
An der Ukraine-Russlandkrise scheiden sich die Geister: Während die einen das Gebaren Russlands, allen voran Wladimir Putins, verteufeln und als abgrundtief böse ansehen, sind andere um Ausgleich bemüht, sehen das ganze objektiver und erkennen Fehler auf beiden Seiten oder versuchen immerhin, Verständnis für die beiden Lager aufzubringen. Wieder andere betrachten Putin als Erlöser, der versucht, die aggressive Vorherrschaft der NATO zu verhindern und sich von dieser schlicht bedroht fühlt. Der Krieg in der Ukraine treibt vor allem einen Keil quer durchs konservative Lager – insbesondere auch durch die AfD sowie deren Anhänger. Dies möchte ich nachfolgend etwas genauer beleuchten.
Auf der einen Seite gibt es da die Liberal-Konservativen, deren prominente Aushängeschilder meist aus Westdeutschland kommen – etwa Georg Pazderski, der Mitglied des Abgeordnetenhauses Berlin ist, sowie die beiden Bundestagsabgeordneten Rüdiger Lucassen und Joana Cotar. Auf der anderen Seite befinden sich die Nationalkonservativen, zu denen fast alle AfD-Politiker sowie -Wähler in Ostdeutschland zählen, aber natürlich auch einige Westler. Sehr bekannte Politiker dieses Lagers sind natürlich der Fraktionschef im Thüringer Landtag Björn Höcke und das Umfeld seines Ex-„Flügels“, der Geraer MdB Stephan Brandner oder auch Alice Weidel, ebenfalls MdB und Vorsitzende der Bundestagsfraktion.
Liberal-Konservative vs. National-Konservative
Die Anhänger des liberal-konservativen Lagers sehen in Putin den bösen Aggressor, der die Ukraine unterjochen und unter seine Knute bringen möchte. Zwar sind auch sie überwiegend der Meinung, dass die Ukraine weder in die EU noch NATO gehört, sie bringen jedoch vollstes Verständnis für die Interessen der Ukrainer und deren Präsidenten Selenskyj auf: wenn jene eine Westanbindung und eine engere Beziehung zu Europa möchten, dann steht ihnen das auch zu. Die Fraktion der National-Konservativen differenziert hier deutlich stärker: Sie verweist auf den hohen Anteil russischstämmiger und -sprachlicher Menschen, die in der Ukraine beheimatet sind und die diese Verwestlichung weitestgehend ablehnen. Aus diesem Grund solle die Ukraine ein eigenständiger, bündnisfreier Staat bleiben. Auch dürfe man nicht zu sehr Kritik an Putin üben, denn so werde er immer mehr in die Arme Chinas getrieben, das könne nicht in unserem Interesse sein – denn schließlich sind wir auf Russlands Rohstoffe, allen voran Öl und Gas, angewiesen. Dieser Meinung sind die Konservativ-Liberalen zwar auch, aber trotzdem finden sie es richtig, Putin zu kritisieren und in die Schranken zu weisen. Die ukrainischen Politiker sind in den Augen der National-Konservativen „Marionetten der Amerikaner”, die einfach nur das nachplappern, was man ihnen vorgibt.
Besonders gespalten sind die AfD-Wähler in puncto Flüchtlingsaufnahme. Die Konservativ-Liberalen möchten es den Altparteien gleichtun und die in die Flucht Getriebenen mit offenen Armen empfangen. Man habe es ja schon immer erklärt: Wer wirklich verfolgt ist und sich hier integrieren möchte, ist in Deutschland herzlich willkommen. Für die bisherigen „Flüchtlinge” aus dem nahen Osten und Nordafrika hätte dagegen größtenteils keine Gefahr für Leib und Leben bestanden, etliche von ihnen wollten sich lediglich vom deutschen Steuerzahler alimentieren und es sich auf dessen Kosten gut gehen lassen. Aus der Ukraine jedoch kommen jetzt tatsächlich Verfolgte und nachweisliche Kriegsflüchtlinge, die wir schon aus christlicher Nächstenliebe aufnehmen müssen. Zudem gehen die Liberal-Konservativen davon aus, dass die allermeisten der Flüchtlinge nach Kriegsende wieder in ihr Heimatland zurückkehren werden.
Streitpunkt ukrainische Flüchtlinge
Auch die National-Konservativen streiten nicht ab, dass die Geflüchteten sich in einer Notlage befinden; sie sehen bei deren Aufnahme jedoch eher die Nachbarländer wie Ungarn, Polen, Tschechien oder Slowakei in der Pflicht. Sie verweisen auf deren ähnliche Kultur, Sprache und Lebensmentalität. Alternativ könnten die Flüchtlinge ja auch Schutz in den USA erhalten – denn schließlich sind die Vereinigten Staaten die treuesten Unterstützer der ukrainischen Regierung und für den dortigen Regime-Change überhaupt erst verantwortlich gewesen. Zudem platze Deutschland dank seiner vielen Asylbewerber aus Nahost, Nord- sowie Schwarzafrika bereits aus allen Nähten – nicht nur was den Platzmangel, sondern auch die Belastung der Sozialsysteme anbelangt. Dem Steuerzahler auf der Tasche liegen dürften die Flüchtlinge aus der Ukraine absehbar eher weniger – zumal es sich bei denen, die tatsächlich aus der Ukraine stammen, überwiegend um Frauen und Kinder handelt, die sofort eine Arbeitserlaubnis erhalten. Doch auch sie werden ihr Übriges zu einer noch dichteren Besiedlung beitragen.
Selbst wenn sie nach Kriegsende Deutschland wieder den Rücken kehren sollten, so ändert dies schließlich nichts an der Tatsache, dass sie zumindest für die nächsten Jahre hier bleiben und unsere Ressourcen mitverbrauchen werden. Ganz abgesehen davon ist es aus momentaner Sicht alles andere als gewiss, wann und ob sie wieder zurückkönnen. Zurzeit weiß niemand, wie der Krieg ausgehen wird; möglicherweise wird die Ukraine dem Erdboden gleich gemacht oder Putin installiert dort ein russlandfreundliches Marionetten-Regime, sodass die nach Deutschland geflüchteten Ukrainer eine Rückkehr nicht in Betracht ziehen werden.
Die AfD sollte den Mehrheitswillen berücksichtigen
Die Haltung der AfD zum Russland-Ukraine Konflikt könnte bei den Wählern zu einem echten Spaltpilz werden – vor allem, wenn die Krise noch länger anhält. Stellt sich die Partei zu sehr auf die Seite Russlands, wird dies all jene vergrätzen, die pro Ukraine sind. Vertritt sie dagegen die Interessen der Ukraine, wird sie es sich mit dem prorussischen Lager, insbesondere auch vielen russlanddeutschen Wählern, verscherzen. Natürlich kann man es nie allen Wählern recht machen – doch meiner Meinung nach wäre die AfD gut beraten, wenn sie nicht zu sehr Mainstream-Positionen vertritt, sprich: sich lieb Kind bei Selenskyj macht, da dies bereits alle anderen Parteien (außer der Linken) bis zum Abwinken tun, und sonst all jene konservativen Wähler, die auch Verständnis für Russlands Belange aufbringen, keine Partei mehr haben werden, die sie wählen können.
Ohnehin hat es für mich den Anschein, dass die prorussische Fraktion bei den AfD-Wählern in der Überzahl ist. „Für Russland” zu sein heißt ja noch lange nicht, dass man die Kriegserklärung Putins und das damit verbundene Blutvergießen richtig heißt. Die allermeisten Menschen möchten Frieden – aber keine Ukraine in der EU und keine NATO, die von Russland als Bedrohung wahrgenommen wird. Zudem darf man auch nicht die Übergriffe oder gar Massaker ukrainischer Milizen im Donbass vergessen. All das ändert aber nichts daran, dass Putin um jeden Preis hätte versuchen müssen, den Konflikt weiter friedlich zu lösen.
Noch bleibt die Partei standhaft
Noch kommt die AfD der Mehrheit ihrer Wähler entgegen und setzt sich eher für die Interessen Russlands ein. Dies untermauern die zahlreichen Reden der Abgeordneten, die sich immer wieder für eine neutrale Ukraine stark machen und dabei auch auf das angebliche Versprechen der NATO verweisen, auf eine Ost-Erweiterung zu verzichten. Träfe dies zu, hätte es sich letzten Endes als glatte Lüge herausgestellt. Darüber hinaus verweigerte die Bundestagsfraktion dem anwesenden ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk im Bundestag nicht nur den Applaus, sondern erhob sich auch nicht als Zeichen der Ehre. Angesichts seiner Forderungen – die Aufnahme in die EU und NATO sowie noch mehr Waffen für die Ukraine, was die AfD nun einmal verurteilt – ist dies aus Sicht der Partei verständlich.
Es bleibt zu hoffen, dass die im Bundestag einzig wahre Opposition ihrem Kurs treu bleibt und nicht allzu sehr umschwenkt – denn einer Flüchtlingsaufnahme sind, wie ausgeführt, diesmal auch Teile der AfD nicht abgeneigt. Die AfD könnte sich ja auch für einen Kompromiss aussprechen – etwa eine Obergrenze oder eine unbegrenzte Aufnahme tatsächlich ukrainischer Flüchtlinge – sofern alle Ausreisepflichtigen, die bereits hier sind, zuvor das Land verlassen.
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