Die Präsidentschaftswahlen halten Frankreich alle fünf Jahre in Atem: innenpolitisch wegen der Stellung des Präsidenten als eine Art „Ersatzkönig“. Außenpolitisch wegen des Gewichts der „Grande Nation“, gerade in der EU. Frankreich ist nicht zuletzt auch die einzige dort verbliebene Atommacht: ein weiterer Machtfaktor, erst recht seit dem Ukraine-Krieg.
Von Konrad Markward Weiß
Brutale Verwerfungen erschüttern Frankreich
Doch vor allem um die innere Sicherheit steht es zwischen Ärmelkanal und Mittelmeer schlecht. Grausame Attentate von radikalen Muslimen, vorzugsweise mit Messern, zogen sich durch die gesamte Amtszeit von Präsident Macron. Täglich zählt Frankreich heute 120 Messerangriffe – oft begleitet von „Allahu akbar“-Rufen. Die Kriminalität eskaliert: „Unter Macron und dessen Vorgänger Hollande verzeichnen die offiziellen Zahlen einen Anstieg bei Körperverletzungen um 50 %, bei Mord und Mordversuchen um 110 %, bei sexueller Gewalt um 200 %“, so Laurent Obertone. 2019 brannte mit der Kathedrale Notre-Dame von Paris auch noch eines der wichtigsten Symbole Frankreichs, der Christenheit und der abendländischen Zivilisation insgesamt.
Die Feuerkatastrophe im Herzen der Hauptstadt fügt sich ins Bild eines im Kern bedrohten Frankreichs. 2020 stand schon die Kathedrale von Nantes in Flammen: Ein abgelehnter Asylwerber aus Ruanda, gegen den mehrere Ausreisebefehle erlassen worden waren, gestand die Brandstiftung. Der Täter blieb im Land, wurde wieder auf freien Fuß gesetzt und ermordete Tage später einen katholischen Geistlichen, der ihn am Sitz seines Ordens beherbergt hatte. Die von Linken dominierte Presse tut ihr möglichstes, um diese erschreckenden Folgen der Masseneinwanderung zu verschleiern. Der weltberühmte Schriftsteller Houellebecq dazu: „Gemessen an den Fakten schien es, als wären die linksliberalen Journalisten von der gleichen Blindheit befallen wie die Trojaner“.
Zemmour will Einwanderung beenden
Doch in Frankreich hilft die mediale Schützenhilfe den „klassischen“ Linksparteien nicht mehr: Die Kandidaten der Sozialisten bzw. Grünen bleiben in Umfragen unter der 5-Prozent-Marke. Dafür hat Jean-Luc Mélenchon, Gründer der linkspopulistischen bis linksradikalen Partei „Unbeugsames Frankreich“, noch vage Aussichten auf die Stichwahl. Dort würde er so gut wie sicher auf Macron treffen; dieser hat sein Wiederantreten erst sehr spät bekannt gegeben. Siegessicher hat er seinen Wahlkampf auf ein Minimum beschränkt. Und die konservative Rechte? Les Républicains mit Spitzenkandidatin Valérie Pécresse kommt in den Umfragen auf weniger als 10 Prozent und hat keine Chance auf Runde 2.
Eine Erklärung dafür hat Éric Zemmour, Gründer und Spitzenkandidat von RECONQUÊTE! (dt. Rückeroberung): „Selbst wenn ein Kandidat der Rechten gewinnt – wie Chirac oder Sarkozy – macht er keine rechte Politik und bleibt den linken Eliten unterworfen, die die politische Landschaft und die Medien beherrschen“. Der Publizist und Polit-Neuling geht mit kantiger Identitätspolitik ins Rennen: „Was mich bewogen hat, ist, dass kein einziger rechter Politiker aufgestanden ist, um zu sagen, dass Frankreich, die französische Zivilisation, in tödlicher Gefahr ist (…)“.
Viele junge Moslems wollen die Scharia
Im Interview mit “Der Eckart” spricht er Klartext: „Ich will Frankreich den großen Austausch und den großen Abstieg ersparen. (…) Ich bin der einzige Kandidat, der die Einwanderung von außerhalb Europas beenden will. Ich will sie beenden, das heißt, dass es keinerlei Recht auf Einwanderung mehr geben wird, keinerlei Recht auf Familienzusammenführung, auf Asyl (…). Ich bin auch der Einzige, der aus dieser Wahl eine Frage unserer gesamten Zivilisation macht und nicht bloß mit einem Maßnahmenkatalog antritt (…)“.
Und zur Sicherheitslage: „Was den Bürgerkrieg betrifft, so gibt es diesen in gewisser Hinsicht schon, wenn Islamisten mörderische Anschläge wie in Paris oder Nizza verüben, aber auch isoliertere Attentate wie die Ermordung eines Priesters, von Polizisten oder eines Lehrers wie Samuel Paty. Ganz zu Schweigen von all den Stadtvierteln, wo die französischen Gesetze keine Anwendung mehr finden, die schon jetzt fremde Enklaven in Frankreich sind. Untersuchungen zeigen, dass für die Mehrzahl der jungen Moslems die islamischen Gesetze, konkret die Scharia, über den französischen stehen. Das ist durchaus der Keim des Bürgerkrieges, denn die Scharia und die französischen Gesetze sind selbstverständlich unvereinbar.“
Dominanz der Sozialen Frage
Dabei hat Zemmour selbst nordafrikanische Wurzeln: „Aber der große Unterschied ist, dass wir uns an Frankreich assimiliert haben, dass wir also Frankreich angenommen, verinnerlicht, wertgeschätzt haben, seine Sprache, seine Geschichte, seine Kultur und seine Werte. (…) Es geht nicht nur darum, die außereuropäische Einwanderung zu beenden, sondern von den Franzosen ausländischer Herkunft zu verlangen, sich an Frankreich zu assimilieren.“
Mit Zemmour ist Marine Le Pen ein scharfer Konkurrent erwachsen, zwischenzeitlich sogar um den Einzug in die Stichwahl, der ihr nun aber sicher scheint: Der Ukraine-Krieg spielte Le Pen in die Karten, da sie schon länger verstärkt auf soziale Fragen abstellt, die in Krisenzeiten dominieren. Seit Jahren ist sie auch um „Entdämonisierung“ ihrer Partei bemüht, die sie von Front National auf das weniger kriegerische Rassemblement National umbenannt hat.
Zwar punktet Le Pen nun verstärkt bei einkommensschwächeren, weniger „ideologischen“ Wählern, verprellt aber mit dem „Kuschelkurs“ wiederum andere – oft in Richtung Zemmour. Zuletzt wechselte sogar ihre prominente Nichte, Marion Maréchal, die Seiten. Eine der großen Fragen nach der Wahl des neuen Präsidenten am 24. April lautet daher, wie es mit den beiden Rechtsparteien und ihren Chefs weitergeht.
Konrad Markward Weiß, geb. 1977 in Wien, ist österreichischer und französischer Staatsbürger; er war Pressesprecher des bisher letzten freiheitlichen Vizekanzlers und ist wie davor selbstständig tätig: in der Unternehmenskommunikation und als Moderator, als Verleger (Karolinger Wien), Schriftleiter von DER ECKART, Publizist (u.a. Sezession, Junge Freiheit, Wochenblick, FAZ) sowie als langjähriger Übersetzer von Jean Raspail und weiterer französischer Autoren wie Alain de Benoist und Marcel Aymé.