Die Zahl der Deutschen in Polen nimmt ab und gleichzeitig zu: Diese etwas verwirrenden Angaben machte jetzt das Statistische Hauptamt (GUS) in Warschau. Die Entwicklung ist offenbar auch Ergebnis der aggressiven antideutschen Politik an der Weichsel.
Anderthalb Jahre brauchte die Behörde, um die Volkszählung vom September 2021 auszuwerten. Nun steht amtlich fest: 132.500 Befragte bezeichnen sich selbst als Angehörige der deutschen Nationalität. Ein Rückgang im Vergleich zur vorangegangenen Erhebung im Jahre 2011, als noch 147.814 eine deutsche Volkszugehörigkeit nannten. Dagegen hat sich die Zahl jener, die privat Deutsch sprechen, im gleichen Zeitraum auf 199.000 mehr als verdoppelt. Befragt wurden nach Angaben des GUS „ständige Einwohner Polens“.
Sprache als Schlupfloch?
Ein möglicher Grund für die Entwicklung: Seit Jahren steigt der politische Druck auf die Minderheit. Viele Deutsche könnten so die Angabe der Sprache als unverfänglicher empfinden. Denn „obwohl die Volkszählung im Prinzip anonym war, hatten wahrscheinlich einige Menschen Angst, sich zu ihrer deutschen Volkszugehörigkeit zu bekennen“, glaubt die Vize-Marschallin der Woiwodschaft Oppeln, Zuzanna Donath-Kasiura im „Oppelner Wochenblatt“. Die 52jährige gehört der Sozio-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien an.
Druck auf die Schulen
Zuletzt hatte die national-konservative Regierung in Warschau ihren Kurs gegen die Deutschen sogar noch verschärft. So sanken die Zuwendungen aus dem Staatshaushalt im vergangenen Jahr um 8,5 Millionen Euro. Zudem ordnete das Bildungsministerium die Kürzung des muttersprachlichen Deutschunterrichts in den Schulen von drei Wochenstunden auf eine an. In manchen Orten mit hohem deutschen Bevölkerungsanteil, wie dem oberschlesischen Chronstau, wird der Unterricht mittlerweile aus dem kommunalen Haushalt finanziert. Im nahegelegenen Burghof, einem Ortsteil von Groß Strehlitz, wurde die dortige Grundschule dagegen in private Trägerschaft übernommen.
Die Ergebnisse der Volkszählung dürften den Vertretern der Deutschen nun neue Argumente in die Hände geben. „Das zeigt, dass die Verbundenheit mit der deutschen Sprache und Kultur nach wie vor sehr groß ist und dass unsere Bemühungen, Deutsch als Minderheitensprache wieder dreistündig in die Grundschulen zu bringen, nicht nur ein Kampf um das Privileg einer kleinen Gemeinschaft ist“, sagt etwa Ryszard Galla. Der Breslauer ist einziger deutscher Abgeordneter im Sejm, dem Unterhaus des polnischen Parlaments.
Statistik mit Lücken
Wie viele Deutsche tatsächlich im heutigen Polen leben, ist schwer zu ermitteln. Die amtlichen Angaben beziehen sich ausschließlich auf Umfragen, bei denen auch mehrere Volkszugehörigkeiten angegeben werden können. Zudem gilt Schlesisch als eigene Nationalität. Unter den in der Volkszählung ausgewiesenen 585.000 Schlesiern dürften nicht wenige Deutsche sein.
Sicher scheint jedoch, dass die Zahl der Deutschen abnimmt – teils durch Assimilation, aber auch durch fehlenden Nachwuchs. Donath-Kasiura glaubt dennoch: „Unsere Struktur verändert sich, auch altersmäßig, aber die Verbundenheit mit der deutschen Nationalität ist nach wie vor ein wichtiger Teil von uns.“
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