Horst D. Deckert

Proteste vor SWR-Funkhaus: Wir sind dann mal so frei!

Entfesselter Furor (Symbolbild:Imago)

Man könnte fast meinen, hier hätte geradezu ein Akt der Majestätsbeleidigung stattgefunden, liest man, was die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, über eine Corona-Demonstration unter anderem vor dem Senderhaus des Südwestrundfunks (SWR) in Stuttgart auf Twitter schrieb:

(Screenshot:Twitter)

Mir drängt sich hier das Bild der empörten Greta Thunberg auf, die vor der UN-Versammlung ein herausgepresstes „How dare you!” ins Mikrophon zischt. Man könnte meinen, die protestierenden Bürger vor dem SWR-Gebäude hätten dort eine Guillotine aufgebaut, um die letzte Bastion der Freiheit mit Belagerungsleitern zu erstürmen und die gesamte Belegschaft einen Kopf kürzer zu machen. Vielleicht hat auch jemand „Lügenpresse” gerufen, was noch weitaus schwerer ins Gewicht fiele.

Nun gut, man ist es gewohnt, Protestmärsche eher in Innenstädten oder vor Regierungsgebäuden anzutreffen. Dort eben, wo man sich das Zentrum der Macht vorstellt oder die Hoffnung auf das Gewinnen neuer Unterstützer erfüllt werden kann. Der Springer-Verlag wird des öfteren von einem Häuflein Linker belagert, und auch den „Westdeutschen Rundfunk“ (WDR) in Köln traf es nach dem „Oma-Umweltsau“-Skandal. Vielleicht steckt auch das Frau Mast noch in den Knochen: Die Weigerung des Konsumenten, alles zu schlucken, was die Medien ihm vorsetzen. Seitdem wissen wir: Wer die eigene Großmutter gegen Respektlosigkeit und hanebüchene Anwürfe verteidigt, ist schon Teil eines Nazi-Shitstorms. Dasselbe gilt für noch Schlimmeres – für jeden, der den lahmen, am grünen Mainstream-Interesse ausgerichteten Humor aus der öffentlich-rechtlichen Retorte einfach nicht lustig findet. Lachen Sie jetzt, oder Ihnen wird das Lachen noch vergehen, Sie Demokratiefeind!

Öffentlich-rechtliche Sender in Zugzwang

Niemand sieht sich gern der Kritik ausgesetzt. Zudem ist so eine Demo direkt vor der eigenen Haustür enorm lästig und bringt den Sender in Zugzwang: Um sich öffentlich darüber empören zu können, muss man schließlich erst einmal zugeben, dass es sie gegeben und vor allem warum es sie gegeben hat. Das legt den Finger in die Wunde: Die Medien waren maßgeblich am Corona-Maßnahmen-Hype beteiligt, vornehmlich durch Horrormeldungen von Intensivstationen und undifferenzierte Verbreitung von Inzidenzwerten. Kritische, eigene Recherche? Fehlanzeige. Nun schlägt die Stimmung langsam um, die Bürger glauben nicht mehr alles, was ihnen vorgesetzt wird. Man steckt in einem tiefen Dilemma: Einerseits kann und will man nicht zugeben, dass Maßnahmen-Kritiker vielleicht in manchen Punkten recht hatten. Andererseits will man im Falle eines möglichen Stimmungswechsels rechtzeitig auf den neuen Trend aufspringen – oder, um es noch ein wenig böser zu formulieren, sich noch rechtzeitig abseilen, bevor der mitgetragene Schwindel einem um die Ohren fliegt.

Denn es ist in Deutschland schließlich nicht so, dass Journalisten immer mit einem Bein im Gefängnis stehen oder von der Regierung bedroht werden, wie es in anderen Ländern an der Tagesordnung ist. Auch verbergen sich die Daten, auf die es ankommt, nicht hinter unzähligen Firewalls oder in den geheimen Archiven der Illuminaten. Mit etwas Hilfe durch Google kann man alles finden, was man zur kritischen Berichterstattung braucht. Sogar das sehr linkslastige „Monitor”-Magazin brachte in der letzten Woche einen kritischen Bericht über die großzügigen Honorare, welche von Ärzten für das Massenimpfen berechnet werden dürfen. Mit etwas gutem Willen ist kritische Berichterstattung also durchaus möglich.

Das Problem der deutschen Medienlandschaft besteht eher darin, dass sie sich beständig selbst zensiert. Zwar konnte Ex-Kanzlerin Merkel durchaus schmollen, wenn ihr ein Journalist nicht gefiel, und ihm beim Bundespresseball die kalte Schulter zeigen. Das Dilemma der Medienmacher liegt aber darin, dass sie sich gegenseitig einen Überbietungswettbewerb in Sachen Anbiederung geliefert haben. Ein Journalist, der von der vorgegebenen Linie abweicht, riskiert zwar nicht sein Leben – wohl aber seinen Job. Da reichen ein paar wütende Leserbriefe aus der richtigen links-grünen Blase.

Spezialität des Juste Milieu

Nun lesen und sehen die meisten Menschen – egal, welchen politischen Hintergrund sie aufweisen – lieber solche Berichte, die ihre eigene Meinung bestätigen und ihnen allenfalls neue Argumente liefern. Man schimpft auch mal über den Inhalt eines Artikels und wundert sich, was zum Teufel sich der Autor dabei gedacht hat. Symbolisch dessen Kopf zu fordern scheint mir aber eine Spezialität des Juste Milieus zu sein. Man tastet sich also ganz behutsam an die Kritik heran – und oft erfolgt sie einfach zu spät, etwa erst nach entscheidenden Wahlen. Wenn dann noch der eigene Arbeitgeber ab und an großzügige Spenden von einem Lobbyisten erhält, wie der „Spiegel“ von der Gates-Foundation, dann überlegt man sich, ob man wirklich die Hand beißen soll, die den Chef füttert. Da kann dieser noch so oft beteuern, er wäre trotz des Geldsegens neutral geblieben.

Wer all das kritisiert, soll also ein Demokratieverächter sein? Mir scheint, dieser Vorwurf löst derzeit gerade die ermüdete Nazi-Keule ab, als letztes Aufgebot derjenigen, die gern jeden Protest unterbinden wollen. Dreister geht es eigentlich nicht: Zuerst berichtet man permanent an den Interessen der Menschen, die einen mit ihren Gebühren finanzieren, vorbei und beschwert sich dann, wenn diese mehr Meinungsvielfalt, aber vor allem weniger Regierungspropaganda fordern. Den meisten Kritikern würde es schon reichen, wenn zu einem Thema sowohl Gegner als auch Befürworter zu Wort kämen, weil dies Fairness und „Vielfalt“ – ausnahmsweise einmal der Meinungen – verspricht. Aber diese sind im Rundfunkbeitrag wohl nicht mehr enthalten.

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