
Während die Politik immer maßloser und hemmungsloser über eine Sanktionieren oder gar Zwangsstillegung von Telegram nachdenkt (Maßnahmen, die ansonsten nur in Regimes wie China, Nordkorea, im Iran oder der Türkei zum Verhaltensrepertoire der herrschenden Kaste zählt) und während moralinsaure Vorzeigedemokraten und selbstgerechte Wutbürger in Spitzenämtern Oppositionelle und Demonstranten mit einem Vokabular belegen, das sich von dem der weißrussischen oder kasachischen Staatsführung kaum mehr unterscheidet: Da hat die eigentliche Zensur des bislang noch unregulierten Messenger-Dienstes in Deutschland längst begonnen. Und zwar ohne Zutun von Telegram selbst, sondern offenbar mit Hilfe der Big-Tech-Konzerne, die die geläufigsten Betriebssysteme der Handys und die Angebote im App-Store steuern.
Die digitalpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion im Bundestag, Joana Cotar, machte den mutmaßlichen neuen Zensurskandal diese Woche öffentlich und verwies darauf, dass in der Telegram-App seit einigen Tagen Kommentare und Inhalte ohne Einflussmöglichkeit der betroffenen Nutzer ausgeblendet werden. Betroffen sind dabei, so Cotar, nur ausgewählte Contents, etwa der extrem reichweitenstarke Kanal von Boris Reitschuster mit über 300.000 Abonnenten. Gelöscht wird zudem nur in Apps, die aus den Stores von Google oder Apple heruntergeladen wurden; nutzt man Telegram über das Internet, so sind weiterhin alle Kommentare zu sehen.
Privatrechtliche Schützenhilfe
Es handelt sich also offenkundig um eine privatrechtliche Schützenhilfe unter neuerlichem Missbrauch der Monopolstellung von Systemprovidern – in diesem Fall Apple und Google -, die entweder in vorauseilendem Gehorsam tätig werden (zur Festigung der exzellenten „Geschäftsbeziehung“ und Partnerschaft mit dem Corona-Linksstaat womöglich?) oder hierfür quasi „geheimdienstlich“ entlohnt werden. So oder so: In jedem Fall werden Fakten geschaffen, noch bevor irgendwelche Verwaltungsakte oder einspruchsfähige juristische Maßnahmen gegen Telegram ergriffen wurden. Mit rechtsstaatlichen Gepflogenheiten hat dieses Wildwest-Vorgehen nichts zu tun.
Cotar zeigt sich entsetzt: „Es ist ein Skandal, dass Apple und Google in die Meinungsfreiheit in Deutschland eingreifen. Nun ist der Staat in der Pflicht, das Grundrecht auf das freie Wort durchzusetzen. Sollte sich der Verdacht erhärten, dass Politik oder Behörden Druck auf die beiden Konzerne ausgeübt haben, um diese Zensur zu erzwingen, bekäme der Skandal eine neue Dimension. Dann befände sich Deutschland auf einem gefährlichen Weg in die Unfreiheit… Bisher sind lediglich Länder wie China, Weißrussland, Iran oder Russland gegen Telegram vorgegangen. Dass sich die Bundesrepublik in diese Liste einreiht, wäre eine Schande.”