen, den die Bewohner dieses Landes eingehen. Damit diese lokalisierbar sind, müssen sie ein elektronisches Ortungsgerät auf sich tragen, praktischerweise ein Mobiltelefon. Sonst kann die vom Gesetz geforderte umfassende Wirksamkeit nicht gewährleistet werden.

Auch viele Linke, mehrheitlich Befürworter der Massnahmen, hätten das zweite Referendum unterstützt, sagte David Trachsel, Präsident der Jungen SVP. «Testen und Impfen führe zurück zur Normalität», sei uns in Aussicht gestellt worden. Aber heute, da sich jeder impfen konnte, würden immer noch Massnahmen gelten.

In der Tat: «Das Ganze wird ewig dauern», sagte Gzim Zymberi, Vertreter von «mass-voll» der Bewegung der unter 30-Jährigen mit «6000 Unterstützern». « Der Bundesrat findet immer neue Varianten, die er bekämpfen kann.»

«Wir setzen ein gewaltiges Zeichen», erklärte Marion Russek, Ko-Präsidentin der Verfassungsfreunde zum erstaunlichen Sammelergebnis. «Die Freunde der Verfassung sind in der Polit-Landschaft ziemlich stark angekommen.»

Aber was sind ihre nächsten Ziele? Eine Antwort gab es von Klaus Rüdiger, einem führenden Mitglied der Verfassungsfreunde: das Referendum gegen das Mediengesetz, das die Förderungsgelder in «gigantischem Ausmass» ausbaut, auf gegen drei Milliarden in den nächsten sieben Jahren.

Gem. Art. 93 der Bundesverfassung sei nur die «Gesetzgebung über Radio und Fernsehen … Sache des Bundes», nicht aber Print- und Internet-Medien, sagte Klaus Rüdiger.

Aufgrund der fehlenden Verfassungsgrundlage sprechen die Verfassungsfreunde deshalb von «Verfassungsbruch». Das Mediengesetz sei «nicht nur ein Zeichen von mangelndem rechtsstaatlichen Bewusstsein, sondern auch von Arroganz und Skrupellosigkeit».

Das Referendum führt allerdings ein anderes Komitee unter der Leitung von Philipp Gut, dem früheren stv. Chefredaktor der Weltwoche, mit Leuten vom Nebelspalter, der Weltwoche, der Ostschweiz und bekannten Personen wie Toni Brunner, Thomas Minder oder Konrad Hummler. Dahinter, daneben oder darunter steht das «Journalistenkomitee» für freie Meinung mit 30 Unterzeichnern. Das ist ein Anfang, aber bei weitem nicht ausreichend, der restlichen Medienschweiz die Stirn zu bieten.

Beim Referendum gegen das Mediengesetz sind die Verfassungsfreunde nur Dienstleister. Sie besorgen mit der erwiesenen Strassentauglichkeit ihrer Sammler die nötigen Unterschriften. Und wenn das Referendum bis am 7. Oktober gelingt, woran kein Zweifel besteht, dann verdienen sie die Lorbeeren. Sie sind zur Zeit die einzigen, die politisch auch gegen die Medien etwas zustandebringen. Alle anderen sind zu schwach oder wagen es schon gar nicht.

Über ein Abstimmungsresultat zum Mediengesetz zu spekulieren, ist noch zu früh. In einem knappen Jahr kann viel passieren. Aber ein Erfolg ist nur möglich, wenn das Vertrauen in die Mainstream-Medien von der offensichtlichen Erosion sichtbar dem Zerfall zusteuert. Und das ist nur mit echten eigenen journalistische Leistungen zu erreichen. Ohne Alternative wird der Stimmbürger «seine» Medien kaum im Stich lassen.

Wie weit die Qualität als potente Nein-Sager die Verfassungsfreunde tragen wird, ist offen. Irgendwann wird das Stimm- und Wahlvolk wissen wollen, wofür die Freunde der Verfassung stehen und nicht nur wogegen.

Denn dass eine Kraft von diesem Kaliber in die Gemeinderäte, Kantonsparlamente und eidg. Räte gehört, steht ausser Frage. Dann werden die Verfassungsfreunde auch Ja sagen müssen. Nicht Ja zum alten Filz aus Geld, Politik und Medien, sondern Ja zu etwas Neuem, das es noch zu entwickeln gilt.

Medienkonferenz der Verfassungsfreunde vom 8. Juli 2021:

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