Horst D. Deckert

Krisengewinnlertum: Flüchtlingsunterbringung als Gelddruckmaschine

Erstaufnahmeeinrichtung in Leipzig: von hier aus geht es weiter in die teuer erworbenen Unterkünfte (Foto:Imago)

Die aktuelle Migrationskrise entwickelt sich zur Goldgrube für Spekulanten – und offenbart einmal mehr die fahrlässige Stupidität der deutschen Politik: Sie sorgt durch kurzsichtige und erratische Volten und fehlende Langzeitplanung für Chaos und verursacht maximale Belastungen für die längst geplünderten öffentlichen Kassen im Namen der „Humanität” – was von pfiffigen Unternehmern und cleveren Geschäftemachern dankbar ausgenutzt wird. Und zwar auf allen politischen Ebenen, vom Bund bis hinunter in die Kommunen. Dies zeigt ein aktuelles Beispiel aus Sachsen, das exemplarisch für unzählige ähnlicher Absurditäten zwischen Nordsee und Alpen stehen dürfte an.

Um ukrainische Flüchtlinge unterbringen zu können, ist die Stadt Leipzig derzeit gezwungen, ein Grundstück zu horrenden Konditionen zurückzukaufen, das sie erst 2014 für 500.000 Euro an eine Projektentwicklungsfirma verkauft hatte. Allerdings beträgt der nunmehrige Rückkaufwert mehr das als dreißigfache (!) des damaligen Verkaufserlöses. Hintergrund war ein bemerkenswert Vorgang: Nur einen Tag nach der damaligen Transaktion des fraglichen Geländes an die KKS Projekt GmbH änderten sich die Bedingungen für die Nutzung der Gebäude: Das Verbot, Flüchtlinge in Gewerbegebieten unterzubringen, wurde aufgehoben. Der auffällige zeitliche Zusammenhang legt ein – gerade auf kommunaler Ebene nicht ungewöhnliches – Durchstechen von „Insider-Informationen“ nahe; jedenfalls handelte es sich um ein ausgesprochen glückliches Timing: Denn prompt änderte damals die neue Eigentümerin ihre ursprünglichen angeblichen Plane mit dem erworbenen Objekt, „Ateliers für Künstler“ darauf zu errichten, und vermietete die bestehenden Häuser stattdessen clever an den Freistaat Sachsen zurück – als Sammelunterkünfte für 350 Asylbewerber. Auch wenn der anrüchige Vorfall damals zu erheblichen politischen Verwerfungen in der Stadt führte und schließlich personelle Konsequenzen im verantwortlichen Liegenschaftsamt nach sich zog, handelte es sich dabei um nicht Ungewöhnliches für deutsche Verhältnisse, wo die Ausplünderung des Gemeinwesens durch „produktive Verfilzung“ und jene Sonderform von „private-public partnership“ gang und gäbe sind.

Dubioser Deal zur rechten Zeit

Doch jetzt, acht Jahre nach dem dubiosen Deal zur rechten Zeit, wird erst richtig Kasse gemacht: Die Stadt Leipzig will die betreffenden Gebäude nun zurückkaufen – für 15,3 Millionen Euro plus 750.000 Euro Erwerbsnebenkosten. Zweck des Vorhabens: Die Unterbringung von erwarteten mehr als 10.000 Ukraine-Flüchtlinge in der Stadt, von denen etliche schon eingetroffen sind.  Außerdem sollen auf dem Gelände noch zusätzliche Wohncontainer aufgestellt und später ein großer Anbau errichtet werden. All das soll durch einen Kredit der staatlichen Förderbank KfW für Flüchtlingseinrichtungen „finanziert” – also ebenfalls letztlich von Steuerzahler aufgebracht werden. Zum irrwitzigen Kaufpreis heißt es in der Vorlage lediglich lapidar, dieser sei „das Ergebnis von Kaufpreisverhandlungen.“ Immerhin wurde also noch verhandelt…

Über die skandalöse Vorgeschichte der ganzen Aktion bewahrt man verständlicherweise Stillschweigen. Nächste Woche soll der Leipziger Stadtrat über den Plan entscheiden. Erschwerend stellt sich allerdings dar, dass die Eigentumsübertragung erst in über einem Jahr (!), zum 1. Mai 2023 erfolgen kann, weil Teile eines Gebäudes derzeit noch von einem Verein für behinderte Kinder genutzt werden. Durch eine Eilentscheidung des Oberbürgermeisters hat die Stadt für die Übergangszeit einen seit diesem Monat geltenden Mietvertrag abgeschlossen – und auch der hat es in sich: Die Nettokaltmiete beträgt 54.000 Euro pro Monat, die Betriebskosten zusätzlich schätzungsweise weitere 12.900 Euro. Sollte der Ankauf scheitern, wäre der Mietvertrag auf maximal fünf Jahre befristet.

Mondpreise für Ukraine-Kriegsflüchtlinge

Die Stadt rechtfertigt den horrenden Rückkaufpreis damit, dass er „langfristig günstiger als die Miete” sei. Die KKS Projekt GmbH hingegen hält ihn erwartungsgemäß für angemessen, da er sich „am aktuellen Marktwert” orientiere. Die Linke im Stadtrat wittert, pflichtschuldigst, finstere „kapitalistische” Machenschaften und „Kriegsgewinnlertum“, womit sie in diesem Fall vielleicht sogar nicht ganz unrecht hat – obwohl schon während der gesamten Flüchtlingskrise seit spätestens 2015 diese Art von kreativer Umverteilung verbreitete Absahnet-Masche ist, an der alle Seiten prächtig verdienen; nicht selten liegt in der Aussicht auf solche Machenschaften auch die von vielen an sich zahlungsunfähigen Städten ausgerufene Selbsterklärung zum „sicheren Hafen unter dem Slogan „Wir haben Platz“ zugrunde.

Das Ganze ist ein weiteres Beispiel für die unglaubliche Verantwortungslosigkeit deutscher Politiker im Umgang mit den ihnen anvertrauten Steuergeldern. Zudem stellt sich hier noch die Frage, wie es mit dem für weit über 15 Millionen Euro erworbenen Gelände nach dem Ende des Ukraine-Krieges weitergehen soll: Im Gegensatz zu den Migranten von 2015 handelt es sich bei zwar nicht allen, aber vielen Ankömmlingen aus der Ukraine erstens um tatsächliche Flüchtlinge und zweitens vornehmlich um Frauen und Kinder. Diese werden nach Kriegsende wohl mehrheitlich zu ihren derzeit kämpfenden Angehörigen in der Heimat zurückkehren und am Wiederaufbau ihres zerstörten Landes mitwirken (die erste Rückzugsbewegungen in die West-Ukraine setzen bereits ein), anstatt lebenslang die Segnungen des deutschen Sozialstaates genießen zu wollen. Vielleicht stößt die Stadt Leipzig die Gebäude dann ja wieder für 500.000 Euro an den nächsten privaten Interessenten ab – um sie in der nächsten Krise abermals zum -zigfachen Preis zurückzukaufen.

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