Horst D. Deckert

NRW-Wahl: Alle Zweitstimmen für die Grünen ungültig?

NRW-Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur (M.) zwischen Bundeschefs Omid Nouripour und Ricarda Lang (Foto:Imago)

Alle Landeslisten der Grünen entstehen auf verfassungswidrige Weise. Dass folglich auch alle Zweitstimmen für die Grünen ungültig sind, scheint zwar juristisch eindeutig, wird aber wohl politisch wieder durchgewunken werden. In einem offenen Brief, dessen Original heute per Einschreiben beim Landeswahlleiter von Nordrhein-Westfalen, Wolfgang Schellen, eingeht, fordert der Landesvorsitzende der ebenfalls an der Landtagswahl teilnehmenden Partei „neo. Wohlstand für Alle“, alle Zweitstimmen für „Bündnis 90 / Die Grünen” bei den Landtagswahlen am 15. Mai 2022 für ungültig zu erklären.

Ansage! dokumentiert nachfolgend die Begründung dieses berechtigten Ansinnens.

 

Einspruch gegen die Gültigkeit der Zweitstimmen der Partei „Bündnis90/Die Grünen“ bei der Landtagswahl am 15.05.2022

Sehr geehrter Herr Schellen,

da der Landtag NRW ein Verfassungsorgan im verfassungsrechtlichen Sinne ist, müssen wir Sie, Herr Schellen, sowie Landtagspräsident André Kuper und den Landtag insgesamt leider gemäß Art 3 Grundgesetz und Artikel 32 Landesverfassung NRW auffordern, Ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht nachzukommen, die Zweitstimmen der Grünen bei der Landtagswahl 2022 für ungültig zu erklären.

In einem ähnlichen Präzedenzfall wurde bei der letzten Bundestagswahl die Landesliste Saarland der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ wegen Rechtswidrigkeit nicht zugelassen. Landeswahlleiterin Monika Zöllner sprach von einem „schweren Wahlfehler“ und einer „Verletzung des Demokratieprinzips“.

Verfassungswidrige grüne Wahllisten

In Anbetracht der gesellschaftlichen Bedeutung werden wir dieses Schreiben auch an die Medien senden, auf dass eine gesellschaftliche Debatte darüber entsteht, ob der Landtag NRW auf dem Boden des Grundgesetzes steht oder außerhalb.

Bei der Zulassungs-Sitzung des Landeswahlausschusses lehnten Sie unseren Einspruch gegen die Zulassung der verfassungswidrig zustande gekommenen Landesliste der Partei „Bündnis90/Die Grünen“ mit der Begründung ab, dass die Wahlzulassungssitzung des Landeswahlausschusses nicht die richtige Gelegenheit für Einsprüche gegen die Wahlzulassung sei – was uns sehr verwundert hat. Das wirft die Frage auf: Wann, bei wem und wie hat man die Gelegenheit, Einsprüche gegen eine Wahlzulassung einzureichen? Im Landeswahlgesetz NRW und der Landeswahlordnung NRW ist dies offenbar nicht vorgesehen. Also berufen wir uns auf Art. 32 Landesverfassung NRW und das Grundgesetz, das zweifellos als oberste Rechtsnorm über allen anderen Gesetzen steht, und dessen Grundrechte über allen anderen Artikeln des GG stehen.

Wir legen hiermit wegen Verstoß gegen Art. 3 GG Einspruch gegen die Gültigkeit der Zweitstimmen der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ bei der Landtagswahl NRW am 15.05.2022 ein.

Art. 3 Absatz 2 Satz 2 GG gibt Ihnen dabei einen klaren Auftrag: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Mit „Der Staat“ sind sämtliche staatlichen Institutionen gemeint, also auch Sie als Landeswahlleiter, der Landtagspräsident, alle Vertreter des Landtags im Landeswahlausschuss und alle Landtagsabgeordneten. Sie haben die explizite Pflicht, das Grundgesetz und die Gleichberechtigung nicht nur für Frauen, sondern für alle Geschlechter durchzusetzen. Wir erinnern auch an Artikel 80 der Landesverfassung NRW: „Die Beamten und sonstigen Verwaltungsangehörigen sind Diener des ganzen Volkes, nicht einer Partei oder sonstigen Gruppe.“

Männerdiskriminierende Statuten

Die Bundessatzung der Grünen sowie die Landessatzungen des Landesverbandes NRW enthalten direkt und indirekt (durch Verweis auf das Bundesstatut) Regelungen, die unzweifelhaft gegen Artikel 3 Grundgesetz verstoßen:

Auszug aus der Satzung “Bündnis90/Die Grünen” NRW:

§ 15 (1) Teile dieser Satzung im Sinne des Parteiengesetzes sind: … das Frauenstatut… dort heißt es in § 1 zur Mindestquotierung: “Wahllisten sind grundsätzlich mindestens zur Hälfte mit Frauen zu besetzen, wobei den Frauen die ungeraden Plätze vorbehalten sind. Die Wahlverfahren sind so zu gestalten, dass getrennt nach Positionen für Frauen und Positionen für alle Bewerber*innen (offene Plätze) gewählt wird. Reine Frauenlisten sind möglich.“

Auszug aus der Bundessatzung von “Bündnis90/Die Grünen”:

§ 3 Gleichberechtigte Teilhabe … (2) “Alle Gremien von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN zu beschickende Gremien sind mindestens zur Hälfe mit Frauen zu besetzen, wobei den Frauen bei Listenwahlen bzw. Wahlvorschlägen die ungeraden Plätze vorbehalten sind (Mindestquotierung). Die Wahlverfahren sind so zu gestalten, dass getrennt nach Positionen für Frauen und Positionen für alle Bewerber*innen (offene Plätze) gewählt wird. Reine Frauenlisten und -gremien sind möglich. Alle Bundesorgane, -kommissionen und Bundesarbeitsgemeinschaften sind entsprechend zu mindestens 50 % mit Frauen zu besetzen.”

Frauenstatut der Partei:

Zitat aus der Landessatzung NRW und dem NRW Frauenstatut der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“:

§ 1 Mindestquotierung… (1) “Alle Gremien von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu beschickende Gremien sind mindestens zur Hälfte mit Frauen zu besetzen; wobei den Frauen bei Listenwahlen bzw. Wahlvorschlägen die ungeraden Plätze vorbehalten sind (Mindestquotierung). Die Wahlverfahren sind so zu gestalten, dass getrennt nach Positionen für Frauen und Positionen für alle Bewerber*innen (offene Plätze) gewählt wird. Reine Frauenlisten sind möglich.”

Eklatante Rechtsmängel

Wie Frauen-privilegierend und Männer-diskriminierend die Landesliste NRW der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ ist, sieht man am Ergebnis: Auf den ersten 3 Plätzen der Grünen stehen nur deshalb 3 Frauen, weil das Wahl-Verfahren verfassungswidrig war.

6 verfassungswidrige Rechtsmängel der NRW-Landesliste der Partei

Bündnis90 / Die Grünen

Bei der Landesliste NRW der Partei Bündnis90 / Die Grünen bestehen hinsichtlich der Gültigkeit der Zweitstimmen folgende Mängel der Diskriminierung von Männern und Privilegierung von Frauen:

1. Männer sind selbst beim höchstem Stimmenanteil bei der Wahl der Landesliste vom ersten Platz ausgeschlossen.

2. Für Männer ist es im Gegensatz zu Frauen unmöglich, gleichberechtigt auf einem Listenplatz 1 (oder 3, 5, etc.) für Bundestags- oder Landtagswahlen zu kandidieren.

3. Es ist möglich, eine Landesliste ganz ohne Männer zur Wahlzulassung einzureichen. Es gibt Frauenquoten, aber keine Männerquoten.

4. Im Gegensatz zu reinen Frauenlisten sind keine reinen Männerlisten möglich. Nicht einmal ein einziger Listenplatz über 50% ist für einen männlichen Grünen möglich – für Frauen hingegen sogar 100%.

Frage überragender gesellschaftlicher Bedeutung

5. Das verfassungsmäßig zulässige Reißverschlussverfahren wird dadurch verletzt, dass nicht nur auf den Plätzen 1 und 3, sondern auch auf Platz 2 eine Person steht, die sich als Frau definiert, aber bei den Männerplätzen kandidiert. Es ist völlig in Ordnung, sich als Frau zu definieren. Aber dann muss man auch für eine Frauenposition kandidieren. So aber ist dies ein verfassungswidriges geschlechtsbezogenes Privileg.

6. Bei einem Wahlergebnis, bei dem eine ungerade Anzahl Abgeordnete in den Landtag einzieht, wird immer ein Mann diskriminiert, der auf dem nach dem letzten gewählten ungeraden Platz auf dem nachfolgenden geraden Platz von Mandaten ausgeschlossen wird. Beispiel: Wenn aus einer Landesliste 11 Kandidaten in den Landtag einziehen, geht ein Mann auf Platz 12 leer aus, während die Frau auf Platz 11 nur aufgrund ihres Geschlechts in den Landtag einzieht.

Damit ist die Landesliste NRW auf verfassungswidrige Weise zustande gekommen und zweifellos rechtswidrig.

Die Nicht-Zulassung der Landesliste NRW der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ ist von überragender gesellschaftlicher, demokratischer und verfassungsrechtlicher Bedeutung, denn sie senden als Partei, die im Landtag vertreten ist und über Landesregierungen im Bundesrat mitregiert, ein fatales Signal aus: „Es ist vollkommen in Ordnung, Männer aufgrund ihres Geschlechts zu diskriminieren. Männer sind minderwertig. Artikel 3 Grundgesetz darf aus ideologischen Gründen ignoriert werden.“

Gleichberechtigung ja, Zwangsbevorzugung nein!

Würden die Grünen Teil des nächsten Landtags oder gar der nächsten Landesregierung, würde der Diskriminierung von Männern gesamtgesellschaftlich weiter Tür und Tor geöffnet. Art. 3 GG gilt universell und erst recht für Parteien, die in einer Demokratie eine besondere Vorbildfunktion innehaben. Wenn die in den Parlamenten vertretenen Parteien sich einfach über die Grundrechte des Grundgesetzes hinwegsetzen, wie soll man dann diese Grundrechte überhaupt noch begründen?

Verfassungsrechtiche Unzulässigkeit gemäß Art. 3, 21, 38 GG

Wir unterstützen ausdrücklich die Gleichberechtigung der Frauen. Eine Frauenquote von 50% ist legitim und verfassungskonform. Eine unbestreitbare Diskriminierung von Männern aufgrund ihres Geschlechts ist jedoch zu Recht durch Artikel 3 GG ausgeschlossen – auch und gerade bei der Besetzung der Parlamente.

Im Unterschied zu den Artikeln 4, 5 und 8 GG, die Ausnahmen durch Gesetze zulassen, lässt Artikel 3 GG keinerlei Ausnahme zu. Aus Art. 3 GG geht in keiner Weise hervor, dass Parteien eine Sonderstellung einnehmen und sich über das Grundgesetz stellen dürfen, oder in einem Grundgesetz-freien Raum agieren können.

Artikel 21 GG lässt ebenfalls keine Parteien zu, die gegen Artikel 3 GG bzw. die Grundrechte verstoßen. Im Gegenteil fordert Art. 21 GG: „ Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen.“ Eine Geschlechterdiskriminierung ist ein schwerer Verstoß gegen das Prinzip der Gleichwertigkeit aller Menschen in einer Demokratie. Die Landesliste NRW der Partei Bündnis90 / Die Grünen verstößt also auch gegen Art. 21 Absatz 1 Satz 3 GG. Unseres Erachtens verstößt die Landessatzung auch gegen Art. 21 Absatz 3 Satz 1, das sie mit „ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen.“ Denn u.a. die Diskriminierungsfreiheit gemäß Artikel 3 GG ist eine tragende Säule der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Fazit: Art. 21 kann nicht gegen Artikel 3 GG ausgelegt werden.

Widerruf der Landesliste ist zwingend

Auch Artikel 38 GG – der unseres Erachtens auch für Landesparlamente gilt – lässt keine Parteien bzw. Satzungen zu, die gegen Artikel 3 bzw. die Grundrechte verstoßen. Im Gegenteil fordert Art. 38 GG „gleiche“ Wahlen, wobei explizit nicht eingeschränkt ist, dass die Gleichheit nur für das aktive, nicht jedoch für das passive Wahlrecht bzw. Kandidaturen gilt. Die Landesliste NRW der Partei Bündnis90 / Die Grünen verstößt also auch gegen Art. 38 Absatz 1 Satz 1 GG. Fazit: Art. 38 kann ebenfalls nicht gegen Artikel 3 GG ausgelegt werden.

Es ist unstrittig verfassungsgemäß, wenn zum Beispiel bei einer Landesliste ein Geschlecht durch eine Quote von 50% gleichberechtigt vertreten ist. Verfassungsgemäß ist auch das Reißverschlussverfahren, in dem Männer und Frauen abwechselnd auf der Landesliste stehen, sofern nur das freie Wahlergebnis über Platz 1 entscheidet.

Rechtlich zwingender Widerruf der Zulassung der Landesliste Nordrhein-Westfalen der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ zur Landtagswahl 2022

Da die Landesliste Nordrhein-Westfalen der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ unzweifelhaft verfassungswidrig ist, fordern wir, die Unterzeichner, Sie auf und bitten Sie eindringlich, die Zulassung dieser Landesliste zur Landtagswahl 2022 zu widerrufen oder alternativ die Zweitstimmen für die Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ für ungültig zu erklären und dies auch öffentlich zu kommunizieren, damit die Wähler ihre Stimme anderen, rechtskonformen Parteien geben können.

2021 bereits Präzedenzfall im Saarland

Mit dem Widerruf der Zulassung der Landesliste Saarland der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ gab es 2021 wie zuvor beschrieben einen Präzedenzfall.

Zur persönlichen Legitimation unseres Einspruchs: Diskriminierte / betroffene Kandidaten der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ werden keinen Einspruch und keine Klage formulieren, weil sie sonst ihre Karriere beerdigen können.Von der Rechtswidigkeit der Landesliste Nordrhein-Westfalen der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ sind wir persönlich nicht nur als Partei betroffen, die im Unterschied zu „Bündnis 90/Die Grünen“ auf dem Boden des Grundgesetzes steht, sondern auch als Wähler.

Aufgrund der Dringlichkeit und der kurzen Frist bis zur Landtagswahl ist eine kurzfristige Entscheidung erforderlich.

Sollten bereits Wahlzettel gedruckt worden sein, kann das kein Argument für einen verfassungswidrige Wahl sein. Sollten Sie die Landesliste Nordrhein-Westfalen der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ zulassen, ist das Wahlergebnis bis zur Klärung durch den Landesverfassungsgerichtshof schwebend unwirksam.

Für Fragen stehen wir Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.

Mit demokratischen Grüßen

Dirk Westerheide

Landesvorsitzender

Partei „neo – Wohlstand für Alle“

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