Das Merit-Order-Prinzip als Preisturbo bei der Energie. Die Sanktionen gegen Russland im Ukraine-Wirtschaftskrieg als Brandbeschleuniger. Die Inflation als schleichende Enteignung der Bürger, der die Verpflichtung des Staates zum Schutz des Eigentums gegenübersteht. Rechtsanwalt Gottfried Forsthuber erklärt Hintergründe und Zusammenhänge der aktuellen Herausforderungen und zeigt auf, welche praktischen Möglichkeiten zur Energiekostenreduktion dem Einzelnen zur Verfügung stehen.
Mag. Gottfried Forsthuber, selbständiger Rechtsanwalt in Baden bei Wien, wurde durch sein Engagement gegen die Covid-Maßnahmen-Willkür und Impfpflicht-Bestrebungen in Österreich einem breiten Publikum bekannt. Die Analysen und Hilfestellungen auf seinem Grundrechte-Blog boten unzähligen Menschen konkrete Unterstützung im Abwehrkampf gegen einen höchst übergriffigen Staat. In seinem aktuellen Beitrag widmet sich der Anwalt einer Thematik, die ebenfalls jeden Einzelnen betrifft und für viele nicht minder dramatisch ist: dem Anstieg der Energiepreise und der fortschreitenden Enteignung der Bürger durch Inflation.
Sehen Sie die Ausführungen „Energie, Preise, Geldvernichtung – was Sie dagegen tun können“ auf Forsthubers Webseite oder hier im Artikel. Sie werden im Folgenden wörtlich wiedergegeben (Hervorhebungen und Zwischentitel durch Redaktion).
Das teuerste Kraftwerk bestimmt den Strompreis
Bevor ich mögliche Lösungen vorstellen kann, ist es wesentlich, einmal das grundlegende Problem zu erfassen. Wie kann es überhaupt sein, dass diese Preise so extrem hoch sind? Dazu ist es notwendig, dass wir uns die Strompreisbörse und das Prinzip, wie dort die Preise zustande kommen, näher anschauen. Es gibt zwei Arten: langfristiger Handel und kurzfristiger Handel. Der überwiegende Teil passiert über den langfristigen Handel. Kurzfristige Verträge ist das, wo es schön langsam beginnt, kritisch zu werden. Die Energieunternehmen wissen ja im voraus nicht, wie viel Strom an einem bestimmten Tag gebraucht wird. Das heißt, die kaufen immer unter dem erwarteten Bedarf ein. Und diese Differenz, diese kleine Differenz, die wird auf dem Energiemarkt, auf der Börse gehandelt.
Und dabei kommt das sogenannte Merit-Order-Prinzip zur Anwendung.Was ist das eigentlich? Das teuerste Kraftwerk bestimmt den Preis beim Strom. Ziel ist es eigentlich, dass erneuerbare Energien durch dieses System gefördert werden. Weil sich der gesamte Strompreis auf dieses Merit-Order-Prinzip beruft, entscheidet letztendlich ein einziges Gaskraftwerk, das am Schluss dazugeschaltet werden muss, darüber, wie viel man für den gesamten, auch vielleicht schon vor längerem eingekauften Strom bezahlen muss.
Aktuell kann nämlich der benötigte Bedarf nicht ohne Gas gedeckt werden. Gesetzlich geregelt ist das Merit-Order-Prinzip im Verrechnungsstellengesetz §1 beziehungsweise §10. Da wird eben diese Rangfolge für den Abruf von Kraftwerken festgelegt.
„Ganz einfach das Merit-Order-Prinzip nicht mehr auf fossile Brennstoffe anwenden“
Was gibt’s für Alternativen zu diesem Merit-Order-Prinzip? Schauen wir mal in die Schweiz. In der Schweiz gibt es keinen deregulierten Strommarkt. Da kauft jeder ein von dem Anbieter, der eben in der Nähe ist. So, wie wir es früher in Österreich auch hatten. Wir hatten den Verbund und neun Landesgesellschaften. Mittlerweile ist das liberalisiert, in der Schweiz ist es nach wie vor anders. Die Kunden können sich dort eben den Strompreisanbieter nicht aussuchen und sie müssen einen vordefinierten Durchschnittspreis bezahlen, der sich an dem bestellten Energiemix orientiert. Möglichkeiten auf EU-Ebene gäbe es auch einige. Ich sag´ die plakativste: Ganz einfach das Merit-Order-Prinzip nicht mehr auf fossile Brennstoffe anwenden. Oder anders gesagt: Gas, Kohle, Öl aus dem Preisbildungsprozess herausnehmen.
Ukraine-Krieg – ein klassischer Wirtschaftskrieg
Ein paar Sätze noch zu der Ursache der Krise:
Oder hier:
Interessant. Also letztendlich, man merkt schön langsam, es ist wieder einmal ein klassischer Wirtschaftskrieg. Auch spektakulär das Sanktionenpaket der Europäischen Union. Man versucht hier wirklich alles, um offensichtlich die eigene Wirtschaft zu zerstören. Der Reihe nach:
Am 25. Februar 22 gab es ein erstes Sanktionspaket. Dicht gefolgt dann von einem zweiten. Da haben die Staats- und Regierungschefs im Rat der Europäischen Union am 8. April 22 beschlossen, dass der Transport von Erdgas und Erdöl stark eingeschränkt werden sollte und soll.
Am 5. Oktober schließlich wurde dann beschlossen die Umsetzung der von den G7-Staaten vorgesehene Ölpreis-Obergrenze. Ja, und das ganze wird in Österreich umgesetzt durch das sogenannte Sanktionengesetz.
Inflation ist Enteignung des Bürgers
Was bedeutet das jetzt aber allerdings für uns Bürger beziehungsweise für Kleinunternehmer oder mittelständische Unternehmen, die unter der massiven Teuerung leiden? Nun, man muss sich in Erinnerung rufen, dass es ja einen Schutz des Eigentums gibt und der Staat dazu verpflichtet ist. Wo ist der geregelt? Im Artikel 1 Erstes Zusatzprotokoll der Menschenrechtskonvention.
Gut, jetzt kann man sagen, mir wird Stück für Stück, langsam, aber sicher das Eigentum entzogen, indem die Inflation zuschlägt. Und genau das ist es nämlich. Das derzeitige Merit-Order-Prinzip ist ein Preisturbo bei der Energie und das bedeutet Inflation. Die Sanktionen sind ein Brandbeschleuniger, bedeuten Verknappung am Energiemarkt und bedeuten Inflation. Inflation ist Enteignung des Bürgers. Wie kann also der Staat sicherstellen, dass das Eigentum des Bürgers gesichert ist? Durch Transferzahlungen? Durch soziale mildtätige Programme?
Ist das ausreichend, damit der Staat sagen kann, ich hab genug für den Eigentumsschutz getan? Oder muss er vielleicht gesetzliche Grundlagen ändern, dass die Preisbildung anders zustande kommt? Muss er vielleicht nach einer gewissen Zeit überlegen, ob die Sanktionen wirklich einen Sinn machen? Also ob das wirtschaftliche Opfer, das von allen Menschen, von Unternehmern beansprucht und eingefordert wird, tatsächlich zur Zielerreichung geeignet ist? Zielerreichung ist ja offensichtlich, dass man Russland in die Knie zwingt. Es sind neue Partner gefunden worden. Indien liefert gerne nach Europa mit einem Aufschlag. Also, letztendlich ist das alles eine sehr scheinheilige, fast schon verkommene Debatte auf dem Rücken der Bürger, die sehenden Auges ihr Vermögen, ihr Geld, ihre Grundlage verlieren, weil ein guter Teil des Einkommens zur Sicherung und zur Zahlung von Energiekosten verwendet wird.
Die Anmeldung zum Grundversorgungstarif steht jedem offen
Was kann man jetzt dagegen tun? Man kann natürlich sämtliche Förderungen beantragen. Das wird aber wohl nur ein schwacher Trost sein beziehungsweise ein Tropfen auf den heißen Stein. Der nächste Schritt wäre, sich zum Grundversorgungstarif anzumelden beim jeweiligen Stromanbieter aber auch Gaszulieferer. Das Großartige beim Grundversorgungstarif ist, dass der doch deutlich unter dem liegt, was bislang angeboten wird. Wenn zum Beispiel beim Verbund 50 Cent die Kilowattstunde kostet, so kostet er im Grundversorgungstarif 17 Cent. Das ist doch ein erheblicher Unterschied von 33 Cent pro Kilowattstunde. Geregelt ist das ganze im §77 Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz aus dem Jahr 2010 beziehungsweise aus dem Gaswirtschaftsgesetz 2011 und zwar dort im § 124. Sinngleich steht dort, dass eben das Angebot zu machen ist eines günstigeren Tarifes und zusätzlich, dass keine Sicherheitsleistungen verlangt werden dürfen, die mehr als eine Vorauszahlung für ein Kalendermonat beträgt.
Sonst gibt es aber null, nada Begrenzungen im Gesetz. Der Staat hat diese Transferleistung auf die Energieträger ausgelagert. Das heißt, jede und jeder kann das beantragen. Es gibt keine verpflichtende Angabe von Einkommensnachweisen oder dergleichen, dass man seine Bedürftigkeit oder Ähnliches nachweisen muss. Das gibt es alles nicht. Das gibt es maximal auf AGB, also auf Grundlage der allgemeinen Geschäftsbedingungen des jeweiligen Energieunternehmens, bei dem sie Kunde sind. Aber gesetzlich gibt es keine Grenze. Jeder kann diesen Grundversorgungstarif beantragen. So. Die Rechtslage ist eindeutig. Allerdings wird sie von den Landesgesellschaften unterschiedlich gesehen. Die Kärntner Kelag zum Beispiel akzeptiert jeden Antrag auf Grundversorgung. Andere Anbieter sind da restriktiver. Das ist aber auf Basis der allgemeinen Geschäftsbedingungen und die können durchaus auch sittenwidrig sein. Musterbriefe, wie man das beantragen kann beim jeweiligen Stromanbieter finden sich auf e-control.at Es gibt zusätzlich die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens. Sie sehen also, man kann einiges tun, wenn man es denn tut!