Horst D. Deckert

Podemos-Chef Pablo Iglesias verlässt spanische Regierungskoalition. Wenige Tage später: Anschlag auf Parteibüro in Cartagena

Seit Beginn der Pandemie reiht sich in Spanien eine politische Anekdote an die nächste. Hauptdarsteller einer aktuellen Episode im führenden europäischen Corona-Irrenhaus ist Pablo Iglesias Turrión, Gründer der Linkspartei Podemos und seit 2020 in der Koalition des sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez als zweiter Vizepräsident im Einsatz.

Mitte März informierte Iglesias seine Anhänger in einer energiegeladenen Rede – in der er die Regierungsarbeit seiner Partei in Pandemie-Zeiten in höchsten Tönen lobte –, dass er von seinem Amt zurücktreten und nun andere, wichtigere Ziele ins Auge fassen werde. Nämlich den Kampf gegen Ultrarechte und Faschisten, die Spanien in die Diktatur treiben wollen.

«Es ist wichtig, sich mit der kriminellen Rechten auseinanderzusetzen. In der Politik muss man den Mut haben, die Schlachten zu schlagen, die man zu schlagen hat», erklärte Iglesias und kündigte an, dass er bei den vorgezogenen Kommunalwahlen in Madrid am 4. Mai als Podemos-Spitzenkandidat antreten wird.

Seinen letzten Arbeitstag im Ministerrat hatte Iglesias am 30. März, am 2. April dann die Überraschung: Die Online-Zeitung El Diestro (Der Rechtshänder) beschäftigte sich ausführlich mit Iglesias’ Amtsniederlegung und kam zu dem Schluss, dass der Politiker nicht zurückgetreten sei, sondern entlassen wurde. Dies gehe, so der Autor, aus dem offiziellen Text hervor, der im Namen von König Felipe VI. im Staatsanzeiger (Boletín Oficial del Estado/BOE) veröffentlicht wurde:

«Königliches Dekret 230/2021 vom 30. März, das die Entlassung von Herrn Pablo Iglesias Turrión vorsieht, dem zweiten Vizepräsidenten der Regierung. In Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Artikel 62 und 100 der Verfassung und auf Vorschlag des Regierungspräsidenten entlasse ich hiermit Herrn Pablo Iglesias Turrión und danke ihm für die geleisteten Dienste.»

Der Unterschied zwischen einem freiwilligen «Rücktritt» und einer «Entlassung» sei elementar, führte der Autor seinen Gedankengang weiter, denn durch diese «Entlassung» komme Iglesias bis zum Ende der Legislaturperiode weiterhin in den Genuss diverser Vorteile, die ihm sein ehemaliger Regierungsposten bis dato bescherte. Dazu gehören laut El Diestro ein jährliches Gehalt von 120’000 Euro plus diverse finanzielle Extras und Sachleistungen wie beispielsweise Dienstwagen, Sicherheitseskorten und ähnliche Annehmlichkeiten.

Besonders delikat: Die Linkspartei Podemos hat seit ihrer Gründung durch Pablo Iglesias im Jahr 2014 nicht nur eine steile politische Karriere hingelegt, sondern auch vehement propagiert, man werde der Korruption in Spanien ein Ende setzen und Staatsbediensteten nicht erlauben, ein Gehalt mit nach Hause zu nehmen, das dreimal höher ist als der Mindestlohn. Das Motto von Podemos lautet: «Empörung in politischen Wandel umsetzen.»

Offensichtlich sind nicht alle Bürger vom Corona-Management der Partei Podemos und dem Verhalten ihres Generalsekretärs Pablo Iglesias begeistert: Am 2. April berichtete die Presse darüber, dass es einen Brandanschlag auf das Parteibüro von Podemos in Cartagena in der Autonomieregion Murcía gegeben hat. Dieser wurde von Sicherheitskameras aufgezeichnet und zeigt eine Person, die zuerst ein Fenster zertrümmert und danach einen Molotov-Cocktail in den Raum wirft, der das Interieur in Brand setzt.

Nach Angaben des regionalen Podemos-Koordinators, Javier Sánchez Serna, war es der dritte Anschlag auf das Büro im Laufe von zwölf Monaten. Im Mai 2020 wurden Fensterscheiben eingeworfen, im September tauchten an der Gebäudefassade Drohgraffiti auf.

Die Schuldigen hatte Sánchez Serna umgehend ausgemacht. Auf Twitter wütete er: «Heute Nacht ist die extreme Rechte einen Schritt weitergegangen und hat unser Hauptquartier mit explosivem Material angegriffen. Vor ein paar Monaten weigerten sich PP und Vox, eine Erklärung zur Verurteilung des letzten Angriffs zu unterstützen. Verdammt seien diejenigen, die jeden Tag den Faschismus beschönigen.»

Auch Iglesias meldete sich zu Wort: «Der Strassenterrorismus der Ultras wird uns nicht einschüchtern. Im Angesicht der Gewalttäter und ihrer Schönfärber: Demokratie, Meinungsfreiheit und soziale Gerechtigkeit.» Grosse Worte in Anbetracht der Tatsache, dass die links-sozialistische Regierung das Land seit Beginn der Corona-Krise durch verfassungswidrige Massnahmen Schritt für Schritt in eine Diktatur verwandelt hat.

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