„Man legt sich nicht an mit die Antifa, capisce, Signore Journalist?“ Sonst kommen die „Men in Black“ von den Freunden der stalinistischen Oper und „entnehmen“ Störenfriede aus der Gesellschaft. So lautet eine Gewaltfantasie, die derzeit im Internet verschickt wird, eine Liste mit 250 Namen, die nach Ansicht ihres anonymen Verfassers todeswürdig sein sollen. Natürlich will der Initiator nicht zur Gewalt aufrufen – wie kann man nur auf so eine abwegige Idee kommen? – er philosophiert nur ein bisschen herum.
Denn merke: Wenn man Masken- und Impfpflicht nicht mag, ist man ein potentieller Serienmörder, der hasst und hetzt. Markiert man aber seine Wunschopfer auf einer Liste, dann gilt das als Akt der Prävention. Schließlich könnten sich alle diese Menschen zu Hitlers, Mengeles und Himmlers entwickeln. Ach was, sie sind schon Hitlers, Mengeles und Himmlers, wer gegen sie zur Gewalt aufruft, darf sich als Westentaschen-Stauffenberg fühlen. „Rechts“ als Zuschreibung reicht nicht, das ist noch steigerungsfähig.
Die Diffamierung erklimmt eine neue Eskalationsstufe. Drohungen, Sachbeschädigung und auch Körperverletzung gegen politische Abweichler zählen in manchen Kreisen schon zum guten Ton. Bisher allerdings wurde die rote Linie zum Massen-Mordaufruf noch nicht überschritten – in Diskussionen über linke Gewalt argumentieren deren Verharmloser diese stets mit der Begründung, die Linke töte nicht, unter den Tisch. Es fehlt allerdings oft nicht mehr viel.
Rote Linie überschritten
In diesem Fall geht es aber auch nicht um eine allgemeine politische Stigmatisierung, sondern der Corona-Bezug ist deutlich. Und wieder einmal führt eine gerade Linie zu den Feindeslisten, welche Jan Böhmermann regelmäßig veröffentlicht. Wie praktisch, wenn man laut „Satire“ rufen kann, falls der Öffentlichkeit auffällt, dass so ein Mordaufruf vielleicht doch ein bisschen viel des Guten darstellt. So kam seinerzeit auch das „Zentrum für politische Schönheit“ nach einer ähnlichen Aktion gegen Roger Köppel davon. Böhmermann echauffierte sich bekanntlich darüber, dass bei Markus Lanz auch Mediziner zu Wort kamen, die uns nicht die nächsten Jahrzehnte im Lockdown versauern lassen wollen. Wohlgemerkt: Es waren Fachleute, die das Virus durchaus ernst nehmen, aber die allgemeine Panik und Hysterie nicht weiter anfachen wollen. Wie man im vorliegenden Fall sieht, sind solche Stimmen bitter nötig.
Warum aber reagieren die Medien nicht mit einer ausführlichen Berichterstattung auf so einen Aufruf? Den einen Grund kennen wir: Die Einseitigkeit bei der Beurteilung von Gewalt – man stelle sich vor, es kursierte eine Liste, auf der Journalisten wie Deniz Yüksel oder Ärzte wie Christian Drosten aufgeführt sind. Der Verfassungsschutz und die Medien würden Amok laufen, und das in diesem Fall nicht zu unrecht. Wo politische Gegner mit dem Tod bedroht werden, egal, zu welcher Partei sie gehören, besteht dringender Handlungsbedarf.
Dringender Handlungsbedarf
Wahrscheinlich will man aber nicht, dass die Öffentlichkeit weiß, wie es um die politische „Kultur“ von links bestellt ist. Jemanden von einer Veranstaltung auszuschließen, wird eventuell noch murrend hingenommen, aber wenn das wahre Ausmaß linker Gewalt in Deutschland offenbar wird, könnte der ein oder andere Bürger doch ins Grübeln kommen, ob die Feinde der Demokratie nicht in einem anderen Lager zu finden sind als allgemein behauptet. Und wenn sie nur Angst haben, zum Kollateralschaden zu werden.
Man vermag heute nur noch schwer einzuschätzen, wie ernst die Drohungen gemeint sind – aber allein der Gedanke, dass jemand darüber fantasiert, Menschen zu „entnehmen„, was nur einen Euphemismus für ein Tötungsdelikt darstellt, lässt tief blicken. „Entnommen“ werden Tiere, die eine Bedrohung für menschliche Ansiedlungen darstellen – der Urheber des Aufrufs sollte also ernsthaft in sich gehen, ob nicht er das Nazi-Problem hat, den Jargon beherrscht er jedenfalls schon. Wann hören diese Leute endlich auf, andere in ihre Nazi-Komplexe mit hineinzuziehen? Wenn sie wirklich etwas aufarbeiten wollen, sollten sie einen Blick in die eigene Familiengeschichte werfen. Man wird oft den Eindruck nicht los, dass sie sich darin einigen Fakten nicht stellen wollen. Das könnte schmerzhaft werden – würde aber dem Rest der Welt eine Menge Ärger ersparen.