Holla, die Waldfee! Da fällt Opas alter Stahlhelm vor Schreck aus dem Kellerregal! Als wenn die Polen nicht im Moment schon genug Stress hätten, muss nun auch noch die deutsche Antifa in Warschau einmarschieren: Der „Rote Frontkämpferbund” schickt sich an, den polnischen Nationalfeiertag aufzumischen, denn der aufrechte Linke ist überzeugt, die Polen könnten in Sachen Demokratiegestaltung von den Deutschen noch etwas lernen. Etwa, wie man mit Migranten umgeht – oder wie ein Verfassungsgericht ordnungsgemäß zu funktionieren hat. Denn bei uns klappt das alles bekanntlich mustergültig.
Diese frohe Botschaft muss jetzt nur noch mit ein wenig Nachdruck in unser Nachbarland überbracht werden. Man kann nur hoffen, dass die Polen noch ein paar Kapazitäten frei haben, sich des „antifaschistischen“ Erziehungskommandos zu erwehren. Während sie ihre Grenze – und damit den Zugang nach Westeuropa – vor den Reisegruppen des „Lukaschenko-Flugtourismus“ verteidigen müssen, ist wohl das Letzte, was die Polen brauchen, eine rote Randaletruppe, welche die Mülltonnen ihrer Hauptstadt in Brand setzt. Der böse Deutsche trägt nun keinen Wehrmachtshelm mehr, sondern erscheint mit Sturmhaube und Molotow-Cocktail.
Spontan schoss mir der Gedanke durch den Kopf – dass hier Polen nun einen Hauch dessen abbekommt, was Israel schon seit Jahrzehnten durch die deutsche Linke erdulden muss: Eine Dauerlektion darin nämlich, wie sich ein ehemaliges Opfer des Nationalsozialismus gefälligst zu verhalten hat. Es muss in seiner Hilflosigkeit verharren, damit man die eigenen, unbewältigten Schuldgefühle an ihm abarbeiten kann. Dazu gehört auch, dem anderen zu verbieten, was man als typisch „rechts“ identifiziert hat: Der Wunsch, die Identität des eigenen Landes zu bewahren und es gegen Angriffe von außen zu schützen.
Gralshüter der NS-Erinnerung
Selbsternannte Antifaschisten mögen es absolut nicht, wenn sie durch Eigenständigkeit überflüssig gemacht werden. Sie wollen die Gralshüter der Erinnerung an den Nationalsozialismus sein und der Welt beweisen, wie gut sie das können. Ihr Denken wird dabei aber dem des angeblich bekämpften Feindes aus der Vergangenheit immer ähnlicher: Ein „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns„-Totalitarismus, die Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Migranten oder „echte“ und „unechte“ Juden, und die Entwicklung einer Insider-Sprache, die Außenstehende verwirrt zurücklässt. Allein durch die verwendeten Abkürzungen kann man sich nur noch mit Hilfe des Internets hindurchwühlen. Die größte Ähnlichkeit besteht aber im Vernichtungswillen und der Einschüchterung aller Menschen mit neutraler Haltung inklusive der damit verbundenen Kollateralschäden.
Man sollte Vergleiche zum Nationalsozialismus nur mit Bedacht äußern, aber derer bedarf es auch nicht. Ein Abenteuerklassiker beschreibt sehr gut, was hier vor sich geht: Moby Dick. Dort wird Kapitän Ahab zum fanatischen Jäger und Rächer an dem Wal, der ihn einst das Bein kostete. Ob Schiff und Mannschaft bei seiner Jagd versinken, ist ihm egal, er kennt nur noch einen Lebenszweck. Am Ende stirbt er und bleibt mit den eigenen Harpunenstricken an Moby Dick gefesselt zurück.
Zum Glück haben die Polen ein weitaus gefestigteres Selbstbild als die Deutschen und werden sich kaum von einem Trüppchen wie dem „Frontkämpferbund“ beeindrucken lassen. Warum sollten sie auch? Was bedauerlich ist: An ihrer Grenze zu Weißrussland halten sie gerade den Kopf für Europa hin, um uns vor einem zweiten 2015 zu bewahren – und dürfen sich dafür ausgerechnet von ein paar deutschen Trotzkindern in den Hintern treten lassen. Das ist einfach nur schäbig.