Im verzweifelten Bestreben, nach immer neuen Aufhängern für die krude Mär vom „Alltagsrassismus“ zu fahnden, ist nun auch das jahrtausendealte Schachspiel in Verruf geraten. Begründung: Weil dort Weiß stets zuerst zieht, werde Schwarz systematisch benachteiligt – so wollen es woke BLM-Verstrahlte und Phantomdiskriminierte ausfindig gemacht haben, weshalb sie dringend eine Regeländerung verlangen.
Ausgangspunkt der Debatte war der Tweet eines australischen Schachspielers auf Twitter, der diesen angeblichen Regelrassismus anprangerte und damit leidenschaftliche Diskussionen lostrat. Inhaltlich bewegen sich diese auf derselben Ebene wie frühere Übertragungsvorwürfe, Schach sei ein per se kriegerisches bzw. militärisches und destruktives Spiel, das die Zerstörung und finale Niederlage des Gegners forciere.
In Publikationen der Schachszene – wie etwa dem Portal „Chess-international“ – wurde der Vorstoß gebührend „gewürdigt“ und beispielsweise als „an Absurdität nicht mehr zu überbieten“ zurückgewiesen. Die kultur- und traditionszersetzende Cancel-Culture, die nicht und niemandem respektiert und vor nichts Gewachsenem, Überliefertem und Bewährtem haltmacht, greift immer schamloser in unser Leben ein, und ergreift nach dem gesamten Kultur- und Freizeitleben, dem Unterhaltungssektor dem Amateur-und Profisport nun auch Denk- und Geschicklichkeitsspiele.
Irgendwann wird sich bald überhaupt niemand mehr trauen, irgendeine Form künstlerischen Ausdrucks zu wagen, irgendeinem Hobby nachzugehen oder überhaupt noch etwas zu sagen, zu tun oder auch nur das Haus zu verlassen (sofern nicht ohnehin gerade Lockdown ist), aus lauter Angst und Sorge vor Disziplinierung, vor Sanktionen und Anfeindungen, weil er irgendwem damit auf die Füße treten könnte. Denn kulturelle „Unsensibilität“ bemisst sich nicht nach dem, was gemeint war, sondern was darunter verstanden werden kann. (DM)