Horst D. Deckert

Führt die Ukraine-Krise nun auch zu einer Lebensmittelkrise?

Russland und die Ukraine sind wichtige Produzenten von Nahrungsmittel-Grundprodukten. Weizen, Mais und Sonnenblumenöl sind beispielsweise einige der wichtigsten Exportgüter in diesem Segment. Auch ist Russland einer der wichtigsten Produzenten von Düngemitteln.

Schon jetzt leidet die Welt unter einer Lebensmittelknappheit. Gestörte Lieferketten und Probleme bei der Herstellung von Düngemitteln haben zusammen mit Unwettern und Dürren zu Lieferengpässen und Preissteigerungen geführt. Doch mit der Eskalation der Ukraine-Krise und der sich immer rascher drehenden Sanktionsspirale droht noch mehr Ungemach auf die Welt zuzukommen. Denn Russland und die Ukraine zusammen sind beispielsweise für rund 80 Prozent der globalen Exporte von Sonnenblumenöl, 29 Prozent der Weizenexporte und 19 Prozent der Maisexporte der Welt verantwortlich. Sollte es hier kriegs- und sanktionsbedingt zu größeren Einschränkungen kommen, würde die Welt nicht nur mit massiven Preissteigerungen bei Erdöl und Erdgas konfrontiert werden, sondern dazu auch noch mit deutlich teureren Lebensmitteln.

Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) stiegen die weltweiten Lebensmittelpreise im Februar auf Jahresbasis um 24,1 Prozent. Es wird erwartet, dass sie in diesem Jahr aufgrund anhaltender Probleme in der Lieferkette weiter steigen werden. Insbesondere für die ärmeren Länder dieser Welt sind dies extrem schlechte Nachrichten, da die Menschen dort einen deutlich größeren Anteil ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben. Dies erhöht auch das Risiko von Aufständen und gewaltsamen Regierungsumstürzen in den Entwicklungsländern und aufstrebenden Ökonomien.

Export von Dünger eingestellt

Berichten zufolge hat das russische Ministerium für Industrie und Handel bereits am Freitag den Export von Düngemitteln eingestellt. Als Grund dafür wurde „ausländische Sabotage“ angegeben. Das Ministerium warnte, dass russische Düngemittel weltweit weit verbreitet sind und dass die Verhinderung von Lieferungen das Risiko von Ernteausfällen und infolgedessen von Nahrungsmittelknappheit in den Ländern West- und Osteuropas, Lateinamerikas, Süd- und Südostasiens mit sich bringt. „In Anbetracht der aktuellen Situation bei der Arbeit ausländischer Logistikunternehmen und der damit verbundenen Risiken sah sich das russische Industrie- und Handelsministerium gezwungen, den russischen Herstellern zu empfehlen, den Versand russischer Düngemittel für den Export vorübergehend auszusetzen, bis die Spediteure ihre rhythmische Arbeit wieder aufnehmen und Garantien für die vollständige Erfüllung der Exportlieferungen russischer Düngemittel geben“, so das Ministerium.

Inzwischen steigen die Düngemittelpreise weltweit an. Das Fachportal „Western Producer“ berichtet beispielsweise davon, dass die Preise für Harnstoff (Urea) bereits um 22 Prozent höher liegen als in der Vorwoche. „Nach Angaben des Instituts ist Russland der weltweit zweitgrößte Produzent von Ammoniak, Harnstoff und Kali und der fünftgrößte Produzent von verarbeiteten Phosphaten. Auf das Land entfallen 23 Prozent der weltweiten Ammoniakausfuhren sowie 14 Prozent der Harnstoff-, 21 Prozent der Kali- und 10 Prozent der verarbeiteten Phosphatexporte. Russland liefert auch ein Drittel des europäischen Erdgases, des wichtigsten Rohstoffs für die Herstellung von Stickstoffdünger“, so das Portal. Deutliche Preissteigerungen dort, sowie ein verknapptes Angebot lassen auch die Produktion massiv verteuern.

Nahrungsmittel werden auch dieses Jahr wieder deutlich teurer

Diese ganzen Entwicklungen führen dazu, dass die Nahrungsmittel auch in diesem Jahr deutliche Preissprünge sehen werden. Nicht nur wegen den oben genannten Gründen, sondern auch durch den deutlich teureren Transport infolge der steigenden Treibstoffpreise. Wir haben die Faktoren Produktion (Düngemittel- und Energiepreise), Verknappung (Krieg, Unwetter, Dürren, Krankheiten usw.) und Transport (steigende Energiepreise), die derzeit allesamt nur eine Tendenz unterstützen: höhere Preise.

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