Hat er es gesagt oder nicht? WĂ€hrend sich die Hauptnachrichten weiterhin um die russisch-ukrainische Auseinandersetzung drehen, bekommt es der politische Beobachter in den Mainstreammedien nicht unbedingt mit. Was genau? Der deutsche PrĂ€sident hat in einem Schreiben an eine KĂŒnstlerin eine bekannte DemokratieverĂ€chterin und zusĂ€tzlich eine RAF-Terroristin glorifiziert. Nun musste das BundesprĂ€sidialamt zurĂŒckrudern.
Von Achim Baumann
Ist es ein Ausrutscher oder echte Bewunderung? Margarethe von Trotta zumindest wird sich gefreut haben. Die Filmschaffende, Ex-Frau von Autorenfilmer Volker Schlöndorff, konnte kĂŒrzlich ihren 80. Geburtstag feiern. Von Trotta ist vor allem fĂŒr ihre Filme bekannt, in denen sie berĂŒhmte, aber auch berĂŒchtigte Frauen portrĂ€tierte. âIhre Werke gehören zu den bedeutendsten deutschen Filmen. Von Trotta setzte sich in einer reinen MĂ€nnerdomĂ€ne durch und engagierte sich ihr Leben lang fĂŒr Frauenrechteâ, heiĂt es beispielsweise anerkennend bei ARTE. FĂŒr Frauenrechte, fĂŒr Feminismus, gegen Frauenfeindlichkeit, gegen Pornographie: Die bekannte Regisseurin hat sich auch fernab des Filmschaffens stets politisch gezeigt. Mit Alice Schwarzer verklagte sie beispielsweise wegen dessen angeblicher sexistischer Titelbilder vergeblich den âSternâ. Das hat ihr nicht geschadet, neben zahlreichen Preisen erhielt sie auch das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Kein Wunder also, dass ihr Frank-Walter Steinmeier zum runden JubilĂ€um gratulierte.
Nicht nur der Wortlaut ist missglĂŒckt
âMit der Ihnen eigenen Handschrift ermöglichen Sie neue Sichtweisen, insbesondere auf groĂe Frauen der Weltgeschichte, die sich den BrĂŒchen und Zumutungen ihrer jeweiligen Zeit mit groĂer Intelligenz, persönlicher StĂ€rke und einem ausgeprĂ€gten Willen zur VerĂ€nderung der gesellschaftlichen als auch der politischen VerhĂ€ltnisse stellen. Sei es das Leben von Gudrun Ensslin, Rosa Luxemburg, Hildegard von Bingen oder Hannah Arendt â allen diesen Frauen und vielen anderen haben sie unvergessliche filmische PortrĂ€ts gewidmetâ, hieĂ es im GlĂŒckwunschschreiben Steinmeiers. Rosa Luxemburg fĂ€llt sofort auf, die knallharte Kommunistin, deren vielzitierter Spruch ĂŒber die Freiheit der Andersdenkenden sich lediglich auf Strömungen innerhalb der Kommunistischen Partei bezog. âDie in unterschiedlichen Lagern wie eine Heilige verehrte Rosa Luxemburg war alles andere als eine AnhĂ€ngerin von Freiheit und Demokratieâ, schreibt beispielsweise die unverdĂ€chtige und der CDU nahestehende Konrad-Adenauer-Stiftung. Aber aus Sicht von Steinmeier hat Luxemburg âmit groĂer Intelligenz, persönlicher StĂ€rke und einem ausgeprĂ€gten Willen zur VerĂ€nderung der gesellschaftlichen als auch der politischen VerhĂ€ltnisseâ gewirkt?
Wer ist Gudrun Ensslin?
Bei einem Missgriff könnte man meinen, dies sei der FlĂŒchtigkeit oder der Unkenntnis geschuldet. Wobei Steinmeier die Biografie von Luxemburg bekannt sein sollte, immerhin war er SPD-Politiker und gerade die Sozialdemokraten waren Ziel so mancher Angriffe der roten Rosa. Aber auch ein zweiter Name fĂ€llt auf, nĂ€mlich Gudrun Ensslin. Sie soll, wenn es nach Steinmeier geht, ebenfalls âmit groĂer Intelligenz, persönlicher StĂ€rke und einem ausgeprĂ€gten Willen zur VerĂ€nderung der gesellschaftlichen als auch der politischen VerhĂ€ltnisseâ gewirkt haben? Nun, ganz abwegig ist dies nicht, immerhin war sie eine Terroristin der Roten Armee Fraktion (RAF). Zweifelsfrei wollte sie die Gesellschaft verĂ€ndern â aber mit Terror, mit Mord und mit Gewalt! Margarethe von Trotta verherrlichte im Drama âDie bleierne Zeitâ Gudrun Ensslin. Die MitbegrĂŒnderin der RAF war mindestens an fĂŒnf BombenanschlĂ€gen beteiligt. 1972 verhaftet, wurde sie 1977 wegen vierfachen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, der sie sich durch Freitod entzog. Das Werk von Trotta wurde vom Mainstream hochgelobt, Kritiker bemĂ€ngelten hingegen die völlige Ausblendung der Opferseite.
Steinmeiers zweiter Missgriff in wenigen Zeilen
Und dieser RAF-Terroristin zollt der protokollarisch erste Mann des Staates Respekt? âIn dem GlĂŒckwunschschreiben ging es darum, das Werk von Margarethe von Trotta zu wĂŒrdigen â und dafĂŒr wurde eine falsche Formulierung genommenâ, wird das BundesprĂ€sidialamt nun zĂ€hneknirschend zitiert. âDie ErwĂ€hnung von Gudrun Ensslin ist ganz klar ein Fehler. Eine verurteilte Mörderin gehört nicht in diese Reihe. Wir bitten um Entschuldigung. Wir haben das GlĂŒckwunschschreiben an Margarethe von Trotta von unserer Internetseite genommen und korrigieren esâ, heiĂt es weiter. Vergeben und vergessen? Zumindest fĂŒr die Mainstreammedien, die den BundesprĂ€sidenten ansonsten stets loben. Aber auch zu Rosa Luxemburg kein Wort!
Nicht das erste Mal, dass Steinmeier fĂŒr Linksextremisten eintritt
Dabei fĂ€llt auf, dass Frank-Walter Steinmeier nicht das erste Mal eine linke Schlagseite zeigt. Bereits als Student schrieb er fĂŒr eine linksextreme Zeitung, warb im Jahr 2018 fĂŒr ein Konzert der linksextremen Punkband âFeine Sahne Fischfiletâ. Diese singt Texte wie âDeutschland verreckeâ und âBullen in die Fresseâ. Ihr SĂ€nger wurde beschuldigt, einen Polizeiwagen angezĂŒndet zu haben. Und Corona-MaĂnahmenkritiker sind bei Steinmeier schon mal radikal und antisemitisch. Diese bereiteten âein Klima der Spaltung und Hetzeâ. Spaltung und Hetze? Dass man dabei auch auf den Namen Steinmeier kommen könnte, dĂŒrfte dem Staatsoberhaupt wohl nicht in den Sinn kommenâŠ