
Von Edith Krisztina Dócza
Experten sind sich uneins, ob die Pandemie terroristische Organisationen stärkt oder schwächt. Während einige argumentieren, dass die Schwächung der Regierungen im vergangenen Jahr bewaffnete Gruppen gestärkt hat, glauben andere, dass dies auch ohne die Pandemie geschehen wäre. Máté Szalai, ein leitender Forscher am ungarischen Institut für Außenpolitik und Internationale Wirtschaft, sagte unserer Zeitung, dass die Pandemie die Strategie der Terrororganisationen nicht verändert hat.
– Es stimmt, dass die Schwächung einiger Staaten und die durch das Coronavirus ausgelösten sozialen Spannungen terroristischen Organisationen die Möglichkeit gaben, sich auszubreiten
– sagte Máté Szalai, Senior Researcher am ungarischen Institut für Außenpolitik und Internationale Wirtschaft, und fügte hinzu, dass sowohl der „Islamische Staat“ als auch al-Qaida in den letzten Jahren deutlich stärker geworden sind, unabhängig von der Seuchensituation.
Die Mitglieder des „Islamischen Staates“ beginnen schon früh mit der Ausbildung junger Menschen zu Soldaten (hier in der afghanischen Provinz Chorasan) · Bildquelle: Magyar Nemzet
Der Chef des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, warnte kürzlich, dass der Islamische Staat eine reale Bedrohung für die Welt bleibt, obwohl er einen Großteil seines Territoriums in Syrien und im Irak verloren hat. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte Kahl, der Islamische Staat sei zu einem dezentralen Netzwerk geworden, ähnlich wie Al-Qaida, und seine Unterorganisationen expandierten in der Region und in Afrika.
– Im Irak zum Beispiel gab es Mitte der 1920er Jahre die höchste Anzahl von Angriffen des Islamischen Staates seit 2018
– betonte Máté Szalai.
Die größte Herausforderung sei derzeit die Sahel-Region, in der Dschihadisten und ihre Verbündeten im vergangenen Jahr insgesamt 1.170 Anschläge verübten, so der Forscher.
– Diese Zahl ist besonders besorgniserregend, wenn man bedenkt, dass die Zahl der Angriffe im Jahr 2016 bei weniger als 100 lag“, so der Experte.
Der Vorsitzende des Bundesnachrichtendienstes wies zudem darauf hin, dass auch europäische und westliche Mächte Hilfe leisten sollten, insbesondere für die Regierungen der Sahelzone wie Burkina Faso, Niger und Nigeria. Kahl glaubt, dass nur eine starke Führung terroristische Organisationen bekämpfen kann, obwohl nicht alle Forscher dieser Meinung sind. Eric Stollenwerk vom Hamburger Global and Area Studies Institute (GIGA) hingegen meint, dass eine alleinige Stärkung der Staaten weder den Islamischen Staat noch al-Qaida besiegen wird. Der deutsche Forscher sieht die Lösung in internationaler Hilfe.
– Es ist eine Illusion zu glauben, dass eine Stärkung des Staates automatisch Sicherheit garantiert
– so Stollenwerk.
Quelle: Magyar Nemzet