Horst D. Deckert

Jung & Weiblich: Die „Herr:innen“ der „Welt“- Lage

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Jung und weiblich ist cool. Alt und männlich ist uncool. Das scheint besonders für den Bundestag zu gelten. Ulrich Exner und Luisa Hofmeier schmeißen in der „Welt“ mit Vorschußlorbeeren für drei junge Grazien nur so um sich. Ria Schröder, Ricarda Lang und Wiebke Winter werden wohl der nächsten Herzkammer unserer feinen Demokratie angehören. Die Medienkritik.

von Max Erdinger

Jünger und weiblicher müsse der Bundestag werden, heißt eine beliebte Forderung bei solchen, die gern hätten, daß man sie für den personifizierten Fortschritt halten soll. Hält man aber nicht. Kleiner und klüger muß er nämlich werden, der Bundestag. Allerweil ist schon aufgestuhlt worden im Plenarsaal, damit bis zu 1.000 fraktionsgezwungene Parlamentarier „Platz machen“ können. Obwohl schon bei 709 Abgeordneten oft genug freie Platzwahl herrschte. Bekanntlich hatte man bisher schon Probleme damit, Gesetze zu beschließen, weil die erforderliche Hälfte aller Volksvertreter gar nicht anwesend gewesen ist. Späßchen. Es gab kein Problem. Die Gesetze wurden trotzdem beschlossen. Weil man es schließlich nicht so genau nehmen muß mit den Gesetzen, wenn man erst einmal zum Gesetzemachen nach Berlin entsandt worden ist. Das höchste deutsche Parlament ist größer, als das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten von Amerika.

In der „Welt“ erschien dennoch der Artikel eines gemischten Schriftdoppels, dem die Begeisterung für weitere drei junge Damen förmlich von der Seite tropfte. Ria Schröder (FDP), Ricarda Lang (Grüne) und Wiebke Winter (CDU) werden voraussichtlich das geschwollene Herz unserer Demokratie jünger und weiblicher machen. Man hätte sie blasen lassen sollen. Also, Ulrich Exner und Luisa Hofmeier hätte man blasen lassen sollen, meine ich. Ins Röhrchen. Weil der Verdacht im Raum steht, sie könnten bei der Abfassung ihrer Lobhudelei auf die junge Weiblichkeit besoffen gewesen sein.

Die Schlagzeile ist ein Zitat der grünen Quadratgrazie: „Für Sexisten bin ich ein Angriff auf ihr Weltbild“. Das stimmt natürlich nicht. Der wahre Sexist würde sich verteidigen, wenn er angegriffen wird. Die grüne Jungfrau … die junge Grünfrau jedoch würde er mit den Worten „Sex ist nicht alles, mein Liebes“ zu trösten versuchen. Weil der wahre Sexist ein Herz im Leib hat und noch weiß, was Mitgefühl ist. Vielleicht würde er es in ihrem Fall aber auch bleiben lassen, weil er gute Gründe für die Annahme hätte, daß die junge Grünfrau in den Bundestag wollen könnte, um sich an allen Männern für die Zurückweisungen ihres Lebens zu rächen, und nicht, um die Herzkammer unserer feinen Demokratie jünger und weiblicher zu machen, was schließlich Sinn und Zweck eines demokratischen Parlaments zu sein hätte. Ein Parlament, das nicht jünger und weiblicher wird, ist praktisch dysfunktional. Heutzutage weiß das jeder wahre Demokrat. Trotzdem hätte es „Sexist:innen“ heißen müssen in der Schlagzeile. Gerade die junge Grünfrau, Ricarda Lang, hätte das wissen können. Der lebenserfahrene Sexist sieht ihr den ärgerlichen Lapsus aber nach, weil er ohnehin weiß, daß es sich bei den Grünen nicht gerade um den Club der Wissenstarken handelt, sondern um die Partei der Meinungsstarken.

Drei junge Frauen – Ria Schröder (FDP)

Bei der ersten der drei begeisternden jungen Damen, die Ulrich Exner und Luisa Hofmeier mit ihrem „alters- & geschlechtsrassistischen“ Wohlwollen überhäuften, handelt es sich um Frau Ria Schröder. Frau Ria Schröder will den Bundestag namens und im Auftrage der FDP jünger und weiblicher machen. In der „Welt“ gibt es ein großes Foto von der optimistisch dreinschauenden, überaus fröhlich wirkenden Weiblichkeit, der jungen. Auf einem uralten Damendrahtesel der „Adlerwerke“ kommt sie ins Bild geradelt und strahlt dem Leser ins Gesicht. Schon ihre Uroma benutzte genau dieses Fahrrad, erfahren wir. Während ihr Parteichef, der noch nicht ganz alte Christian Lindner, noch immer mit einem Porsche 911 SC durch die Gegend fährt, als ob es keine Umwelt gäbe. Da merkt der Leser sofort, daß nicht nur Schwerter zu Pflugscharen werden müssen, sondern am besten auch gleich der Lindner zur Schröder. Stolz auf seinen Porsche sei er außerdem auch noch, der PatrickGottlieb … Christian Lindner, heißt es in der „Welt“. Das ist das Verwerflichste an der ganzen Sache: Daß er sich noch nicht einmal schämt für seinen Porsche. Wahrscheinlich hat er keinen Anstand im Leib. Männer – phhh!

Aber erfahren wir auch etwas über die politischen Vorstellungen der jungen Frau Ria Schröder, der weiblichen? – Na klar. Aber bevor wir das erfahren, müssen wir uns erst die Geschichte ihrer „Held:innenwerdung“ durchlesen. Nach der verlorenen Bundestagswahl 2013, erfahren wir, sei die junge Frau Ria Schröder in die FDP eingetreten, um das Loserhäufchen von einem gedemütigten Anhängsel der CDU in eine ernstzunehmende Freiheitspartei zurückzuverwandeln. „Als 2016 trotzdem alles weitergehen sollte wie bisher, mit dem alten Personal, mit dem bisherigen Bundestagsabgeordneten, hat sie sich in den Weg gestellt.“ – „Stop! Hier Schröder! Jung und weiblich! Neben mir, das ist mein Fahrrad. Es stammt von den Adlerwerken!“.

Wir wissen nicht, ob sie genau diese Worte benutzt hat, als sie sich im Jahre des Herrn 2016 der hoffnungslos umherirrenden, altliberalen Prozession in den Weg stellte. Jedenfalls: „Schröder gewann die Kampfabstimmung in Hamburg, wurde Bundestagskandidatin der Liberalen, konnte sich im Wahlkreis aber nicht durchsetzen. In diesem Jahr versucht sie es erneut. Wieder verdrängte sie einen der älteren FDP-Herren. Diesmal von Platz zwei der Landesliste.“ – Gottlob hat sie den älteren Herren nicht über den Haufen gefahren mit ihrem uralten Damenrad aus den Adlerwerken. Womöglich wäre sie dabei gestürzt und hätte das Leben verloren. Auf dem Foto in der „Welt“ hat die junge und weibliche Jeanne d´Arc der FDP gar kein Helmchen auf. Und eine FFP-2-Maske auch nicht. Kein Wunder, daß ihr die Herzen von Ulrich Exner und Luisa Hofmeier nur so zugeflogen sind.

Aber gut, was ist jetzt mit den politischen Vorstellungen der jungen und weiblichen Frau Ria Schröder von der FDP? Wir erfahren, daß sie sich den wichtigsten Themen seit der Erfindung der Spülmaschine zuwenden will. Identifiziert hat sie die auch schon. Es handelt sich um drei Themen, weil drei immer besser sind als zwei oder vier. Wegen Mutter, Tochter und heiliger Geist:in. Wer klug rüberkommen will, identifiziert immer genau drei Themen. Es geht um „Klimaschutz, Digitalisierung, Sozialsysteme„. Selbst wenn es für die FDP auch schon egal ist: Möge ihr der Herr den Vorsitzenden Lindner und seinen Porsche noch lange erhalten. Die junge Frau Ria Schröder hingegen möge ihr altes Damenrad von den Adlerwerken hin zu den Grünen lenken. Klimaschutz und Sozialsysteme als Themen für die FDP? Da weinen ja die Hühner. Und der liberale Hahn ersäuft seinen Kummer im Korn. Wenn Frau Ria Schröder zu den Grünen geradelt ist, trifft sie dort auf die zweite der drei weiblichen „Bundestagsverjünger:innen“, Frau Ricarda Lang.

Frau Ricarda Lang (Grüne)

Frau Ricarda Lang von den Grünen ist diejenige, die für „Sexist:innen“ (Korrektur des sexistischen Verfassers) einen „Angriff auf“ deren „Weltbild“ darstellt. Da ist es gut, daß es sich nicht um einen perfiden Angriff in Tarnkleidung handelt. Auf dem Foto in der „Welt“ ist die junge und weibliche Frau Ricarda Lang einwandfrei zu identifizieren, um nicht zu sagen unübersehbar. Ein sehr rotes Kleid hat sie an. Im Hintergrund kann man die Charité erkennen. Die ist fast genau so breit wie die junge und weibliche Frau Ricarda Lang in ihrem roten Kleid. Zwar bin ich kein Modedesigner und Schneider bin ich auch nicht, aber ich glaube, daß Experten solche Ärmel wie die an Frau Ricarda Langs rotem Kleid „Puffärmel“ nennen. Aber egal. Ich bin keiner, sondern nur ei ordinärer Sexist.

Die unübersehbare Jungweibliche überzeugt schon bildlich durch hohe Standfestigkeit und Spurtreue. Bei FDP-Lindners Porsche würde man von einer Spurverbreiterung samt negativem Radsturz reden. Damit kann man besser die Kurve kratzen. Jedenfalls weiß der geschulte Sexist, daß die junge Frau Ricarda Lang dann, wenn sie würde schlanker wirken wollen, um Tarnkleidung kaum herumkäme, weil sie sich dadurch unauffällig in die Umgebung einpassen würde. Unauffälligkeit ist aber nicht gerade das, was die weibliche Grünfrau in ihrer ganzen Jugendlichkeit anstrebt. Weswegen sie gern auch große Töne spuckt.

Wie schon die pseudoliberale Frau Ria Schröder hat es auch die junge Grünfrau Ricarda Lang in ihrer ganzen unübersehbaren Weiblichkeit mit den drei Dingen, nicht mit zwei oder vier. „Drei Dinge, sagt Lang, wolle sie auch im politischen Betrieb Berlins verändern: so sprechen, dass jeder sie verstehe. Einen öffentlichen Diskurs prägen, bei dem tatsächlich debattiert werde und nicht nur vorgefertigte Formulierungen ausgetauscht würden. Und sich für mehr parteiübergreifende Zusammenarbeit einsetzen – und nicht aus Prinzip Vorschläge anderer Parteien ablehnen.“ – Zu Punkt eins: Es steht der Verdacht im Raum, daß die junge Frau Ricarda Lang zum besseren Verständnis so reden wollen könnte, wie es Frau Annalena Baerbock auf ihrer Internetseite vorgemacht hat. In „leichter Sprache“ nämlich. Kurze Sätze, keine Fremdwörter, keine Konjunktive und möglichst nur im Präsens. Vielleicht glaubt sie, daß der Bundestag im Grunde nichts anderes sei als ein großer Kindergarten. Womöglich will sie auch nur, daß Leute sie verstehen, die kein richtiges Deutsch können. Nicht richtig Deutsch zu können ist nämlich die ideale Voraussetzung dafür, die Grünen zu wählen. Weil man dann nicht so genau wissen kann, was sie vorhaben.

Zu Punkt zwei: Die junge Frau Ricarda Lang möchte gern einen öffentlichen Diskurs, bei dem wirklich debattiert wird, … ähem … prägen. Ihm also einen „Stempel aufdrücken“. Da können wir im Sinne der ach-so- notwendigen Auffrischung des Bundestages durch die junge Weiblichkeit nur hoffen, daß die AfD nicht genauso prägegeil ist. Sonst hätten wir es bald mit Stempeldebatten in der Herzkammer unserer feinen Demokratie zu tun.

Punkt drei: Die parteiübergreifende Zusammenarbeit. Auch mit der AfD? Ganz ohne vorgefertige Formulierungen? – Sensationell. Die Sache hat leider einen Haken. Mit Blick auf die Debatte heißt es nicht „politische Zusammensetzung“, sondern „politische Auseinandersetzung“. Die politische Zusammensetzung ist ganz ohne Debatte bereits unter dem Kürzel SED bekannt, und wo es das gibt, spricht man vom Einparteienstaat. Ob es der jungen und besonders weiblichen Frau Ricarda Lang von den Grünen vielleicht einmal jemand in leichter Sprache verständlich machen könnte? Sie wäre leicht zu finden. Sie hat ein rotes Kleid mit Puffärmeln an. – Herzlichen Dank einstweilen.

Frau Wiebke Winter (CDU)

Frau Wiebke Winter kommt aus dem über Jahrzehnte von Sozen ruinierten Stadtstaat Bremen und hat angeblich das, was dort allen CDUlern seit ewigen Zeiten fehlt. Drei Dinge sind es wieder, nicht zwei oder vier: „Charisma, Dynamik, Siegeswille„. Sind das nicht bewundernswerte Qualifikationsmerkmale zur ganzen jungweiblichen Östrogenhaltigkeit obendrein? – Doch, ganz bestimmt. Charismatische, dynamische und siegeswillige Politfrauen braucht der Bundestag. Besonders die jungen unter den solchen. Nicht auszudenken, was für ein Glück dem Mutterland droht, wenn Frau Wiebke Winter nicht nur östrogenhaltig, sondern auch noch nachhaltig denkt!

Ulrich Exner und Luisa Hofmeier von der „Welt“ sind jedenfalls schon vorauseilend begeistert: „Gerade saß sie, vermutlich als erste Bremer Christdemokratin überhaupt, bei „Markus Lanz“ und trieb zusammen mit Luisa Neubauer von Fridays for Future die eigenen Leute beim Megathema Klimaschutz vor sich her. Sie kann an dieser Stelle sehr schnell sehr ungeduldig werden.“ – Charismatisch, dynamisch, voller Siegeswillen, östrogenhaltig, ungeduldig – und tatsächlich auch noch nachhaltig denkend. Frau Wiebke Winter for Mrs. President!

Na ja, vielleicht eher nicht. Wer sich mit Luisa Neubauer zusammentut, dieser gehätschelten, verwöhnten und siebengescheiten Jungkatastrophistin aus reichem Hause, die habe sich schon bei Markus Lanz für den Bundestag disqualifiziert, meint da der alte weiße Mann. Charisma, Dynamik und Siegeswillen hin oder her. Alter Schwede: Greta Thunberg, Luisa Neubauer, Wiebke Winter – drei.

Die „Welt“: „Ich war immer schon laut“, sagt Wiebke Winter, „ich habe immer schon genervt, ich war immer schon hartnäckig.“ – und so ist es wohl auch geblieben. Das ist selbstredend ein weiteres Qualifikationsmerkmal für den Einzug in den Bundestag. Charisma, Dyamik, Siegeswillen, Klimaneurose, Nervensäge, hartnäckige Schreihalsigkeit – kurzum: alles, was dem Bundestag bisher gefehlt hat, weil er noch nicht jung und weiblich genug gewesen ist. Unter den Frauen ist die Powerfrau wahrscheinlich das, was unter den Schnecken die Rennschnecke ist.

Zusammenfassung

Drei junge Frauen, jede mit drei Themen: Das macht die Zusammenfassung zur kürzesten aller Zeiten. Sie lautet: Drei. Das ist zugleich das Ergebnis. Für „Sexist:innen“ ist meinereiner eben ein Angriff auf ihr Weltbild.

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