Horst D. Deckert

Nach Lockdowns: Anstieg depressiver Kinder in Grossbritannien

Mehr als 230’000 Kindern zwischen fünf und 16 Jahren wurden in Grossbritannien 2020 Antidepressiva verschrieben, wie The Times schreibt. Dies zeigten neuste Daten des National Health Service (NHS). Dabei gelte grundsätzlich die Regel innerhalb des Gesundheitsdienstes, dass Kindern unter 18 Jahren nur bei mittelschweren oder schweren Depressionen Antidepressiva zusammen mit Gesprächstherapien angeboten werden sollten.

Kritiker befürchten: Die langen Wartezeiten auf spezialisierte psychiatrische Dienste für Kinder und Jugendliche führten zuletzt zu einer höheren Verschreibungsrate bei den Hausärzten. «Die Zahl der Verschreibungen für Grundschulkinder ist in den letzten fünf Jahren um 20 Prozent gestiegen, die für Sekundarschüler im gleichen Zeitraum um 23 Prozent», so The Times. Die Zeitung verweist dabei auf Studien, die darauf deuten, dass Schulschliessungen und verpasster Schulunterricht sowie der Druck der sozialen Medien die Ursache für die zunehmenden psychischen Probleme sein könnten.

Tom Madders, Direktor für Kampagnen bei der Wohltätigkeitsorganisation «YoungMinds», sagte gegenüber The Times: «Die Gründe, warum ein junger Mensch mit seiner psychischen Gesundheit zu kämpfen hat, sind oft komplex. Aber wir wissen, dass traumatische Erlebnisse in jungen Jahren – wie ein Trauerfall, Mobbing, Missbrauch oder Diskriminierung – enorme Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben können.»

Weiter Madders: «Druck in der Schule, Sorgen um das eigene Aussehen und schwierige Beziehungen zu Familie oder Freunden können ebenfalls erhebliche Auswirkungen haben. Die Pandemie hat diesen Druck noch verschärft, und viele junge Menschen leiden unter Isolation, Einsamkeit und Zukunftssorgen.»

Madders kritisiert insbesondere, dass Antidepressiva zunehmend als Ersatz für Gesprächstherapien angesehen werden. Deshalb fordere die Wohltätigkeitsorganisation die Regierung auf, in ein nationales Netzwerk von Zentren zur frühzeitigen Unterstützung junger Menschen zu investieren.

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