Im Panik-Pingpong des neuen „pandemischen Jahreskreises” zwischen Lockdows und Lockerungen, zwischen Dauertesten und Dauerimpfen, wo die Menschen mit täglich wechselnden Willkürbestimmungen und einem dauermodifiziertem Regelwirrwarr so sehr beschäftigt sind, dass sie ihr bereits vorreduziertes Restleben darüber glatt vergessen, kräht inzwischen schon kein Hahn mehr nach längst zur Normalität gewordenen datenschutzrechtlichen Zumutungen, nach Sündenfällen, die noch vor zwei Jahren gänzlich unvorstellbar gewesen wären. An die allgegenwärtige Kontakterfassung – gerne auch per App, in Echtzeit – haben wir uns gewöhnt; an die Preisgabe unseres Impf- und Gesundheitsstatus gegenüber wildfremden Menschen ebenfalls.
Da ist es nur noch eine Formalität, bis auch unser Reise- und Bewegungsverhalten von einem übergriffigen Überwachungsregime eifrig mitprotokolliert wird. Und ebendies geschieht bereits klammheimlich. Denn so sehr auch die digitale Infrastruktur – speziell in Deutschland – noch zu wünschen übrig lässt: Bei der totalitären Durchleuchtung des Bürgers – sei es im Namen des „Infektionsschutzes”, der als Verteidigung der Demokratie getarnten selektiven Terror- und Gefahrenabwehr „gegen Rechts” oder demnächst dann auch der Einhaltung von Klimagesetzen – ist unser Staat ganz sicher up to date und bedient sich der modernsten Möglichkeiten, ganz „state of the art„.
Da überrascht es kaum noch, dass sich so gut wie gar keine öffentlichen Empörung mehr regt angesichts einer äußerst beunruhigenden Enthüllung der „Welt am Sonntag“ über das Wiesbadener Bundeskriminalamt: Dieses bekam, wie sich aus dessen erstmals erstellten vertraulichen „Lagebild 2020 Passenger Information Unit” ergibt, alleine im Vorjahr die ungeheuerliche Menge von 104,56 Millionen Einzeldatensätzen von 70 Fluggesellschaften zu ihren Passagieren übermittelt. Dies ist ein absoluter Rekord, was die bisherige Erfassung von Fluggastdaten anlangt – umso mehr, als seit Beginn der Corona-Krise deutlich weniger Flugreisen unternommen wurden. Gespeichert wurden hierbei die Daten zu sämtlichen grenzüberschreitenden Flügen aus und nach Deutschland – offiziell um terroristische Straftaten und schwere Kriminalität zu bekämpfen. Laut Lagebild wurden aus den Datensätzen 78.179 Passagiere herausgefiltert und „fachlich überprüft„, so „dts”. Dies wiederum führte zu 5.347 Treffern („positiv überprüft”).
Machtfülle weit mehr als jede Stasi
Zufallsfunde und entsprechender „Beifang” im Rahmen einer digitalen Rasterfahndung, die durch Regierungsbehörden auf undurchsichtige Vorgaben und politisch frei wählbare Prioritätensetzungen hin erfolgt – so etwas ist eigentlich mit rechtsstaatlichen Ermittlungsmethoden unmöglich zu legitimieren. Auch wenn die Terrorabwehr ein robustes Durchgreifen des Staates durchaus rechtfertigt: Die Missbrauchsanfälligkeit dieses „Data Minings” aus prinzipiell vertraulichen Kundendaten durch Ermittlungsbehörden, wenn auf diese Weise dann beispielsweise auch „Staatsfeinde” wie Querdenker, Corona-Leugner, Rechtskonservative oder Identitäre mit der Lupe gesucht und identifiziert werden können, verschafft der Exekutive eine Machtfülle, von der Mielkes Stasi nicht zu träumen wagte – erstrecht in Zeiten eines anhaltenden verfassungsrechtlichen Ausnahmezustands und ideologisch motivierter „Notstände”, die uns – von der Pandemie bis zur Klimakatastrophe – auch in Zukunft begleiten dürften. Wer sich noch an die Aufregung um die NSA-Affäre in der Spätphase von Barrack Obamas Präsidentschaft zurückerinnert, dem dämmert, wie sich die Toleranzlimits und Reizschwellen binnen weniger Jahre verschoben haben.
Technisch ist es problemlos möglich, etwa über die IMEI-Nummer des Smartphones o.ä., den Flugdaten Mobilfunkverträge zuzuordnen und so auch noch auf die Handyortung aufzuschalten. In Verbindung mit Kaufverhalten durch elektronische Zahlungen, Durchforstung des Netzes (Big Data) und den (z.B. dank Corona hinterlegten) individuellen Angaben ergibt sich unter Einsatz von KI-Software und Algorithmen schon heute die Möglichkeit, jeden Bürger nach Belieben zu scannen, seine wahlweise gesellschaftsförderlichen oder gemeinschädlichen Verhaltensweisen zu erfassen und ihn damit zu „bewerten“. Wer wollte die Hand dafür ins Feuer legen, dass nicht genau dies bereits großflächig geschieht, und zwar auch ohne ermittlungsrichterliche Einzelverfügung? Der Schnüffelstaat 4.0 lässt nichts unversucht. Warum? Weil er es kann. Jede verfügbare Technik wird irgendwann auch gegen die Bürger eingesetzt. Die nächste, logische Stufe ist dann die Disziplinierung minderwertiger Subjekte (respektive die Konditionierung hochwertiger durch positive Verstärkung) – und voilà: Schon ist das chinesische Modell des Social Scorings auch bei uns Realität geworden. Der Rest – die Beseitigung der letzten Relikte von Freiheit und demokratischer Mitbestimmung – ist dann Nebensache.