Gestern morgen griff Putin die Ukraine an. Ganz klar liegt ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg vor, und sinnloses Leid wird die vor uns liegenden Tage beherrschen – wieder einmal, muß man angesichts der europäischen Geschichte sagen. Zum Thema ist noch weit mehr anzumerken. Dennoch kann schon jetzt vorhergesagt werden, daß die Mainstream-Medien sich manchen Perspektiven nicht öffnen werden. Gehen wir also wenigstens hier auf Ansage mit der Analyse etwas tiefer.
Obwohl in den vergangenen Tagen in den Medien von einem möglicherweise bevorstehenden Angriff Rußlands gesprochen worden war, sind dennoch viele Menschen in Deutschland jetzt überrascht. Warum? Weil sie in der Zwischenzeit die Erfahrung gemacht hatten, daß diesen Medien nicht unbedingt zu vertrauen ist; da sind zum Beispiel die Corona-Berichterstattung und viele andere Bereiche, für die man lernen mußte, zwischen den Zeilen zu lesen beziehungsweise zu hören und sich stets seinen eigenen Reim auf alles zu machen (oder, als Ex-DDR-Bürger, solche Fähigkeiten reaktivieren mußte). So konnte man in den letzten Tagen kaum ahnen, daß diesmal die Berichte von möglichen Kriegsvorbereitungen Rußlands einen wahren Kern hatten.
Der Zustand Deutschlands
Und das führt mitten ins Problem: zum Zustand Deutschlands. Denn nicht nur in puncto Berichterstattung sieht es hierzulande trist aus. Im wesentlichen ist das gesamte Land, im Gegensatz zu vielen Nachbarn, damit befaßt, wie sich am besten Ungeimpfte unterdrücken lassen, daß auch ja immer noch alle, sogar Schüler, ihre Masken aufhaben, daß auch ja nicht das Falsche gedacht, gesagt oder gewählt wird. Meilenweit ist man davon entfernt, mit einem Krieg, der sich ja ausweiten könnte, zurechtkommen zu können. An der Spitze des Verteidigungsministeriums ist nun schon die dritte Frau in Folge: Christine Lambrecht nach zuvor Annegret Kramp-Karrenbauer und Ursula von der Leyen. Dabei ist das Problem nicht deren Frausein an sich, sondern die Kompetenz. Der Mangel wird schon daran ersichtlich, daß keine dieser Damen den Laden Bundeswehr selbst durchlaufen hat – ganz im Gegensatz zu -zig Millionen Männern in diesem Land, sowie inzwischen auch einigen Frauen.
Wie wäre es aber mit dieser simplen Grundregel: Wer das Verteidigungsministerium führen will, muß selbst gedient haben? Hinzu kommt der Zustand der Streitkräfte selbst: Heeresinspekteur Alfons Mais sprach gestern von einer schwerwiegenden „Vernachlässigung der Einsatzbereitschaft” der Bundeswehr. Der Krieg trifft die deutsche Öffentlichkeit also unvorbereitet, dekadent, verdummt, bürokratisiert und schlecht ausgerüstet.
Es hapert schon an der Sprache
Der „Deutschlandfunk” aber hatte gestern früh wieder nichts Besseres zu tun, als uns erneut mit Dschender-Deutsch zu beschallen: An der Börse würden „Anlegerinnen und Anleger“ ihre Aktien loswerden, die Moderatorin der Sondersendung um 9.10 Uhr sagte, westliche „Regierungschefinnen und -chefs” berieten sich jetzt, und die Nachrichten um 10 Uhr sprachen von „Hartz-4-Beziehenden”. Diese Konstruktionen sind ein Hemmschuh fürs menschliche Denken und führen im Sprachzentrum des Gehirns immer wieder zu Verwirrung und Ablenkung. Anscheinend ist keine Situation ernst genug, um von dieser Marotte abzulassen. Wobei beim Thema Sprache nicht vergessen werden darf, daß auch die Ukraine von Verfehlungen im Vorfeld des Kriegs nicht frei war: So führte sie jüngst ein Gesetz ein, welches das Drucken russischsprachiger Zeitungen nur noch dann erlaubt, wenn eine gleich große Zahl ukrainischsprachiger Exemplare gedruckt wird. Das bedeutet wegen Unrentabilität de facto das Aus für jede russischsprachige Zeitung der Ukraine. Solch ein Sprachengesetz ist, wie jeder Soziolinguist bestätigen wird, klar inakzeptabel.
Zurück zu den Irrwegen Deutschlands: Hinzu kommen die Versäumnisse bei der Energieversorgung. Vor dem Hintergrund eines tiefen Glaubens an den menschengemachten Klimawandel entledigt sich Deutschland sowohl der Kohle als auch der Atomkraft. Für letzteren Abschied gilt als Grund die Seebeben-Katastrophe in Japan von 2011, in deren Folge es zum Reaktor-Unglück von Fukushima kam. Aber Deutschland ist nicht Japan: Während jenes ferne Land weltbekannt ist für seine tektonischen Verwerfungen und man dort vielleicht wirklich besser keine Atomkraftwerke bauen sollte, ist die Geologie Mitteleuropas eine völlig andere. Vor diesem Hintergrund hat sich Deutschland energiepolitisch vom Ausland, insbesondere Rußland, abhängig gemacht und sitzt nun mit der Nichtinbetriebnahme von Nord Stream 2 auf dem Trockenen.
Und Putin hat sehr wohl eine – mindestens ungefähre – Vorstellung davon, in welchem Zustand sich Deutschland befindet. Er weiß beispielsweise, daß es eine Außenministerin Baerbock mit seinem Pendant Lawrow nicht ernsthaft aufnehmen kann. Ähnlich ist in den USA ein mental eingeschränkter Political-Correctness-Greis am Ruder, der einen Journalisten als „Son of a Bitch” bezeichnete – und in Frankreich steht möglicherweise die Abwahl von Emmanuel Macron (Zitat: „Ich will die Ungeimpften zuscheißen”) bevor. Blicken wir der Wahrheit ins Auge: Der Zustand des Westens hat es Putin leichter gemacht, seine Entscheidung für den Angriff zu fällen.
Putinversteher verstehen manches nicht
Die finsteren Zustände Deutschlands haben zu einem hierzulande häufig anzutreffenden Typus geführt: dem Putinversteher. Denn je dreister unsere Regierung Freiheiten einschränkte und je mehr sie sich herausnahm, desto mehr sahen sich Menschen nach Alternativen um. Nur ist Putin in Wirklichkeit keine. Zur Wahrheit gehört eben auch, daß er mit Demokratie und Freiheit noch weit weniger am Hut hat als diejenigen im eigenen Land, von denen man sich mit Ekel abwendet. Auch spricht vieles dafür, daß es keine Verschwörungstheorie ist, daß Putin hinter den Morden und Giftanschlägen auf russische Oppositionelle steckt. Zumindest paßt dies gut ins Bild, vergegenwärtigt man sich das jetzige Handeln Putins. Mit diesen Bemerkungen soll nicht abgestritten werden, daß folgender Leserkommentar auf „Tichy’s Einblick” inhaltlich korrekt ist: „Putin will mich schon mal nicht zwangsimpfen. Besser als unsere aktuelle Regierung„.
Dieser „Vorteil“ liegt jedoch nur daran, wie tief Deutschland inzwischen gesunken ist. Über irgendeinen positiven Aspekt Putins beweist die Beobachtung nichts – denn da hätte man auch die schwedische Regierung und viele andere als Vergleich heranziehen können. Spätestens jetzt, bei Krieg und Frieden, hört der Spaß auf.
Völkerrechtswidrige Angriffskriege: Im Westen nichts Neues
Nun ist ein Themenkomplex noch gar nicht angeschnitten, und viele Mainstream-Medien werden das Thema auch in Zukunft vermeiden: Völkerrechtswidrige Angriffskriege sind auch vom Westen immer wieder geführt worden. Regelmäßig wird jedoch versäumt, sich an die eigene Nase zu fassen. Neben Afghanistan, Irak und vielen anderen ist das beste Beispiel der Kosovo-Krieg 1999. Eine ganz ähnliche Konstellation: Damals mußte die Situation der Minderheit der Kosovo-Albaner für einen Angriff der NATO auf Serbien herhalten – und heute die russischen Bevölkerungsteile in der Ukraine für einen Angriff Rußlands auf diesen souveränen Staat. Vor mehr als einem Jahrzehnt wurde der widerrechtlich von Serbien abgetrennte Kosovo von Deutschland – aber beispielsweise nicht von Spanien – als Staat anerkannt. Da sagte sich Putin 2014 bezüglich der Krim, die er der Ukraine wegnahm: Was die können, kann ich auch! Und jetzt entpuppt er sich als Wiederholungstäter. Putin ist im Grunde nichts anderes als ein George W. Bush abzüglich des Whiskey- und Kokainkonsums, den ihm Sängerin Pink in ihrem Lied „Dear Mr. President” unterstellt. Was Bush Guantanamo war, ist bei Putin das Lager, in dem Alexej Nawalny einsitzt.
Jetzt, wo der Krieg da ist, ist guter Rat teuer. Es wird sich zeigen, wieviel durch Sanktionen gegen Rußland erreicht werden kann. Immerhin ist die Welt heute viel vernetzter als 1939 – und sogar stärker vernetzt als 1999. Um Putin in die Knie zu zwingen, könnte das ein Vorteil sein. Eins sollte jedoch klar sein: Es ist definitiv Zeit für die sofortige Beendigung aller Corona-Maßnahmen. Das Thema muß unbedingt durch sein – damit wir den Kindergarten verlassen und uns den wirklichen Herausforderungen unserer Zeit stellen können.
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