Horst D. Deckert

Lust auf die Wahrheit

Reichten die Fakten aus, um die epidemisch besondere Lage nach Art. 6 des Epidemie-Gesetzes EpG auszurufen und der Bevölkerung Lockdowns, Maskenzwang und mehr zuzumuten? Guido B. wollte es wissen, konnte aber im ersten Anlauf vor dem Regionalgericht Emmental-Oberaargau nicht punkten. Der Rechtsstreit um die Verhältnismässigkeit der Covid-Massnahmen und deren Umsetzung geht nun in die nächste Runde. Guido B. spricht von Staatsversagen.

Guido B. missbilligt die Maske. Vor allem, wenn von ihm verlangt wird, sie übers eigene Gesicht zu stülpen. Er trägt deshalb in der Bahn generell keine Maske und möchte sich dazu vor Zugbegleitern auch nicht speziell erklären müssen. Guido B. beruft sich dazu auf die Regelung in der Covid-19-Verordnung (besondere Lage), «dass Personen, die nachweisen können, dass sie aus besonderen Gründen, insbesondere medizinischen, keine Gesichtsmasken tragen können, von der Maskenpflicht ausgenommen sind».

Intermezzo im Zug mit Folgen

Mitte Oktober 2020: Spätabends kommt es im Zug zwischen Olten und Bern während der Billett-Kontrolle zu einem Intermezzo zwischen Zugbegleiter und Guido B. Der Zugbegleiter besteht auf der Maskentragepflicht, während Guido B. die entsprechende Aufforderung zurückweist und den Zugbegleiter informiert, dass die Maskentragepflicht des Bundesrates gegen Grundrechte verstösst und für ihn nicht hinnehmbar ist. Den Zugbegleiter interessiert aber nur die Durchsetzung seiner Dienstvorschriften. Deshalb fordert er SBB-Stammkunde Guido B. abermals auf, eine Maske zu tragen. Guido B. geht davon aus, dass der Bahnangestellte nebst den Dienstvorschriften auch über gesetzliche Sachverhalte informiert ist und weist darauf hin, dass er aus «besonderen Gründen» keine Maske tragen könne. Der Zugbegleiter reagiert erneut nach den Anweisungen von Vorgesetzten und fordert Guido B. auf, beim nächsten Halt in Langenthal den Zug zu verlassen. Guido G. lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und antwortet dem Zugbegleiter: «Wenn Sie das wollen, müssen Sie mich schon hinaustragen.» So weit kommt es nicht. Der SBB-Mitarbeiter kündigt jedoch an, dass er die Angelegenheit intern melden werde.

Etwas mehr als einen Monat später wird Guido B. an den Vorfall erinnert, als ein «Verzeigungsvorhalt» der SBB Transportpolizei in seinem Briefkasten liegt. In diesem Schreiben, und ebenfalls in der darauffolgenden Anzeige bei der Staatsanwaltschaft, ist von «Missachten von Anordnungen des Sicherheitspersonals» und von «Missachten von Massnahmen gegenüber der Bevölkerung und bestimmten Personengruppen» die Rede. Guido B. reagiert nicht auf die Einladung zur Stellungnahme: «Ich wusste, dass gegen mich ohnehin ein Verfahren eröffnet wird.»

Guido B. fordert eine gerichtliche Antwort zur Kardinalsfrage der PCR-Tests

Reichten die Fakten aus, um die epidemische besondere Lage nach Art. 6, Abs 1 des Epidemiengesetzes EpG auszurufen? Das ist die Kardinalsfrage, auf die inzwischen auch in der Schweiz immer mehr Menschen eine qualifizierte Antwort erwarten. Guido B. möchte ebenfalls, dass dieser Frage nicht länger ausgewichen wird. Als Mitte Januar, gestützt auf die Anzeige der SBB Transportpolizei, bei ihm ein Strafbefehl der Staatsanwaltschaft mit einem Bussenvorschlag von 400 Franken – inklusive Spesen – eintrifft, reagiert er mit einer Einsprache. Denn jetzt, so folgert Guido B., muss sich das Regionalstrafgericht mit den Beweggründen seiner Weigerung befassen, im öffentlichen Verkehr eine Maske zu tragen, und den bis heute unbeantworteten Fragen nachgehen.

Mit Versanddatum vom 7. April 2021 trifft die Vorladung des Regionalgerichts Emmental-Oberaargau an der Heimadresse von Guido B. ein. Am 7. Mai 2021 reicht Guido B. beim Regionalstrafgericht entsprechende Beweisanträge ein: Er legt dem Gericht unter anderem einen Zeitungsbericht über die Aussagekraft von Massentests, umfangreiche Informationen zur Rechtslage hinsichtlich Maskenpflicht bei den SBB sowie Statistiken zu Übersterblichkeit und Sterberaten der vergangenen Jahre einschliesslich dem Jahr 2020 vor. Auch eine Kopie des offenen Briefes des Vereins Aletheia an Bundes- und Kantonsbehörden reicht Guido B. dem Gericht als Beweismittel ein. Diese Expertise zeigt, dass der PCR-Test ein untaugliches Mittel zur Diagnose einer Corona-Infektion oder Erkrankung ist. Und dieser Erkenntnis wurde seitens der Regierung nie widersprochen.

«Nehmen Sie die PCR-Tests als Grundlage aller Massnahmen genau unter die Lupe!», fordert Guido B. das Regionalgericht im Begleitbrief zu den Beweisanträgen auf. Und: «Zeigen Sie Mut! Studieren Sie bitte auch die Beilagen mit der erforderlichen Sorgfalt und stellen Sie insbesondere fest, ob die Fakten ausreichten, um die epidemische besondere Lage nach Art. 6 Abs. 1 EpG auszurufen bzw. warum zum Zeitpunkt der angeblichen Straftaten an dieser festzuhalten war.»

Als die Gerichtsverhandlung Ende Juni stattfindet, wird Guido B. von einigen Freunden und Kollegen begleitet. Der zuständige Richter B. erscheint mit der Gerichtsschreiberin persönlich im Eingangsbereich, gibt die Spielregeln des Hauses durch, und macht das Tragen einer Maske zur Bedingung für die Verhandlung. Die Begleiter von Guido B. weisen ärztliche Atteste vor und erhalten Zugang zum eher kleinen Verhandlungszimmer. Guido B. ist ohne ärztliches Attest zur Verhandlung gekommen. Er präsentiert dem Richter das Sach- und Rechtsattest von Dr. iur. Heinz Raschein, das vom Richter hingegen nicht anerkannt wird. Guido B. zeigt sich bereit, ausnahmsweise eine Maske anzuziehen, erwartet aber vom Richter, dass dieser schriftlich die Haftung für eventuelle gesundheitliche Folgen übernimmt. Darauf will sich der Richter nicht einlassen, weshalb Guido B. den Weg ins Verhandlungszimmer mit Maske zurücklegt. Dort entledigt sich Guido B. kurz danach der Maske mit der Bemerkung, dass er sich deswegen unwohl fühle.

Staatsanwaltschaft streicht den wichtigsten Teil der Anzeige

Gerichtspräsident B. leitet die Verhandlung ruhig und zügig. Im Beweisverfahren bringt ihm Guido B. ein pikantes Detail zu Kenntnis: Während in der Anzeige der SBB Transportpolizei gegen Guido B. auch von «Missachten von Massnahmen gegenüber der Bevölkerung und bestimmten Personengruppen» und damit direkt von der Covid-19-Verordnung die Rede war, wurde dieser aus Sicht von Guido B. vorrangige Punkt von der Staatsanwaltschaft auf der Originalanzeige durchgestrichen. Aufgefallen ist dies Guido B. erst nach Einreichung seiner Beweisanträge anlässlich einer Akteneinsicht in den Räumen des Regionalgerichts. Der Richter erläutert etwas später, es komme in der Praxis des Öfteren vor, dass die Polizei in einer Anzeige mehrere in Frage kommende Straftatbestände aufführe und dann die dafür zuständige Staatsanwaltschaft entscheide, welcher Tatbestand angeklagt werde.

Es folgt die richterliche Befragung des als Zeugen aufgebotenen SBB-Zugbegleiters, im Anschluss daran die Befragung des Beschuldigten durch den Richter. Beide Befragungen verlaufen speditiv und konstruktiv, bringen jedoch keine neuen Erkenntnisse. Guido B. hat keinen Anwalt zur Verteidigung bestellt, aber sich im Vorfeld der Verhandlung von einem Anwalt unterstützen lassen. Richter und Gerichtsschreiberin schauen sich den Film «PCR-Test unbrauchbar» an, den der Beschuldigte auf seinem Laptop abspielt. Im Plädoyer macht Guido B. weitere Ausführungen zu den schriftlich eingereichten Beweisanträgen.

Urteilsspruch ohne wissenschaftliche Evidenz

Nach einer 45-minütigen Pause eröffnet der Richter Guido B. das Urteil und erklärt Guido B., analog zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft, «schuldig der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr durch Missachtung der Weisungen eines Zugbegleiters, begangen am 18.10.2020, 22:45, im Zug 2388 auf der Zugstrecke Olten-Burgdorf».

In der mündlichen Urteilsbegründung erklärt Richter B., dass er nicht über das Fachwissen verfüge, um die vom Beschuldigten aufgeworfenen Fragen wie Tauglichkeit von PCR-Tests und Einwänden gegen die Maskentragepflicht beurteilen zu können. Er stelle fest, dass es in den Medien unterschiedliche Meinungen und Wahrnehmungen dazu gebe. Der Urteilsspruch stütze sich vorab auf die Missachtung der Weisungen des Zugbegleiters.

Guido B. legt nach der mündlichen Urteilsbegründung noch im Gerichtssaal Berufung gegen das Urteil ein. Aber bevor er die Beschwerde erarbeiten kann, muss er sich noch gedulden. Der Richter stellt die schriftliche Urteilsbegründung innerhalb von zirka drei Monaten in Aussicht.

Gemäss Urteil wird Guido B. eine Busse von 250 Franken auferlegt, dazu die Verfahrenskosten von 2’270 Franken. Verzichtet er auf eine schriftliche Urteilsbegründung, reduzieren sich die Kosten um 800 Franken. «Die schriftliche Begründung ist für das weitere Beschwerde-Verfahren unverzichtbar», sagt der beratende Anwalt von Guido B. «Die nächsthöhere Instanz wird sich nur mit dem auseinandersetzen können, was Schwarz auf Weiss steht.»

«Grosse Ungerechtigkeit, Staatsversagen»

Im Nachhinein zieht Guido B. Fazit: «Ich hielt eine gerichtliche Beurteilung meiner Verweigerung, eine Maske zu tragen, für grundsätzlich richtig.» Schliesslich seien im Covid-19-Gesetz Personen, die besondere Gründe glaubhaft machen und keine Maske tragen können, von der Maskentragepflicht ausgenommen. Guido B. spricht mehrmals von einem «Staatsversagen» und tadelt, dass die Staatsanwaltschaft den Anzeigepunkt «Missachten von Massnahmen gegenüber der Bevölkerung und bestimmten Personengruppen» einfach «heimlifeiss» aus der Anzeige gestrichen, und dadurch den Fokus weg von der Prüfung des eigentlichen Inhalts gelenkt habe.

Guido B., als Siedlungsplaner selbst lange Zeit in einer kommunalen Anstellung tätig, sieht sich als Verfechter eines vorbildlich und fair funktionierenden Staates: «Der Staat ist gegenüber den Bürgern rechenschaftspflichtig und muss das Wohl aller im Auge haben. Das Gericht hätte eine Stellungnahme beim Bundesrat, beim Bundesamt für Gesundheit, der Taskforce des Bundesrates oder auch bei einem Fachgremium einholen müssen», ist Guido B. überzeugt. Zeit dazu hätte es gehabt: «Ich habe meine Beweisanträge bereits sechs Wochen vor der Gerichtsverhandlung eingereicht und explizit darum gebeten, gerichtlich festzustellen, ob die Fakten für die Ausrufung der epidemiologisch besonderen Lage nach Art. 6 Abs. 1 EpG genügten, und warum zum Zeitpunkt meiner angeblichen Straftaten noch immer daran festgehalten wurde.»

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