Am 24. Juli hatte ich mit diesem Text – Zur seit langem und bewusst betriebenen Rückkehr des Kalten Krieges – mit einer Serie von Dokumenten begonnen, die ich bei Durchsicht meines Archives fand und von denen ich annehme, dass sie für einen Kreis von Leserinnen und Lesern der NachDenkSeiten wegen des historischen Bezugs und ihrer Aktualität interessant sein könnten. Heute kommt die Nummer (2) der Dokumente. Wir werden dann in der Zukunft, solange der Vorrat reicht, möglichst jeden Samstag ein neues Dokument zur Kenntnis geben. Heute veröffentlichen wir die Gemeinsame Erklärung von Kohl und Gorbatschow vom 13. Juni 1989. Sie zeigt, wie sorgfältig die damals Verantwortlichen in Deutschland und in Russland bzw. in der Sowjetunion mit dem wichtigsten Gut, dem Frieden und dem gegenseitigen Vertrauen, umgegangen sind. Albrecht Müller.
Viele, sehr viele Aussagen dieses gemeinsamen Dokuments sind aktuell und hochinteressant. Eine Passage zur Rolle Europas will ich zitieren:
„Bei der Gestaltung einer friedlichen Zukunft kommt Europa eine herausragende Rolle zu. Trotz jahrzehntelanger Trennung des Kontinents ist das Bewusstsein der europäischen Identität und Gemeinsamkeit lebendig geblieben und wird zunehmend stärker. Diese Entwicklung muss gefördert werden.“
Das war vor dem Mauerfall vom November 1989. Da ist von europäischer Gemeinsamkeit in Europa die Rede. Später wurde dann systematisch daran gearbeitet – siehe zum Beispiel die Konferenz von Bratislava –, Russland aus Europa hinauszuwerfen.
Der Chefredakteur der Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ Michael Garthe ist anlässlich des Todes von Helmut Kohl auf die besondere Beziehung zwischen Kohl und Gorbatschow zurückgekommen. Dem Text merkt man die Nähe des Journalisten zu Helmut Kohl an. Siehe hier
Helmut Kohl: Pfälzer, Deutscher und Europäer
Schlüsselszenen eines politischen Lebens: „Michail Sergejewitsch – es ist gut, dass Sie mit den Deutschen sprechen und mit ihnen Frieden machen.“ Ein Kriegsveteran sagt das fast beschwörend zu Michail Gorbatschow, als der sowjetische Staatspräsident mit dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl am Ehrenmal für die Kriegstoten im kaukasischen Stavropol einen Kranz niederlegt. …
Heute schreibt der gleiche Chefredakteur Kommentare, mit denen er der Konfrontation und speziell einem Systemkonflikt das Wort redet. Typisch dafür war am vergangenen Wochenende ein Kommentar auf der 1. Seite unter dem Titel
„Heißer Krieg. Kalter Krieg.“
Und der Unterzeile
„Russland und China zwingen der freien Welt einen neuen Systemkonflikt auf. Deutschland darf nicht zwischen die Front von West und Ost geraten.“
Und weiter:
„Russland und China sehen sich durch die Werte der liberalen Demokratien bedroht. Die freie Welt kann diesem Konflikt gar nicht ausweichen.“
Hier wird nicht nur das Gemeinsame Haus Europa verraten, sondern auch Helmut Kohl und dessen Werben für Verständigung.