Europäische und vor allem deutsche Flüchtlingslobbyisten überschlagen sich momentan mit ihren Forderungen, die in der afghanischen Hauptstadt verbliebenen westlichen Militäreinheiten sollten nicht nur ihre eigenen Staatsangehörigen retten, sondern nach Möglichkeit alle Ausreisewilligen ausfliegen, von der angeblichen Ortskraft bis zum selbsterklärten Taliban-Verfolgten – und wenn es in Konsequenz die Evakuierung von -zig Millionen Menschen bedeuten würde.
In den Niederungen der Realität, erst recht am und um den Kabuler Militärflughafen Bagram, bemühen sich US-amerikanische und auch deutsche Einsatzkräfte verzweifelt, zumindest einen Bruchteil der noch in Afghanistan festsitzenden eigenen Landsleute in Sicherheit zu bringen. Hierbei tun sich jedoch ganz erstaunliche Unterschiede auf: Während die rund 1.500 noch im Land befindlichen Amerikaner mehrheitlich tatsächliche und indigene US-Bürger, Diplomaten und Militärangehörige sowie Mitarbeiter von Hilfsorganisationen sind, zeigt sich bei den „Deutschen“ und „Österreichern“ in Kabul, soweit bislang in den Medien über sie berichtet wird, ein ganz anderes Bild: Es scheint sich bei ihnen nämlich vor allem um hier eingebürgerte Afghanen auf Heimatbesuch zu handeln.
Verdächtig wenige Informationen über Rechtsstatus
So kommt es, dass die vom Kommando Spezialkräfte (KSK) heldenmutig gerettete „Münchner Familie“ auf ersten Fotos vom geglückten Einsatz optisch auch glatt als Neuankömmlinge einer Erstaufnahmeeinrichtung oder gar Taliban-Angehörige hätte durchgehen können: Kopftücher, Schleier, Landestracht. Waschechte Münchner eben! Deutsche Medien klärten auf: Bei den Geretteten habe es sich um die Familie der „Abiturientin Samira“ aus der bayerischen Landeshauptstadt gehandelt, die „gemeinsam mit ihrem Bruder und ihrer Großmutter“ in Kabul vom Einmarsch der Taliban überrascht worden seien. Wann und mit welchem Rechtsstatus diese afghanische Familie ursprünglich nach Deutschland kam, wurde nicht berichtet. Handelte es sich um Geflüchtete? Wenn ja, was hatten sie dann ausgerechnet in dem Land zu suchen, aus dem sie flohen? Doch selbst wenn es sich um „längst Angekommene, „länger schon hier Lebende“ handelt (worauf die Identität als Passdeutsche hindeutet): Wieso hielten sie sich dann ausgerechnet zu Kriegszeiten und inmitten einer sich gerade massiv zuspitzenden instabilen Krisenlage in Afghanistan auf?
Solche Fragen werden im medialen Mainstream schon gar nicht mehr gestellt, geschweige denn problematisiert. In Deutschland nicht, und auch nicht in Österreich, wo humanitätsbesoffene Gutmenschen-Journalisten vor weinerlicher Verzückung über herzzerreißende Einzelschicksale die eigentlich interessanten Hintergründe aus dem Blick verlieren. So schrieb gestern die „Kleine Zeitung“ über einen „Grazer Afghanen“ namens Navid, der ebenfalls gerade „auf Familienbesuch in Kabul“ war, als die Taliban kamen. Erschüttert haut Redaktor Simon Rothschedl in die Tasten: „Nun versteckt er sich in einem Keller und versucht verzweifelt wieder nach Graz zu kommen!“. Also hofft Navid nun quasi auf die Flucht in der Flucht – indem erneut von dort weglaufen will, von wo er schon einmal weglief, dann aber freiwillig immer wieder mal zurückkehrte?
Rührselige Geschichten
Er sei 2010 nach Österreich gekommen (als Flüchtling?), arbeitet seit 2013 in Graz, so die „Kleine Zeitung“. Vor „ungefähr einem Monat“ sei er dann nach Afghanistan geflogen, um seine Eltern zu besuchen – samt schwangerer Frau und zweijährigem Sohn. Auch ihn, der der von den Taliban besonders verfolgten Volksgruppe der Hazara angehört, schien deren schon damals akut bevorstehende Machtergreifung nicht weiter zu bekümmern – und wohl auch nicht die Sicherheit seiner Familie!? Redaktor Rothschedl fabuliert kritikfrei: „Der geplante Rückflug der Familie nach Österreich sollte heute stattfinden, denn am kommenden Montag wird der Jungpapa wieder an seinem Arbeitsplatz in Graz erwartet. Doch dann kamen die Taliban – und somit ist nichts mehr wie geplant.“ Wer hätte das auch vorhersehen können.
Wenn sich solche Fälle häufen, dann wird der erst gestern von Außenminister Alexander Schallenberg nochmals bekräftigte Aufnahmestopp afghanischer Flüchtlinge schon deshalb zur wohlfeilen Farce, weil es sich bei den zurückgeholten Österreichern ohnehin um ethnische Afghanen handelt. Vielleicht wäre das ja eine Lösung für Deutschland und Österreich gleichermaßen: Einfach alle ausreisewilligen Afghanen, bei denen der behauptete Status „Ortskräfte“ nicht zieht, vor Ort auf dem Kabuler Rollfeld einbürgern? Dann kehren jedenfalls garantiert keine Flüchtlinge, sondern nur noch Staatsbürger hierher zurück. Viel lächerlicher kann sich dieses Europa dadurch nicht mehr machen. (DM)
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Es sollte eine Reise entlang der Seidenstraße werden. Sie endete in der Gewalt pakistanischer Taliban. Achteinhalb Monate lang lebte ein Schweizer Paar in Todesangst. Nun erzählen sie ihre eindrucksvolle Geschichte. Sie führt in eine Region, von der zwar in den Medien viel die Rede ist, die aber kaum einer kennt: ins pakistanische Waziristan, nahe der Grenze zu Afghanistan, ins Stammland der Taliban.
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