Die meisten moralisch aufgeladenen Pro-Ukraine- bzw. Anti-Russland-Bannerträger im deutschen Volk können sich in Wahrheit nicht einmal ansatzweise vorstellen, was das von vielen so gratismutig geforderte Gasembargo gegen Russland für sie im Alltag an Konsequenzen bedeutet. Darauf machen nun Experten in drastischen Worten aufmerksam.
Von Daniel Matissek
Da die Rufe nach immer weiteren selbstschädigenden Sanktionen noch immer nicht verstummen und „Gasverzicht“ von vielen naiven bis realitätsblinden Haltungs-Deutschen anscheinend gleichgesetzt wird mit dem trotzigen Boykott eines missliebigen Geschäfts beim Einkauf oder einer Art „Diät“, melden sich immer mehr fachliche Kapazitäten aus Wirtschaft und Wissenschaft zu Wort, die vor dem katastrophalen Folgen eines solchen Schritts warnen.
Gas-Stopp bringt massiven Einbruch der Wirtschaftsleistung
Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung hat nun etwa berechnet, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei einem sofortigen Ende der russischen Gaslieferungen innerhalb des ersten Jahres um bis zu zwölf Prozent einbrechen könnte. Die Industrieproduktion würde um 114 bis 286 Milliarden Euro zurückgehen. Allein dies würde zu einem BIP-Einbruch um drei bis acht Prozent führen, der noch um weitere zwei bis vier Prozent gesteigert würde, weil die höheren Energiepreise den finanziellen Spielraum der Verbraucher für andere Ausgaben schmälere.
Frühestens ab 2025 verkraftbar
Ein Gaslieferstopp wäre, nach Ansicht von Studienautor Professor Tom Krebs von der Universität Mannheim allenfalls ab dem Jahr 2025 zu verkraften. „Wenn es um Erdgas geht, besteht ein erheblicher Unterschied zwischen einem Anpassungszeitraum von maximal einem Jahr und einem dreijährigen Anpassungszeitraum“, so Krebs. Bis 2025 könnten die Gasimporte ersetzt und Erdgas in der Produktion auf andere Energieträger umgestellt werden.
Zudem warnte Krebs vor sogenannten „Kaskadeneffekten“, die auch Branchen treffen könnten, die weniger auf Erdgas angewiesen seien und den volkswirtschaftlichen Schaden „drastisch“ zu erhöhen drohten. Er machte auch darauf aufmerksam, dass die deutsche Wirtschaft nach der Finanzkrise 2009, der Corona-Pandemie 2020 und angesichts der Herausforderungen des Klimawandels nach wie vor unter starkem Stress stehe. Da die zu erwartenden Preisschocks bei Energie und Lebensmitteln vor allem von ärmeren Haushalten zu tragen wären, könnten sich „soziale Spannungen verschärfen.“
Zusammenbruch mit Ansage
Die Warnungen der Studie entsprechen exakt dem, was auch Fachleute aus der Wirtschaft bei einem Gasembargo prophezeien: Der ehemalige EON-Chef Johannes Teyssen hatte dies erst vergangene Woche als „hochgefährlich“ bezeichnet.
Die von Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller geäußerten Vorschläge zum Gassparen oder Verzichten auf das tägliche Duschen, hält Teyssen für wenig förderlich: „Wenn es darum ginge und das regelbar wäre, dann hätten wir das schon längst.“ Tatsächlich gehe es aber „wirklich um einen weitgehenden Zusammenbruch der industriellen Grundstruktur, die Erdgas braucht und der ganzen Wertschöpfungsketten dahinter.“ Man müsse verstehen, wie viel Chemie in endlosen Produkten sei. Bei anderen Industrien würden Lieferengpässe entstehen, wenn große Energiekonzerne nichts mehr produzieren können.
Schwere Rezession und massiver Arbeitsplätze-Verlust
Auch der der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie, Wolfgang Große Entrup, hatte Anfang April nahezu identische Warnungen ausgesprochen: Bei einem kurzfristigen unbefristeten Lieferstopp von russischem Gas müsse „mit einer schweren Rezession und mit einem massiven Verlust von Arbeitsplätzen” gerechnet werden. Dabei werde „häufig massiv unterschätzt”, dass dann auch andere Industriezweige wie Landwirtschaft, Bau, Ernährung, Automobil oder Elektronik schwer getroffen würden. Für den Verlust von Erdgas gebe es „keine kurzfristige Ersatzmöglichkeit”.
Es bleibt zu hoffen, dass diese Warnungen in der Politik Gehör finden und man sich nicht von der Scharfmacherei einer Ursula von der Leyen den verantwortungslosen Forderungen des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk oder gar dem infantilen Geschwätz von „Fridays-for-Future”-Aktivistin Luisa Neubauer in eine wirtschaftliche Katastrophe treiben lässt, deren Folgen von den einfachen Bürgern geschultert werden müssen – und nicht von den privilegierten, wohlhabenden und/oder staatlich apanagierten Urhebern der hausgemachten Engpässe.