Atomare Hochrüstung dank „US-Ostfront“ gegen China
Von JURY TAVROVSKY | Das martialische Auftreten der Vereinigten Staaten im asiatisch-pazifischen Raum könnte schon bald die Zahl der dort angesiedelten Nuklearmächte und Atomarsenale nach oben treiben. Diskussionen in den USA über die Zweckmäßigkeit einer nuklearen Option bzw. Akzeptanz taktische Kernwaffen tatsächlich einzusetzen, könnten den Run auf Massenvernichtungswaffen durch gleich mehrere Länder der Region auslösen. Dazu kommt die Bildung der „US-Ostfront“ gegen China im neuen Kalten Krieg, der die Vereinigten Staaten dazu verleiten könnte, den nuklearen Ambitionen Japans, Taiwans, Südkoreas und Australiens im Gegenzug für deren Beteiligung stattzugeben.
Eine ähnliche Situation ergab sich bereits Anfang der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts, als die Gründung der Volksrepublik China (1949) und der Koreakrieg (1950–1953) Washington zwangen, seine Politik gegenüber Japan und Taiwan einer drastischen Revision zu unterziehen. Die Rolle eines unterentwickelten landwirtschaftlichen Anhängsels, wie es für das besetzte Land der aufgehenden Sonne (Japan) vorgesehen war, wurde wieder fallen gelassen und geändert hin zu einem hoch industrialisierten Staat im Hinterland angesichts des Koreakriegs gefolgt von der Eindämmung der UdSSR, Chinas, Nordkoreas und später Vietnams. Trotzdem wurde die Amerikaner von Erinnerungen an ihren scharfen Schlagabtausch mit den Japanern über das Ende ihrer Besatzungszeit im Jahr 1952 hinaus weiter geplagt: Kindern wurde verboten, selbst Flugzeuge mit Gummiantrieb zu bauen, denn sie könnten an die furchterregenden Zero-Jäger aus der Zeit nach Pearl-Harbor erinnern. So wurde die Luftfahrtindustrie Japans auch nicht wiederbelebt und Flugzeugträger sind noch heute als Hubschrauberträger getarnt. Äußerungen rechtsgerichteter Kreise, darunter von Premierministern, wie Nakasone oder Abe, über die Notwendigkeit eigene Atombomben anzuschaffen, wurden durch die Bemühungen japanischer Friedensapostel mit Hilfe amerikanischer „Kuratoren“ des noch immer nicht ganz souveränen Landes, schnell zum Verstummen gebracht.
Mit dem aktuellen Premierminister von Fumio Kishida scheint ein Durchbruch möglich: Präsident Biden, der sich im Mai mit Kishida traf, unterstützt Tokios Traum nach Wiedererlangung des Status einer Großmacht und versprach, Japan zum ständigen Mitglied des UN-Sicherheitsrats zu machen. Dort finden sich nur Atommächte. Japans Beitritt zur militärisch-diplomatischen Gruppe QUAD, Kishidas Teilnahme am NATO-Gipfel sowie das Versprechen militärischer Unterstützung für Taiwan können dazu beitragen, den gehegten Traum von einer Atombombe „made in Japan“ wirklich werden zu lassen. Das in den japanischen Kernkraftwerken angesammelte Plutonium reicht aus, um drei- bis viertausend Sprengköpfe zu fabrizieren. Die Trägermittel stehen bereit: Japanische Trägerraketen bringen seit vielen Jahren Satelliten ins All.
Wird Taiwan zum Anlassfall für den Krieg der Grossmächte?
Nach der Niederlage der Kuomintang und Ausrufung der Volksrepublik China am 1. Oktober 1949 wollten die Amerikaner Taiwan zunächst seinem Schicksal überlassen bzw. es unter der Rubrik „unwiederbringliche Verluste“ abgeschrieben sehen. Doch der Koreakrieg, der am 25. Juni 1950 ausbrach, sollte der Insel über Nacht die strategische Bedeutung eines „unsinkbaren US-Flugzeugträgers“ verleihen. Taiwan wurde vor der „friedlichen Wiedervereinigung“ bewahrt, die von der Volksbefreiungsarmee Chinas (PLA) schon geplant war – die USA begannen die Insel mit Waffen voll zu laden und eine moderne Industrie entstehen zu lassen. Mit dem Wissen der Amerikaner wurde 1961 ein Atomprogramm gestartet, das sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium näherte, doch von denselben Amerikanern 1976, am Vorabend der Normalisierung der Beziehungen zwischen Washington und Peking, vertuscht werden musste. Kurz nach dem endgültigen Verrat der Amerikaner an ihrem taiwanesischen Verbündeten zugunsten strategischer Beziehungen zur VR China ordnete der damalige „Präsident“ Taiwans Jiang Jing-kuo 1978 an, die Arbeiten heimlich fortzusetzen. Taiwans beeindruckendes wissenschaftliches und industrielles Potenzial ermöglicht es dem Land, in kürzester Zeit eigene Atomwaffen zu beschaffen. Vielleicht liegen sie bereits in den Händen der Militärs. Die Frage nach der Notwendigkeit den Besitz einer Atombombe offiziell zuzugeben, wird bereits aufgeworfen. Auf den Seiten der englischsprachigen offiziellen „Taipei Times“ schrieb der Politikwissenschaftler, Chen Shi-min, von der Nationalen Universität im Januar 2022 darüber. Was die Trägermittel angeht, so verfügen die Streitkräfte der Insel neben den von den Amerikanern gelieferten Flugzeugen seit August 2019 über eigene Yun Feng-Marschflugkörper mit einer Reichweite von 1.500 km. Sie sind in der Lage, Ziele tief im chinesischen Staatsgebiet zu treffen. Die taiwanesische Regierungschefin Tsai Ing-wen könnte ggf. die berühmten Worte der israelischen Premierministers Golda Meir wiederholen:
„Erstens haben wir keine Atomwaffen und zweitens, falls nötig, werden wir sie einsetzen.“
Südkorea gehört ebenfalls zu jenen „Grenzstaaten“, die in der Lage sind, schnell eigene Atomwaffen und Trägersysteme anzuschaffen. Die ersten Forschungen begannen dort in den 1960er Jahren mit Hilfe der Amerikaner. Im Jahr 1973 entwickelte die Regierung einen langfristigen Plan zur Herstellung von Atomwaffen. Im Gegenzug für das amerikanischen Versprechen für einen „nuklearen Schutzschild“ unterzeichnete Seoul 1975 den Nuklearen Nichtverbreitung (NVV). Die Arbeiten im Nuklearbereich gingen weiter – 1978 wurde in Busan das erste Kernkraftwerk in Betrieb genommen. Im Geheimen wurden Technologien zur Wiederraufbereitung abgebrannter Kernbrennstoffe und zur Urananreicherung entwickelt. Von Zeit zu Zeit wurde das Geheimnis gelüftet. Im Jahr 2004 gelangten Informationen über die Arbeit Südkoreas auf dem Gebiet der Urananreicherung und Plutoniumabtrennung unter Verletzung seiner Verpflichtungen zur Kenntnis der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO).
Zurzeit ist Seoul nur noch von der Erlaubnis Washingtons bzw. seiner eigenen entsprechenden politischen Entscheidung vom Erwerb eigner Atomwaffen entfernt. Die Erlaubnis der Amerikaner könnte der Preis für Koreas Teilnahme an der „Ostfront“ im neuen Kalten Krieges der USA gegen China sein. Der neue Präsident Yoon Suk-yeol hat trotz der engen wirtschaftlichen Beziehungen Südkoreas zu China und eines beeindruckenden Handelsvolumens bereits begonnen, scharfe antichinesische Erklärungen abzugeben.
Ein starker Anreiz für Seoul könnte der Erwerb von Atomwaffen durch Japan sein. Im Vertrauen auf Garantien im Rahmen des Sicherheitsvertrags mit den USA, hat Seoul selbst als Reaktion auf die Atombombenexplosionen in Nordkorea kein militärisches Atomprogramm forciert. Doch das uralte Misstrauen gegenüber dem Land der aufgehenden Sonne ist so tief im kollektiven Unterbewusstsein der Koreaner verankert, dass unvorhersehbare Reaktionen nicht auszuschliessen sind. Die Kolonialzeit von 1910 bis 1945 war eine Zeit ungeheurer Gräuel der Japaner gegenüber den Koreanern. Es wurde ihnen verboten, ihre Muttersprache zu sprechen, Männer wurden in die Bergwerke und Minen Japans und Südsachalins und Frauen in die Feldbordelle der kaiserlichen Armee verschleppt. Der Hass auf Japan und die Liebe zu gepfeffertem Kimchi-Kohl bilden heute fast die einzigen gemeinsamen Klammern von Süd- und Nordkorea. Doch der nukleare Status des verhassten Japans könnte nicht nur das Atomraketenprogramm von Pjöngjang und Seoul tangieren, sondern auch die Annäherung der beiden geteilten Hälften der Nation vorantreiben. Es könnte als gemeinsame Faust mit der Schaffung von Atomraketen in der einen oder anderen Form einhergehen.
Völlig unerwartet trat im letzten Herbst das Thema eines nuklearen Australiens auf die Agenda. Das Land war bereits in den frühen 1950er Jahren an der Entwicklung von Atomwaffen beteiligt, allerdings nicht an eigenen, sondern an den englischen. Auf dem Insel-Kontinent wurde Uran abgebaut, ein Atomtestgelände eingerichtet, Sprengladungen gezündet und Trägerraketen getestet. Als Zeichen der Dankbarkeit rechnete Canberra mit der Übertragung eines Teils des britischen Atomwaffenarsenals unter seine Kontrolle. Die Regierung Ihrer Majestät hat jedoch dem Land, einem wichtigen Mitglied des britischen Commonwealth der Nationen, den Löffel nur am Mund vorbeigezogen. In den 1960er Jahren begannen Diskussionen über die Möglichkeit, ein eigenes Atomprogramm zu aufzustellen. Doch bereits 1972 wurde beschlossen, auf die Anschaffung von Atomwaffen und das dafür erforderliche wissenschaftliche und technische Potenzial zu verzichten. Australien blieb im Rahmen des US-Sicherheitsvertrages unter dem „nuklearen Schirm“ der Vereinigten Staaten.
Wird der Militärblock AUKUS die Büchse der Pandora sein?
Aber zuletzt hat sich das alte Thema mit Eigendynamik neubelebt: Der neue Resident des Weißen Hauses beschloss, um China einzudämmen, den Militärblock AUKUS zu schaffen. Dieser besteht aus Australien, England und den Vereinigten Staaten. Gleichzeitig wurde Canberra mit einer verantwortungsvollen Aufgabe betraut: Mit dem Bau von atomar betriebenen U‑Booten, um der wachsenden chinesischen Marine etwas entgegenzusetzen. Australien wird von seinen Verbündeten Technologien zum Bau atomar betriebener-U-Boote erhalten und das siebte Land der Welt werden, das über eine solche Flotte verfügt. Der Aufbau einer Nuklearflotte wird unweigerlich zu Fähigkeiten mit einem Fluss an Informationen führen, die für Arbeiten an Atomwaffen entscheidend sind.
Die neue antichinesische Strategie der Vereinigten Staaten im pazifischen Raum könnte gleich einer Büchse der Pandora furchtbares Unheil nach sich ziehen. In Reaktion auf das Auftauchen neuer nuklearer Akteure werden China und Russland mit Sicherheit ihre Atomwaffenarsenale aufstocken und umverteilen. Parallel könnten andere grössere Länder, wie z.B. Indonesien oder Vietnam, sich entsprechend gezwungen fühlen zu reagieren und künftig ebenso in Atomwaffen zu investieren. Doch vor scheint den Vereinigten Staaten der Krieg zu fehlen und Blutvergiessen abzugehen.
Hiroshima und Nagasaki geschahen in Asien: Es könnte dort wieder geschehen!
Übersetzung aus dem Russischem: UNSER MITTELEUROPA
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