Horst D. Deckert

Mit Lukaschenko-Tours ins Traumland

Reger Reiseverkehr: Neuankömmlinge gestern an der polnisch-weißrussischen Grenze (Foto:Imago)

Wo sind eigentlich Jasmina Kuhnke und Ferda Ataman, wenn man sie mal braucht? Und warum haben Sawsan Chebli und Sibel Schick noch keine gemeinsame Kampagne gestartet, um potentielle Einwanderer vor unserem grässlichen Land zu warnen? Jemand muss doch diesen armen Menschen, die ihre letzten 20.000 Euro zusammenkratzen, um mit Lukaschenko-Tours nach Deutschland zu kommen, dringend vorwarnen!

In Ordnung, hier gibt es Nahrung, Unterkunft und Geld – aber der Preis, den man dafür zahlt, ist hoch: Ständige Mikroaggressionen, der Anblick arbeitender, unzüchtiger Frauen, die auch noch Auto fahren dürfen und wenn man die Ehre des Propheten verteidigen will, erklären sie einen für verrückt, anstatt einen wie einen ordentlichen Märtyrer in den finsteren Knast zu werfen. Und dann erwarten sie auch noch, dass man Fachkraft für irgend etwas wird. Onkel Abdul hat niemals eine Lehre als KFZ-Mechaniker gemacht, aber sein Taxi stets großartig selbst repariert. Nur manchmal fiel ein Rad ab und es gab dann weniger Trinkgeld.

Auch der Komfort auf der Reise lässt zu wünschen übrig. Flugzeuge von dieser irischen Billiglinie setzen die Weißrussen ein – ob das Marina Weisbrand von den Grünen gefallen wird? All das CO2! Das ist wohl diese Sache, welche die Deutschen als „ökologischen Fußabdruck“ bezeichnen. Lukaschenko hat verdammt große Füße, was das angeht.

Nur ein Stern bei booking.com

Apropos Füße: Der Transfer zur polnischen Grenze erfolgt leider nicht motorisiert, das sähe zu professionell aus und auch noch durch einen Wald, in dem es keinen Handyempfang gibt. Man kann seiner Großtante in Kabul also noch nicht einmal erzählen, dass sie einem das Geld aus ihrem Sparstrumpf für eine Art Survivalkurs gegeben hat. Und den Zaun, der einen von Polen trennt, muss man auch noch selbst durchknipsen. Lukaschenko-Tours bekommt dafür leider nur einen Stern bei booking.com.

Aber wenn man erst einmal in Deutschland ist, dann wird es bestimmt besser. Denn da gibt es immer wieder diese netten Deutschen, die Platz haben. Vielleicht nicht gerade bei sich zu Hause – der Wellensittich ist noch vom Besuch der kleinen Nichten vollkommen traumatisiert und fremdelt seitdem, der kleine Rassist! Und im Gästezimmer ist gerade nicht renoviert. In Berlin-Marzahn kann man vielleicht die Hochhäuser noch ein wenig aufstocken und es ist zur Eingewöhnung allemal besser, in ein vertrautes Milieu zu kommen.

Manche – auch Marina Weisband – glauben auch daran, dass der Belarus-Diktator sein Tourismus-Unternehmen aufgeben würde, ließe man ihn nur mit Sanktionen in Ruhe oder nehme ihm durch Aufnahmebereitschaft sein Druckmittel:

(Screenshot:Twitter)

Schleierhaft bleibt allerdings, wieso Frau Weisband glaubt, es bliebe bei 2.000 Zuwanderern. Denn Lukaschenko-Tours ist voll ausgebucht. Ich glaube jedenfalls, er ist gerade erst auf den Geschmack gekommen. Und anders als Kollegin Weisbrand und auch Kathrin „Macht hoch die Tür„-Göring-Eckardt haben sogar Robert Habeck und Annalena Baerbock erkannt, dass es nun ein bisschen viel wird – und einen genialen Plan ausgetüftelt: Man will die Migranten schon in ihren Heimatländern per Broschüre informieren, dass Deutschland nun langsam zu viele Fachkräfte zur Verfügung hat.

Auch wenn der Denkansatz vielleicht gar nicht einmal so falsch ist: Immerhin scheint sich bei den beiden die Erkenntnis durchzusetzen, dass in Deutschland doch nicht so viel Platz ist – darf man sich doch über die Naivität dahinter wundern. Das ist, als gäbe es in einem Geschäft den Original-Thermomix für 99,- Euro in begrenzter Stückzahl und man bäte die Kundinnen darum, nicht zu drängeln.

Zwang wie bei der Senioren-Kaffeefahrt?

Derweil stellen unsere Medien es dar, als seien die Einwanderer nahezu gezwungen worden, bei Lukaschenko-Tours zu buchen, wie weiland nichtsahnende Senioren zum Heizdeckenkauf bei der Kaffeefahrt. Da passt man einmal nicht auf und sitzt schon mit Mann und Maus im Flieger nach Minsk, dabei wollte man doch nur mit dem Bus in die Innenstadt fahren. Die Tatsache, dass der Reiseveranstalter ein ausgebuffter Unsympath ist, macht es natürlich leichter, diese Sichtweise zu übernehmen. Man überlegt dann auch nicht mehr, welche Rabeneltern ihren kleinen Mäusen diesen Stress zumuten, nur um der Presse die richtigen Bilder zu bieten – denn mittlerweile sollte sich auch bis in die Herkunftsländer herumgesprochen haben, wie kalt und ungemütlich es in den improvisierten Grenzlagern zugeht.

Aber das kennen wir inzwischen zur Genüge: Die naheliegenden Fragen wagt niemand zu stellen. Zum Beispiel die, warum es deutschen Firmen so schwer gemacht wird, „echte“ Fachkräfte aus ihren Auslandsniederlassungen nach Deutschland zu holen. Oder warum es schwieriger ist, „Fehlgriffe“ abzuschieben als integrationswillige Einwanderer. Und nicht zuletzt: Wann stellen die Grünen endlich ihre Gästezimmer zur Verfügung? Wer einlädt, sollte sich schließlich auch um seine Gäste kümmern.

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