Es wird befürchtet, dass sich unter den afghanischen Flüchtlingen, die in Belgien ankommen, in naher Zukunft auch Menschenschmuggler und Terroristen befinden
Von Éva Harangozó
Diese Befürchtung geht aus einem internen Schriftverkehr der Polizei hervor, der der belgischen Zeitung Het Nieuwsblad vorliegt. Die E‑Mail richtet sich speziell an Dienststellen, welche die Migrantenzentren betreuen, und fordert die Behörden auf, jegliche extremistischen Äußerungen oder Anwerbungen zu melden.
Im Zusammenhang mit den Ereignissen in Afghanistan und der Machtübernahme durch die Taliban sind viele Experten der Ansicht, dass nicht nur die unmittelbare Region, sondern auch Europa durch die zunehmende Aktivität terroristischer Gruppen gefährdet sein könnte. Einige sagen, dass die Bedrohung nicht jahrelang auf sich warten lassen wird. Hans-Jakob Schindler, Direktor des Counter Extremism Project, einer internationalen gemeinnützigen Organisation, die sich für die Bekämpfung von Terrorismus und extremistischer Ideologie einsetzt, warnte, dass die Taliban zwar versprochen haben, die Rechte der Frauen zu respektieren und denjenigen zu vergeben, die gegen sie gekämpft haben, dass sie aber nicht bereit sind, ihre Grundsätze aufzugeben:
Es sind dieselben Extremisten, die laut regelmäßiger UN-Berichte in den letzten Jahren für die Tötung Tausender Afghanen verantwortlich waren.
Trotz der Zusicherungen der Taliban wird in jüngsten Berichten betont, dass sie nach wie vor mit der Terrororganisation al-Qaida und den zahlreichen mit al-Qaida verbundenen Terrorgruppen, die in Afghanistan operieren, verbunden sind. Presseberichten zufolge ist Al-Qaida weiterhin in mindestens 15 afghanischen Provinzen aktiv. Die Financial Times, eine britische Wirtschaftszeitung, berichtet ebenfalls, dass die Bedrohung durch extremistische Gruppen in Afghanistan seit dem Tod von Osama bin Laden, einem der Gründer von al-Qaida, vor zehn Jahren zwar abgenommen, aber nie aufgehört hat. Mit der Rückkehr der Taliban befürchten westliche Geheimdienst- und Verteidigungskreise, dass Al-Qaida die Situation ausnutzen könnte, um Mitglieder der Terrororganisation neu zu gruppieren, was die Chancen erhöht, dass Afghanistan erneut zu einem Zentrum für die Rekrutierung und Ausbildung radikaler Islamisten wird. Ken McCallum, der Direktor des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5, warnte im vergangenen Monat, dass die alliierten Militäraktionen zwar die Infrastruktur von Al-Qaida im Lande zerschlagen hätten, die Terrororganisation aber immer noch versuchen könnte, „neue Zentren zu errichten“.
Erwarten Sie ein Erstarken der Al-Qaida und anderer kleinerer Gruppen, unter anderem in Afghanistan und Pakistan
– sagte Guido Steinberg, Terrorismusexperte am Institut für Internationale Politik und Sicherheit in Berlin. Steinberg ist der Ansicht, dass es in diesem Stadium unmöglich ist, zu sagen, wo diese Gruppen entstehen werden. Der Experte fügte hinzu, dass die Dschihadisten vor allem in Afghanistan stark sind, aber auch im Kaukasus, in Afrika und im Jemen existieren. John Sawers, ehemaliger Chef des britischen Geheimdienstes MI6 (Secret Intelligence Service, SIS), äußerte sich vorsichtiger: Seiner Ansicht nach sind die Taliban jetzt darauf konzentriert, ihre Position im Land zu festigen, und haben angesichts ihrer wichtigen Verbindungen, insbesondere zu Pakistan, Iran und China, kein Interesse daran, dass das Land zu einer Basis für den internationalen Terrorismus wird. Zuvor hatte der belgische Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw erklärt, dass der Machtwechsel in Afghanistan nicht unmittelbar eine neue terroristische Bedrohung bedeute, da sich die Taliban seiner Meinung nach „zunächst auf lokale Konflikte konzentrieren“. Er fügte jedoch hinzu, dass man in zwei bis drei Jahren mit einer Bedrohung rechnen müsse und dass sich einige Taliban-Anhänger bereits in Belgien aufhalten könnten.
Dass die Experten in dieser Frage geteilter Meinung sind und nur bedingte Vorhersagen treffen können, bestätigte auch Georg Spöttle, Analyst am ungarischen Nézőpont-Institut:
Die Taliban haben alles versprochen, um die Menschen daran zu hindern, Afghanistan zu verlassen, denn das würde auch das Kapital aus dem Land treiben.
Gleichzeitig ist es wichtig festzustellen, dass die Europäische Union und die Vereinigten Staaten auf diplomatischer Ebene nicht bereit sind, mit den Talibanführern zu verhandeln, während die Regierungen der Nachbarländer Afghanistans – Usbekistan, Tadschikistan und Iran – abwarten. Der Experte fügte hinzu:
Es ist noch zu früh, um vorherzusagen, ob die Taliban ihr unmenschliches Gesicht zeigen und versuchen werden, eine neue Einheitsregierung zu bilden.
Quelle: Magyar Nemzet

