Ein positiver Nebeneffekt des Ukraine-Konflikts könnte die baldige Entzauberung der energiepolitischen Donquichotterie Deutschlands auch für diejenigen sein, die bei der Bundestagswahl vergangenen Herbst – in satter Wohlstandsverwahrlosung – der gründominierten Deindustrialisierungs-Regierung zur Mehrheit verholfen haben. Die Konfrontation mit der brutalen Wirklichkeit in Gestalt von Blackouts, unbezahlbarer Energiepreise oder sonstigen Versorgungsausfällen dürfte mit etwas Glück zu zwar späten, aber heilsamen Denk- und Lernprozessen bei denen beitragen, die die verantwortungslose Stilllegung sicherer, bewährter Atomkraftwerke und sauberer, hocheffizienter Gasturbinen lautstark bejubelten.
Der Pakt mit dem Teufel, der (mit Ausweitung der Augenwischerei „erneuerbare Energien“ für Deutschland immer überlebenswichtiger werdende) russische Gasbezug, hat aller Welt die Abhängigkeit Deutschlands und der EU von einem aggressiven und politisch hochgradig unzuverlässigen Regime vor Augen geführt. Sie reicht soweit, dass es für mehr als (selbst von ifo-Chef Clemens Fuest gestern als „insgesamt schwach“ bezeichnete) Schein-Sanktionen gegen Putin-Russland nicht reicht. Die Aussetzung von Swift, die Beendigung des Gasbezugs über Nord Stream 1: All das schadet nur uns selbst – und hat das Potential, zum Sturz von Deutschlands Weltverbesserungsampel zu führen. Bei jeder „entschlossenen Reaktion” muss Deutschland das Dreifache an russischen Gegenreaktionen befürchten; einen schlagenderen Beweis von Schwäche und einseitiger Dependenz könnte es nicht geben.
Russisches Roulette Energiewende
Die Krise trifft Deutschland zur Unzeit – denn auch ganz ohne die wackelige und fragile Bezugssicherung aus dem Osten, ohne außen- und sicherheitspolitische Instabilität hängt die elektrische Versorgungssicherheit in Deutschland aus hausgemachten Gründen am seidenen Faden. Grünideologischer Klimawahn und die unabgestimmte planwirtschaftliche Radikalerhöhung hochvolatiler, unberechenbarer erneuerbarer Stromquellen wie Wind und Solar machen die Energiestabilität im Noch-Hochindustriestaat Deutschland zum Russischen Roulette. Inzwischen bereiten sich sogar schon die Großversorger auf einen massiven Blackout – der das finale und quaso offizielle Scheitern der deutschen Energiepolitik wäre – vor: Schon im November letzten Jahres hatte der Vorstandsvorsitzende des Energieversorgers E.on, Leonhard Birnbaum, davor gewarnt, dass es bald notwendig werde könnte, ganze Städte bewusst vom Stromnetz zu trennen, um so einen Kollaps des gesamten Systems zu vermeiden. „Bevor die Lichter überall ausgehen, schalten wir sie nur in einer Stadt aus”, so Birnbaums damalige Prognose.
Grund dafür ist die rapide Ausbauerhöhung und Kapazitätssteigerung alternativer Energieerzeugung aus wie Windrädern und Solarpaneelen, die von der neuen Regierung massiv forciert werden. Diese sind, anders als Atom-, Kohle- oder Gaskraftwerke, natürlichen Schwankungen ausgesetzt – denn ganz unabhängig von der Anzahl der Anlagen liefern sie eben keinerlei Strom, wenn die Sonne nicht scheint oder kein Wind weht, was solange kein Problem darstellt, wie die Grundlast von nach Belieben zuschaltbaren, steuerbaren Kapazitäten gewährleistet wird.
Bald jenseits der Leistungsgrenze
Eben diese stehen aufgrund des irrwitzigen deutschen Ausstiegs aus der Atom- und Kohleenergie aber kaum noch zur Verfügung. „Es gibt praktisch keine Reserven mehr im Netz”, so E.on-Chef Birnbaum. Nachdem das Versorgungsnetz die Steigerung alternativer Energiequellen in den letzten zehn Jahren noch habe verkraften können, sei man jetzt „einfach an der Leistungsgrenze” angelangt.
Noch dramatischer wird die Lage angesichts des hierzulande immer weiter steigenden Strombedarfs, der wiederum ein unmittelbares Resultat des politisch erzwungenen Schwenks zu Elektromobilität und der Elektrifizierung der Heizsysteme – etwa durch elektrisch betriebene Wärmepumpenheizungen – ist. „Wir werden die Energiewende hinbekommen. Die Frage ist nur, zu welchen Preis”, unkt Birnbaum leicht zynisch und beinahe resigniert. Es sei jedenfalls existenziell für die deutsche Wirtschaft, dass Energie auch künftig noch zu wettbewerbsfähigen Preisen verfügbar ist. „Wir dürfen die Industrie nicht mit hohen Energiepreisen aus dem Land jagen”, so Birnbaum. Genau diese Entwicklung jedoch ist bereits in vollen Gange.
Potemkin’sche Elektromobilitätsdörfer
Unterdessen berauscht sich die Automobilindustrie in Zweckoptimismus und stimmt ins religiöse Heilsversprechen der Bundesregierung von der grünen Mobilitätswende ein – obwohl bereits eine Verdoppelung der jetzigen Zahl an Elektrofahrzeugen das deutsche Stromnetz abwürgen würde. Dabei ist der „Erfolg” der E-Mobilität schon jetzt mehr Schein als Sein- Ein geradezu sinnbildliches Beispiel für diesen kollektiven europaweit forcierten Selbstbetrug war erst vorletzte Woche in Lyon zu verfolgen: Nach dem Treffen der EU-Außen- und Gesundheitsminister am 9. und 10. Februar sollten die Teilnehmer medienwirksam in rund 50 Elektroautos zum Flughafen gefahren werden, um so ein „entschlossenes Zeichen für Klimaschutz” und gegen schädliche Emissionen zu setzen. Die PR-Aktion ging allerdings gründlich nach hinten los: Um die Akkus der E-Autos aufzuladen, wurde sie an riesige Dieselgeneratoren angeschlossen, die eigens dafür gemietet und neben dem Tagungsort im Kongresszentrum aufgestellt wurden – was aufmerksamen Reportern nicht entging.
Die Lyoner Stadtbehörden versuchten sich damit herauszureden, es habe an dieser Stelle „nur vier Ladestationen” gegeben, die nicht rechtzeitig hätten aufgestockt werden können. Tatsächlich gäbe es in Lyon jedoch „mehr als 200 Ladestationen”, zudem „mehrere Schnellladestationen” – und das in der drittgrößten französischen Metropole, wohlgemerkt, die zudem die Hauptstadt der Wirtschaftsregion Auvergne-Rhône-Alpes mit einer der EU-weit höchsten Zahl zugelassener PKW ist. Im Gegensatz zu Deutschland hätte man in Frankreich allerdings kein Problem mit der Aufstockung der Ladekapazitäten: Das Land setzt auf klimafreundliche und sichere, unbegrenzt verfügbare moderne Kernenergie.
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