Eingeschlafene Füße machen ein unangenehmes Gefühl. Schöne Gefühle sind aber wichtig. Nicht auszudenken, wie unangenehm das Gefühl sein muß, wenn einem das Gehirn einschläft. Man würde womöglich ein generelles Tempolimit von 130 auf Autobahnen befürworten. Wie peinlich. Peinlichkeit verursacht auch ein unangenehmes Gefühl. Der feinfühlige Kommentar für die Beschränkten.
von Max Erdinger
Es gibt Meldungen, die man nicht unkommentiert lassen kann. Das hier ist so eine. Die Nachrichtenagentur dts:
„Die Union stößt mit ihrem Nein zu einem Tempolimit von 130 auf Autobahnen auf Widerstand. „Ein Tempolimit auf Bundesautobahnen wäre eine geeignete und dazu auch kostengünstig und einfach umzusetzende Maßnahme, die Verkehrssicherheit zu erhöhen“, sagte der Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrats, Walter Eichendorf, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Auf diese Weise würden weniger Menschen getötet oder schwer verletzt.
Sicherlich habe ein Tempolimit auf Autobahnen nicht denselben Effekt wie etwa Tempo 80 auf schmalen Landstraßen. „Für uns zählt aber jedes Menschenleben“, sagte Eichendorf. Auch von den Grünen, die in ihrem Wahlprogramm ein Tempolimit von 130 auf Autobahnen fordern, kam Protest.
„Tempo 130 ist überfällig. Wir würden damit nur nachholen, was sich in allen anderen Industrieländern längst bewährt hat“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. „Tempo 130 schafft Sicherheit auf der Autobahn, erhöht ihre Kapazität, mindert Energieverbrauch, Lärm, Schadstoffe und Klimagasausstoß. Es kommt auch der Elektromobilität entgegen, denn E-Autos werden nicht zum Rasen konzipiert.“ Der Kanzlerkandidat der Union und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte ein Tempolimit auf Autobahnen zuvor als unlogisch bezeichnet. Schließlich stoße ein Elektroauto auch bei schnellem Fahren kein klimaschädliches CO2 aus.
Es sei wichtiger Technologien zu verbessern, hatte er dem RND gesagt. Hofreiter warf Laschet ideologische Scheuklappen vor. „Die Gesellschaft ist bei Tempo 130 längst weiter als Armin Laschet“, sagte er.“ (Quelle: dts)
Denken wie Eichendorf
Jetzt halten „wir“ uns einmal für den Präsidenten des Deutschen Verkehrssicherheitsrats und behaupten etwas. Dabei hoffen „wir“ darauf, daß es niemand besser weiß. Die Behauptung: „Ein Tempolimit senkt die Zahl der Verkehrstoten.“ Und nun der ärgerliche Besserwisser, der „uns“ ein unangenehmes Gefühl macht: „Das stimmt nicht!“.
Für die Behauptung, daß es nicht stimmt, führt der Besserwisser eine Statistik an, die von der WHO unter dem Titel „Road Safety Report“ im Jahr 2018 herausgegeben wurde. Es geht dabei um die Zahl der Verkehrstoten pro 100.000 motorisierter Fahrzeuge, gestaffelt nach Ländern. Veröffentlicht worden waren die entsprechenden Daten aus ca. 100 Ländern. Einmal abgesehen davon, daß es in dem Zwergstaat San Marino statistisch betrachtet nicht einen einzigen motorisierten Verkehrstoten gegeben hat, weil es dort keine 100.000 Motorfahrzeuge gibt, werden die vorderen vier Plätze belegt von Schweden mit 4,4 Verkehrstoten, Großbritannien mit 4,7 sowie Japan und Deutschland mit jeweils 5,7 Verkehrstoten. Zum Vergleich: Kanada 7,8 – USA 12,5 – Äthiopien 614,3 (!). In den Niederlanden sind es geschlichene 5,8 und in Frankreich lahmarschige 8,2. (Quelle: Schleichen ist tödlich)
Der Besserwisser weiß noch mehr: Deutschland hat mit über 13.000 Kilometern das viertlängste Autobahn-Streckennetz der Welt. Mit Geschwindigkeitsbeschränkungen versehen sind bereits heute etwa ein Drittel aller deutschen Autobahnkilometer. Wie der leidgeprüfte Autofahrer weiß, erhöht sich dieses Drittel um die Gesamtlänge aller Dauerbaustellen, die es gibt – und das werden gefühlt immer mehr. Zudem gibt es immer mehr Streckenabschnitte, bei denen flexible Geschwindigkeitsbeschränkungen in Abhängigkeit von gemessener Verkehrsdichte und Wetterbedingungen gelten. Ansonsten gilt eine Richtgeschwidigkeit von 130 km/h. Tatsächlich unbeschränkt ist lediglich ein kleiner Teil des deutschen Streckennetzes – und selbst auf dem gibt es faktische Geschwindigkeitsbeschränkungen durch die jeweilige Verkehrslage. Als jemand, der das ganze deutsche Autobahnnetz kennt wie seine Westentasche, weiß ich, daß sich die Streckenabschnitte, auf denen man jederzeit die Pferdchen galoppieren lassen kann, an einer Hand abzählen lassen. Daß diese wenigen Streckenabschnitte die Lebensfreude anstatt der Sterblichkeit erhöhen – das weiß ich auch.
Es wären weitere Aufschlüsselungen möglich. So könnte man z.B. aufschlüsseln nach Verkehrstoten pro 100.000 zurückgelegter Kilometer anstatt nach 100.000 motorisierten Fahrzeugen – und wieder würde Deutschland auf einem der vorbildlichen Plätze landen. Ganz ohne Tempolimit. Wer als Ziel eine Null bei der Sterblichkeit im Straßenverkehr anstrebt, muß die Autobahnen in Parkplätze umwandeln.
Das Tempolimit aus Sicht der langsamen Verkehrsteilnehmer
Die langsamten Fahrzeuge im deutschen Streckennetz sind PKW mit Anhängern, LKWs und Omnibusse. Aus der Perspektive des Reisebusfahrers ist Deutschland ein Paradies im Vergleich zu den Schleichländern. Der Grund: Er darf 100 km/h schnell fahren. Schneller kann er nicht, weil ihm Eurokraten Mitte der Neunziger Jahre einen Geschwindigkeitsbegrenzer reingedrückt haben. LKW dürften eigentlich nur 80 km/h schnell unterwegs sein, seltsamerweise regelt deren Geschwindigkeitsbegrenzer aber erst bei 89 – 90 km/h ab. Es dürfte wohl kein anderes Fahrzeug geben, das bauartbedingt so oft die Spur zum Überholen wechseln muß, wie den Reisebus im deutschen Autobahnnetz. Alle Reisebusfahrer benützen auf der Autobahn den Tempomaten.
Nun zum Vergleich der Omnibus-Überholvorgänge in Deutschland und der Schweiz, dem lahmarschigsten Land unter der europäischen Autobahnsonne, paradoxerweise aber auch das mit der höchsten PS-Dichte pro Autofahrer: In Deutschland läuft der Reisebus in der rechten Spur allmählich auf einen langsameren LKW auf. In der Annäherungsphase beobachtet der Fahrer schon einmal den schnelleren Verkehr im linken Außenspiegel, der auf der linken Spur von hinten kommt. In ziemlicher Entfernung kommt ein Pulk von drei oder vier Autos von hinten, das vorderste fährt ungefähr 160 km/h schnell. Nach ein paar Sekunden ist der Pulk vorbei, der Busfahrer setzt seinen Blinker links und schert zum Überholen in die linke Spur aus, ohne den Tempomaten ausschalten zu müssen. Deutschland: Timing is easy.
Anders in der Schweiz: Der Busfahrer, der dort in einiger Entfernung links hinter sich einen PKW ausmacht, weiß, daß er damit einen Gefährten fürs Leben gefunden hat. Es wird Jahre dauern, bis sich der Gefährte links neben dem Bus befindet – und es wird noch einmal ein paar Monate dauern, bis er schließlich „überholt hat“. Der Rütlischleicher fährt nämlich 110. Und zwar „Tacho 110“. Im Unterschied zum Bus ist der Tacho des Alm-Öhis aber nicht geeicht. Er fährt also reale 105 km/h. Höchstens. Was macht er also, der Busfahrer in der Schweiz? – Zwei Möglichkeiten: Entweder, er besetzt schon einmal die linke Spur im Heidiland, lange bevor er auf den LKW vor sich aufgelaufen ist und bremst den lahmarschigen Alm-Öhi auch noch auf das Tempo von Klaras Rollstuhl herunter – oder er schaltet den Tempomaten aus und bremst sich selbst auf LKW-Tempo herunter. Jede Wette, daß er ersteres tun wird, schon deswegen, weil die Geschwindigkeitsdifferenz, die er selbst dem LKW gegenüber hat, größer ist, als die zwischen sich und dem des langsamen Eidgenossen. Die Eidgenossen sind aber ihren Eigenwillen gewöhnt und regen sich tierisch auf, wenn sie nur 100 statt generösen 105 aufgezwungen bekommen. Die wackeren Kämpfer gegen die Habsburger haben ein hart erstrittenes Recht auf ihre gottverdammten 105 km/h. Die Folge: Stress in der Schweiz und Punktsieg für Deutschland.
Trotz des rein zufälligen Punktsieges, den Deutschland in dieser Angelegenheit ungeachtet der allgemeinen Umnachtung in anderen Fragen einfährt: Da „wir“ ja immer noch denken wie der Eichendorf, Walter und folglich auch denken wie der Präsident des deutschen Verkehrssicherheitsrates, wollen wir diejenigen mit Lob und Anerkennung überschütten, die sagenhafte dreißig Jahre lang unfallfrei unterwegs gewesen sind. In Deutschland bemißt sich die Verkehrssicherheit nämlich nach dem Kalender, nicht nach dem Streckenzähler. Meinereiner fährt gern immer so schnell, wie es unter Berücksichtigung der Sicherheitsaspekte eben geht. Selten genug können das auch 250 km/h sein. Und das macht er seit über 40 Jahren … seit bald 4 Millionen Kilometern unfall- und punktefrei. Taugt meinereiner deshalb zum leuchtenden Vorbild? – Aber hallo. Ganz unbedingt. Taugen die gottverdammten Penner und Schnarchnasen, diese dauercrashenden Wellblechfetischisten mit ihrem eingebildeten Recht auf ihren je persönlichen Dilettantismus zum Vorbild? – Im Leben nicht. Ganz unbedingt nicht. Würde sich das ändern, wenn meinereiner langsamer führe? – Nope.
Das Tempolimit aus Sicht des deutschen Routiniers im PKW
Es ist wenig los auf der Bahn. Vereinzelt LKWs in der rechten Spur, garniert mit ein paar Langsamfahrern dazwischen, die hin und wieder ausscheren „müssen“, weil sie gern 5 -10 km/h „schneller“ unterwegs sein wollen als die LKW. Die Sicht ist prima, der Asphalt ist eben und trocken, auf dem Zähler stehen komfortable 210 Sachen. „Wir“ fahren immer wieder in die rechte Spur zurück, wenn die Lücken dort lang genug sind, um ein Weilchen dort zu bleiben, weil „wir“ niemanden ausbremsen wollen, der eventuell mit großer Lebensfreude und tapferen 270 Sachen von hinten käme. Wenn „wir“ in harmonischen, langen Bögen die Spuren wechseln, beobachten „wir“ die Spiegel und blinken ausführlich links und rechts, je nachdem. Doch was ist das? – Eine Schnarchnase in der rechten Spur scheint unserer Wenigkeit gewahr worden zu sein, just in dem Moment, als „wir“ weit hinter ihr in die linke Spur gewechselt hatten. Die Schnarchnase ist in einem Minderfahrzeug unterwegs. Die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen uns beträgt stolze 110 km/h. Gottlob sitzen „wir“ nicht in dem Minderfahrzeug, weshalb uns vorzügliche Bremsen zur Verfügung stehen. Und weil uns die sinnlose Vernichtung kinetischer Energie auf „unsere“ Kosten ärgert, ziehen wir mit aller Kraft den Hebel für die Lichthupe gegen die Verzögerungskräfte nach hinten. Vielleicht wird sich die Schnarchnase ja ihres gräßlich leichtsinnigen Fehlverhaltens noch bewußt, ehe wir dabei zusehen müssen, wie uns hinter ihr die Füße einschlafen, was bekanntlich ein sehr unangenehmes Gefühl ist.
Doch weit gefehlt! Die Schnarchnase fängt wild zu gestikulieren an. War das ein Mittelfinger, den sie da gerade vor ihren Innenspiegel gehalten hat? Wie heißen die beiden Rotznasen auf dem Rücksitz des Minderfahrzeugs? Was ist mit „F*CK Nazis“ auf dem Aufkleber neben dem von Greenpeace gemeint? Daß die Schnarchnase im Geiste so minderbemittelt ist, wie der Verbrennungstriebling unter der Motörchenhaube ihres klapprigen Rosthaufens beim Vortrieb? Und als wir endlich wieder beschleunigen konnten – hat uns da die verpennte Schnarchnase etwa die „Mattscheibe“ zum linken Seitenfenster heraus gezeigt? – Ja, genau so ist es gewesen.
Brauchen „wir“ also ein Tempolimit, oder brauchen „wir“ eine andere Änderung der Straßenverkehrsordnung? Ob man die StVO wohl um ein Züchtigungsrecht ergänzen sollte zum Zwecke der Läuterung von Schnarchnasen? Es kann doch nicht ewig so weitergehen, daß die sich auf der lebensgefährlichen Autobahn so verhalten, als säßen sie bei der „Sendung mit der Maus“ harmlos bei sich zuhause vor dem Fernseher!? – Wie wäre es mit Watschenautomaten an den Autobahnrastplätzen? Polizeiliche Läuterungsbeauftragte könnten die Parkplätze abklappern und die Köpfe verdächtiger Lebensgefährder in den Watschenautomaten stecken, bis statt unserer Bremsscheiben deren thumbe Pausbäckchen glühen. Ich bin mir sicher, daß solches die Verkehrssicherheit deutlich besser erhöhen würde, als jedes Tempolimit. Die Schweizer und die Niederländer sollen einfach außen um Deutschland herumfahren. Nicht daß es hernach heißt, sie seien wegen der deutschen Ausländerfeindlichkeit maulschelliert worden.
Von Zürich aus kommt man auch über Frankreich und Belgien langsam zu seinem Krabbel … Krabbenbrötchen in „Katwijk aan Zee“. In der umgekehrten Richtung kommt man „nur net hudle“ an ein „Zürcher Geschnetzeltes“. Das gibt´s überhaupt nur deswegen, weil die Eidgenossen in Klaras PS-starkem Rollstuhl auch für den sinnvollen Gebrauch von Messer und Gabel zu langsam schauen. Der deutsche Autobahnroutinier hingegen schneidet sich sein Fleischgericht unfallfrei selbst in mundgerechte Happen. Hoch lebe der deutsche Geschwindigkeitsrealist.
Jetzt aber der Hofreiter
Anton „Rapunzel“ Hofreiter, der Co-Fraktionschef der Grünen im Bundestag, hat es bekanntlich nicht so besonders mit der Realität. Er wird auch ungern aus seinen Träumen von der besseren Zukunft geweckt. Wenn man das ein wenig zu unsanft macht, bekommt er vor lauter Aufregung ganz schnell einen roten Kopf. Ich glaube, das ist das einzige, was bei „Rapunzel“ schnell geht. Dummerweise wurde er, wie die obige dts-Meldung nahelegt, mit einer der seltenen Bekundungen von Laschets Geistesreichtum konfrontiert. Laschet sagte sehr richtig, daß ein Tempolimit mit Verweis auf die E-Autos, welche laut „Rapunzel“ nicht „zum Rasen konzipiert“ wurden, unlogisch sei. Laschets Begründung: E-Autos stoßen auch bei hohem Tempo kein CO2 aus. Heilix Blechle! Lediglich, wenn man unterstellt, daß E-Autos in ihrer ganzen Produktionskette über den herzustellenden Ladestrom bis zum Transport in die Verkaufsräume der Händler kein CO2 ausstoßen, wäre Laschets geistreiche Bemerkung ein sinnvoller Einwand gewesen. So aber ist er höchstens bedingt sinnvoll. Die sog. Umweltbilanz von E-Autos ist bislang deutlich schlechter, als die von Euro-6 Dieseln der neuesten Generation. Sehr wahrscheinlich ist sie sogar deutlich schlechter als die eines Mercedes 300 Diesel des Baujahres 1982, der heute noch fährt und inzwischen 1 Mio. Kilometer auf dem Buckel hat. Der hat zwar weder einen Dieselkat noch einen Partikelfilter, keine Ad-Blue-Einspritzung, keine Start/Stop-Automatik, keine Abgasrückführung und auch sonst nichts von dem ökopolitischen Technik-Schnickschnack, mit welchem der moderne Euro 6-Diesel zum finanziellen Leidwesen seines Besitzers geschlagen ist – aaaber: er wurde unter hohem Energieaufwand vor fast vierzig Jahren hergestellt – und bis zum heutigen Tage mußte er nicht durch ein energieaufwendig neu zu produzierendes Fahrzeug ersetzt werden. Und absolut niemand kann behaupten, in einem gepflegten 300er Diesel des Baujahres 1982 käme man heute nicht mehr entspannt und ausgeruht an welchem Ziel auch immer an. Und zwar zuverlässig. Vielleicht gibt es einen geduldigen Zeitgenossen, der dem verbärbockten „Rapunzel“ einmal die Sache mit der ökologischen Nachhaltigkeit so erklärt, daß auch er es endlich versteht.
Nein, Anton „Rapunzel“ Hofreiter, der dem linken Flügel der Grünen zugerechnet wird, – was bei den Grünen zwangsläufig heißt, daß es sich um den linksextremistischen Flügel handelt -, hat todsicher ein ganz anderes Motiv, wenn es um E-Auto und Tempolimit geht. Und zwar die Gleichheit! Es ist nämlich so: Ein Tesla S z.B. verfügt auf dem Papier über eine beeindruckende Systemleistung und es sind sagenhafte Beschleunigungswerte für den Elektroschlitten dokumentiert. Das erreicht fast schon das Niveau eines Porsche 911 turbo S. Doch nun die Frage aller Fragen: Hat irgendwer schon einmal einen Tesla S fast lautlos und hurtig über die Autobahn huschen sehen? – Nope. Warum nicht? Weil dem Tesla noch schneller, als er theoretisch fahren könnte, ganz praktisch der Saft ausgeht, wenn man sein Leistungspotential mit einem gönnerhaften Elektrogasfuß abruft. Und so sicher wie das Amen in der Kirche ist, daß ihm der Saft nicht genau vor einer Ladesäule ausgeht. Alle Tesla S, die meinereiner bisher auf der Autobahn gesehen hat, fuhren die meiste Zeit in der rechten Spur zwischen den LKW. Weil für den Tesla-Fahrer nämlich folgende Regel gilt: Wer seinen Tesla am langsamsten bewegt, kommt als Erster ans Ziel. Und die Wahrscheinlichkeit, daß er während seiner Schleichfahrt nicht bei lebendigem Leib verbrennt, ist auch höher. Das macht neben eingeschlafenen Füßen noch ein paar andere unangenehme Gefühle, z.B. auf der Fahrt von Zürich nach „Katwijk aan Zee“ – über Frankreich und Belgien.
Eines der unangenehmsten ist die nagende Ungewißheit darüber, ob ihm der Mercedes-Diesel-Fahrer sein Krabbel … Krabbenbrötchen weggefressen haben wird, bis er dort ankommt, und wenn nicht, ob die Krabben bei seiner Ankunft überhaupt noch genießbar sind. In der Zeit, die der Tesla-Fahrer an den Ladesäulen zwischen Zürich und Katwijk aan Zee zubringt, dreht Walter Röhrl nämlich 30 Runden im Porsche auf der Nordschleife des Nürburgrings. Aber das ist noch nicht alles, soweit es die Einstellung von „Rapunzel“ zum Tempolimit angeht. Da spielen auch Diskriminierung, Herabsetzung und Demütigung – kurz: die Ungleichheit – eine wichtige Rolle, jede Wette. Man muß sich nur einmal klarmachen, wie sich der Fahrer eines Tesla S bei einer Langstreckenfahrt auf der Autobahn vorkommt. Der fühlt sich wie ein 100.000-Euro-Depp in der rechten Spur. Und wenn es ums Deppentum geht, blüht bei „Rapunzel“ das Mitgefühl, weil es sich damit auskennt. Für Anton Hofreiter gilt: Niemand soll den Tesla-Fahrer in der rechten Spur mit einem VW Polo überholen und ihm im Vorbeifahren eine lange Nase drehen, weil solches Mobbing den Kummer des Elektroiden hinter dem Steuer bis hin zur Depression steigern kann, so daß er sich entleibt, obwohl er gar nicht zwingend hätte sterben müssen, weil nicht gesichert ist, daß ausgerechnet sein Tesla auch wirklich ausgebrannt wäre während der Schleichfahrt. Anton „Rapunzel“ Hofreiter weiß ganz sicher: Wer sich schon von Ökopolitos gehorsam die ärgsten Flausen in den Kopf setzen läßt, der soll nicht noch unter dem Spott der anderen, „nichtelektrischen die Menschen“ zu leiden haben, weil das geeignet wäre, das Vertrauen des Elektroiden in die Seriosität grüner Empfehlungen zu erschüttern. Weil jede Stimme an der Wahlurne zählt. Auch die eines 100.000-Euro-Deppen. Wer Frau Baerbock zur Kanzlerkandidatin hat, kann sich den Verzicht auf nur eine einzige Deppenstimme einfach nicht auch noch leisten! Deswegen ist „Rapunzel“ tatsächlich für ein Tempolimit.
Seine Behauptung, „die Gesellschaft“ sei in Sachen Tempolimit „schon weiter“ als Armin Laschet, beweist eigentlich, daß er noch nicht einmal den Unterschied zwischen „vorangekommen“ und „zurückgeblieben“ kennt. So gesehen wäre es auch kein Wunder, wenn noch nie jemand in seinen ökologistischen Schöndenkerturm hinaufgerufen haben sollte: „Rapunzel, laß dein Haar herunter!“. Kluge Leute wollen wahrscheinlich mit dem Hofreiter nichts zu tun haben. Aber ein Tesla würde ihm gut stehen, gar keine Frage. Wenn er schön langsam fährt, würde der Hofreiter sogar die Autobahn überleben. Na ja, vielleicht …. vielleicht auch nicht. So genau kann ich das jetzt auch nicht vorhersagen.