Horst D. Deckert

Integrationsprobleme? Nimmsu Döner, dann alles gut!

„Döner macht Gastarbeitermythen schöner“ (Symbolbild:Imago)

Zugegeben, ich bin den Verlockungen exotischer Küche nicht abgeneigt. Ein gut gemachter Döner, Nudeln mit Pesto und Parmesan oder gebratene Ente mit Erdnusssauce können mich schon locken. Da haben Migration – aber auch einheimische Urlaubsrückkehrer – schon viel Bereicherndes und Schönes zu uns gebracht. Allerdings scheinen wir bei dem mitgelieferten Vertrag nicht ins Kleingedruckte geschaut zu haben, denn offenbar haben wir nun das Gesamtpaket Migration XXL mit allem Drum und Dran erworben. Auch wer bei Sauerbraten, Forelle Müllerin oder Thüringer Klößen geblieben ist, steht im Vertrag mit drin – obwohl er noch nicht einmal Gebrauch davon gemacht hat. Wenn ich eine Tafel Schokolade esse, höre ich schließlich auch keine Panflötenmusik aus Südamerika dazu. Ich wüsste auch nicht, dass jemals ein Südamerikaner derlei eingefordert hätte.

Lass uns ein Döner essen, dann wird alles gut, scheint die Botschaft zu lauten. Liebe geht durch den Magen, deshalb bieten die Gewerkschaften zum 1. Mai auch gerne Festivitäten mit Essensbuden aus aller Herren Länder an. Wie überaus nett – aber wenig hilfreich bei der Überwindung sonstiger migrationsbedingter Unannehmlichkeiten. So zeigte die aktuelle Stunde des WDR jüngst eine Reportage über zunehmende Randale an der Düsseldorfer Rheinpromenade und der „längsten Theke der Welt“ in der Altstadt. Was in den Videoaufnahmen schon nicht mehr zu übersehen war, wurde erst im Nebensatz vorsichtig eingeräumt: Grund des Aufruhrs sind junge Migranten, die raumgreifend ihre Gefechte austragen oder einfach gelangweilt herumhängen. Natürlich wurde von einem Experten sofort darauf hingewiesen, dass jenes rustikale Verhalten eher mit „Männlichkeitsidealen“ zusammenhinge als mit der Herkunft; er blieb selbstverständlich aber die Erklärung schuldig, wo diese Ideale erworben wurden.

Romantische Gastarbeiterlegenden

Ähnlich verhält es sich mit dem Lob der Gastarbeiter, das derzeit überall erschallt. Anstatt das anzuerkennen, was sie tatsächlich geleistet haben – im Ruhrpott zum Beispiel echte Knochenarbeit auf dem Pütt -, werden Legenden gestrickt. Man hat den Eindruck, das alles habe nichts mehr mit den damals real existierenden Arbeitsmigranten gemein, die – wie es heute üblich ist – nur noch Statisten sind in der Erzählung, die uns weisgemacht und der Botschaft, die uns vermittelt werden soll: Ganz Deutschland sollen sie wieder aufgebaut haben, das deutsche Wirtschaftswunder ermöglicht, dabei war jenes schon im vollen Gange, bevor der erste Gastarbeiter deutschen Boden betrat. Vergessen auch, dass damals vor allem die in die NATO strebende Türkei von den Anwerbungsverträgen profitieren sollte: durch Abbau ihrer hohen Arbeitslosenzahlen nämlich und das Know-how, das die Gastarbeiter nach ihrer Rückkehr mitbringen sollten, um die türkische Industrie zu modernisieren. Nur hat man eben versäumt, diese Rückkehr rechtzeitig zu organisieren.

Ich zweifle gar nicht daran, dass ein Gastarbeiter Anfang der Sechziger ein hartes Leben in Deutschland hatte und sicher nicht mit Teddys beworfen wurde. Aber das macht weder die Legende vom Aufbau Deutschlands richtiger, noch hat es mit der heutigen unkontrollierten Migration etwas zu tun. Im Wort „Gastarbeiter“ steckt schließlich schon das Wort „Arbeit“ drin: die Leute sorgten für sich selbst. Es ist eigentlich schon eine Unverschämtheit, sich auf ihren Schultern auszuruhen. Und dann lesen wir da folgenden Tweet des Journalisten und „taz„-Autors Mohamed Amjahid:

(Screenshot:Twitter)

Ob Herr Amjahid schon einmal stundenlang im Hochsommer am Dönergrill stand, vermag ich nicht zu beurteilen; unter Tage hat er sicher nicht geschuftet. Sein Job scheint hauptsächlich darin zu bestehen, Deutsche zu beschimpfen, die ihn dafür bezahlen.

Es gibt Menschen – auch unter Deutschen – bei denen man es schnell bereut, jemals einen Gefallen von ihnen angenommen zu haben, weil sie rasch dazu übergehen, dafür Dankbarkeit einzufordern, die in keinem Verhältnis mehr zur ursprünglichen Wohltat steht. Hat man sich ursprünglich noch gefreut, wird damit auch die einstige Nettigkeit komplett entwertet – vor allem, wenn das Einfordern von Gegenleistungen mit großer Penetranz, der Überhöhung der eigenen Großmütigkeit und der dauerhaften Vermittlung eines schlechten Gewissens einhergeht. So ist es auch mit den Hinweisen auf Döner, Arbeitsleistung und kulturellen Bereicherungen: Sie mögen die angenehme Seite der Migration darstellen, aber wo steht eigentlich geschrieben, dass sie eine Art Kontoausgleich für die Überlastung unseres Sozialsystems oder eine überproportional hohe Kriminalität sind? Zumal das Gute meist von Einwanderern kommt, die an den negativen Seiten der Migration noch nicht einmal beteiligt sind? Die Rechnung wird also auch zu ihren Lasten aufgemacht – kein Wunder, dass sich gut integrierte Migranten immer häufiger dagegen verwahren.

Mit Dreistigkeit kann man Menschen zwar eine zeitlang überrumpeln, aber irgendwann kommt eben doch der Punkt, an dem der Bogen überspannt ist. Das, was Amjahid & Co. betreiben, hat nichts mehr mit dem berechtigten Einfordern von menschlichem Respekt zu tun. Es ist nur noch das Nörgeln eines verwöhnten Menschen, der es gewohnt ist, dass seine Umgebung jedes seiner Worte für eine Offenbarung hält.

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