Horst D. Deckert

Klar rechtswidrig: Abfotografieren von Masken-Attesten

Immer wieder gab es Berichte, dass Polizeibeamte im Zuge von Anti-Coronamaßnahmen-Demos ärztliche Atteste von Teilnehmern abfotografierten. Die Betroffenen wunderten sich, denn sonst ist der Datenschutz doch so wichtig. Sollten ihre medizinischen Daten wirklich auf Dienst- oder Privathandys von übereifrigen Polizisten abgebildet werden dürfen? Ein Leser reichte Beschwerde ein – die Antwort der Polizei ist erstaunlich. Doch tatsächlich gilt: Das Abfotografieren ist rechtswidrig.

Info-DIREKT hat den Sachverhalt recherchiert. So gab es im Zuge eines Behördenauftrages im Jänner einen Polizeibefehl, der das Abfotografieren von Attesten vorsah. Darüber wurde auch in verschiedenen Medien ausführlich berichtet. Den tatsächlichen Skandal in der Vorgangsweise erkannten nur patriotische Medien. Bei medizinischen Daten handelt es sich um ganz besonders sensible, personenbezogene Daten. Dass diese mit Dienst- oder gar Privathandys abfotografiert werden und dann an unbekannte Ziele auf die Reise geschickt werden, ohne dass irgendeine Verschlüsselung vorliegt, kann von keinem Datenschutzgesetz gedeckt sein. 

Behördenjuristen bliesen rechtswidrige Praxis im Februar ab

Offensichtlich schlug man auch bei der Rechtsabteilung der Polizei die Hände über dem Kopf zusammen, als man Kenntnis von diesem rechtswidrigen Befehl erlangte. So wurde im Februar folgende Information an alle Polizeibeamten ausgegeben:

Es dürfen nicht pauschal alle ärztlichen Atteste abfotografiert werden. Nur jene, die den Verdacht einer Verwaltungsübertretung begründen, weil sie offenkundig ungeeignet sind, die gesundheitliche Unzumutbarkeit des Tragens von Mund-Nasen-Schutz zu belegen.

Rechtsmeinung der Anwälte für Grundrechte

Ab diesem Zeitpunkt hatte der Behördenauftrag zum pauschalen Abfotografieren und weiterleiten der Dokumente keine Gültigkeit mehr. Zu diesem Thema gibt es auch von den Rechtsanwälten für Grundrechte eine konkrete Publikation:

Jede Handhabung von Daten- „händisch“ oder automatisationsunterstützt verarbeitet- ist durch die DSGVO geschützt. Jedwede Verarbeitung dieser Daten ist ausschließlich mit der Einwilligung der betroffenen Person möglich. Es ist daher ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung ein Abfotografieren Ihres Attestes gesetzwidrig und haben Sie das Recht es zu verweigern.

Die Anwälte beraten auch im Falle von rechtswidrigen Strafbescheiden, welche beispielsweise trotz Vorliegens eines gültigen Attests ausgestellt werden.

Anekdote eines Lesers: „Weil der Beamte so schlecht sieht!“

Auch bei einem Leser von Info-DIREKT wurde Ende Jänner bei einer Kontrolle am Wiener Westbahnhof das ärztliche Attest abfotografiert. Sein Fall zeigt den Einfallsreichtum mancher Polizeibeamter, die möglicherweise auch damals schon recht genau wussten, dass es für das Abfotografieren vielleicht einen dienstlichen Befehl aber keine haltbare Rechtsgrundlage gibt. Der Mann reichte Beschwerde ein. Daraufhin erhielt er die Auskunft, dass das Foto nur zum Zweck der Vergrößerung mit dem elektronischen Zoom des Mobiltelefons angefertigt wurde. Nachdem der Beamte den solchermaßen vergrößerten Stempel kontrolliert hätte, wäre das Foto natürlich sofort gelöscht worden.

Ob ein Beamter, der zur Kontrolle eines A4-Zettels die Zoomfunktion eines Mobiltelefons braucht überhaupt dienstfähig ist, sei dahingestellt.

Wir haben uns in Folge noch weiter erkundigt, wie es um den „Ausnahmefall“ steht, dass die Polizei behauptet, ein solches Attest wäre gefälscht und müsse deshalb abfotografiert werden. Auch ein solcher Vorgang wäre fragwürdig. Besteht ein begründeter Verdacht einer Fälschung, reicht ein Handyfoto nicht. Das Dokument müsste dann wegen des Verdachts auf eine Straftat (Dokumentenfälschung) beschlagnahmt und Spezialisten zur Prüfung vorgelegt werden.

 

 

 

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