Horst D. Deckert

LINKE: War’s das?

Beim Parteitag der LINKEN haben die Delegierten es versäumt, überlebenswichtige Signale zu senden. Um die NATO-Kritik abzuschwächen, wurde auch mit fragwürdigen Inszenierungen gearbeitet. Immerhin: Nun herrscht Klarheit. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Beim Parteitag der LINKEN in Erfurt hat sich der rechte Flügel der sogenannten Reformer klar durchgesetzt – Verlierer dieses Machtkampfes sind viele Bürger, denen nun (endgültig?) eine politische Alternative abhanden gekommen ist.

Vorwärts ins Nichts

Die Parteitagsbotschaft des „Weiter so!“ ist nach den Wahlschlappen und einem generellen Abwärtstrend der Partei ein Affront für alle, die noch Hoffnungen in die Selbsterhaltungskräfte der Partei gesetzt haben. Für den Niedergang der Partei in den letzten Jahren ist eindeutig eine tonangebende Gruppe um die Ex-Parteichefin Katja Kipping verantwortlich. Diese Verantwortung wurde vom Parteitag aber nicht festgestellt, stattdessen praktizierten die Verantwortlichen eine erfolgreiche Vorwärtsverteidigung.

Der Wille der parteirechten „Reformer“ zum kurzfristigen Triumph, auch wenn der den langfristigen Untergang der Partei bedeutet, ist so offensichtlich wie destruktiv. Man muss aber anerkennen: Dieser Flügel, der die Partei gemeinsam mit medialen Verbündeten in die schlechte aktuelle Situation geführt hat, kann noch immer die Mehrheit der Delegierten für sich mobilisieren. Gemeinsam feiert man nun eine neue „Einigkeit“ auf dem Weg ins politische Nichts.

Fragwürdige Inszenierung beim Parteitag

Bei dem Vorhaben, die konsequente NATO-Kritik in der Partei zu brechen, wurden beim Parteitag auch emotionale und fragwürdige Inszenierungen benutzt. So durfte die „Philosophin“ Oxana Timofeeva ein Grußwort „im Namen der russischen Linken“ verkünden. Dieser Beitrag enthielt inakzeptable Äußerungen wie die folgenden:

„Das deutsche Volk hat den Faschismus erlebt. Es schien, als sei diese Bedrohung gebannt und werde nie zurückkehren. Doch genau das ist vor unseren Augen geschehen – diesmal in Russland. (…)

Auch ein Waffenstillstand ist unmöglich, denn zu den Bedingungen des Aggressors geschlossen, liefe er auf die Okkupation ukrainischen Territoriums durch russische Truppen hinaus. Der einzige Weg, diesen Krieg zu beenden, ist ein Sieg der Ukraine.“

Solche Aussagen begründen sich entweder durch Unwissen oder durch den Willen zur skrupellosen Fehlinformation. Beides hätte auf einem Parteitag der LINKEN nicht zugelassen werden dürfen.

Was sind die Konsequenzen aus dem Parteitag?

Möglicherweise kann der nun endgültig dominante Parteiflügel mit der Unterstützung einiger Medien die LINKE als braven „Grünen-Abklatsch“ noch eine Weile um die fünf Prozent halten. Die Entwicklung zur endgültigen politischen Bedeutungslosigkeit ist nun aber meiner Meinung nach kaum noch aufzuhalten. Was bedeutet das für enttäuschte Aktive? Auch Sahra Wagenknecht hat laut Medien festgestellt, dass es nach diesem Parteitag „kaum Hoffnung“ gebe, dass „die Linke ihren Niedergang stoppen kann“. Wagenknecht sagte über die neuen Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan, sie hätten beide Wahlniederlagen zu verantworten:

“Wie eine Partei, die derzeit bei vier Prozent steht, mit dieser Aufstellung wieder nach oben kommen will, ist mir ein Rätsel.“

Konsequenzen ließ Wagenknecht laut Medien noch offen. Sie kündigte an, sich mit anderen verständigen zu wollen, wie man nun reagiert. Eine Überlegung sei, vorerst ein organisiertes Netzwerk auf Basis des “Aufrufs für eine populäre Linke” zu schaffen und auf einer großen Konferenz im Herbst über das künftige Vorgehen zu diskutieren. Der gescheiterte Kandidat Sören Pellmann will laut Medienberichten nun über „persönliche Konsequenzen“ nachdenken. „Das hier ist kein Aufbruch“, sagte Pellmann demnach über den Parteitag. Die Strömungen in der Partei würden zu wenig gewürdigt. Seine Niederlage wolle er nun nutzen, um in den kommenden Tagen über sein „weiteres Engagement in der Partei“ nachzudenken.

Applaus von der falschen Seite

Offensichtlich schielen viele Delegierte der LINKEN noch immer nach Applaus von der falschen Seite. Und der erklingt nun, nachdem sich die Partei brav gegen den eigenen linken Flügel positioniert hat. So lobt die „Süddeutsche Zeitung“:

„Die Linken haben sich als Sprachrohr jener positioniert, die Waffenlieferungen an die Ukraine klar ablehnen, aber dabei sehen, dass Putin in diesem Konflikt der Aggressor ist, für eine imperialistische Politik steht. Für Befürworter von Waffenlieferungen ist das zu wenig, für die Linke immerhin ein beachtlicher Schritt.“

Mit gönnerhaftem Lob hält sich die „FAZ“ dagegen nicht auf, sondern fordert gleich noch mehr Anpassung:

„Selbst denen, die nicht völlig vernagelt sind, gelingt es nicht, über den Schatten ihres Antiamerikanismus zu springen. Das Äußerste, wozu die Linken sich durchringen, ist die Verurteilung von Völkerrechtsverstößen auf ‚beiden Seiten‘. In Erfurt zeigte sich eine Partei im moralischen Bankrott.“

Titelbild: nitpicker / Shutterstock

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